Politische Debatte Deutschland beutet Europa demografisch aus

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Nur vermeintlich ein Win-Win-Geschäft

So viel kostet eine Stunde Arbeit in Europa
Supporters of the ultranationalist Bulgarian party Ataka (attack) wave national flags during a anti-government rally in central Sofia, Bulgaria Quelle: dpa/dpaweb
A woman peers through a Romanian flag during a protest against President Traian Basescu in Bucharest, Romania, Quelle: dapd
Die Flagge der Europäischen Union weht neben den Nationalfahnen der EU-Mitglieder Spanien Niederlande, Irland und Griechenland sowie Rumaenien (hinten v. l.), Portugal, Tschechien und Schweden Quelle: dapd
Die deutsche Flagge weht am 09.08.2012 an einem Schiff der Reederei Hiddensee vor der Silhouette der historischen Altstadt von Stralsund Quelle: dpa
Eiffelturm Quelle: gms
Der Dannebrog, die dänische Flagge, weht am 27.06.2012 an einem Ferienhaus in Henne Strand Quelle: dpa
Boddenhafen von Barth Quelle: ZB

Die Krise Südeuropas kommt zumindest für die Personalabteilungen deutscher Unternehmen gerade recht. Es scheint eine einmalige Win-Win-Situation zu sein: Fast die Hälfte der Spanier unter 25 Jahren sind arbeitslos, und Deutschlands Wirtschaft kann sie gut gebrauchen.

Doch wie die meisten vorgeblichen Win-Win-Geschäfte dürfte auch die große Fachkräftewanderung im Nachhinein nicht ohne Folgeprobleme und Verlierer bleiben. Die Länder nämlich, aus denen jetzt die Hoffnungsträger der deutschen Personalabteilungen auswandern, haben mit klassischen Auswandererländern nicht viel zu tun.

Südeuropa in der Abwärtsspirale

Südeuropa ist genau wie Osteuropa längst nicht mehr das unerschöpfliche Menschenreservoir für die Industrieländer, das es im 19. und 20. Jahrhundert einmal war. Südeuropas Geburtenzahlen sind nicht höher als die deutschen. In unserem kollektiven Bewusstsein ist noch nicht angekommen, dass Spanierinnen, Italienerinnen und Griechinnen nicht mehr drei, vier oder fünf Kinder großziehen, wie zu Zeiten der Gastarbeiter-Anwerbung. Die durchschnittliche Spanierin bekommt nach einer UN-Statistik nur 1,2 Kinder, also noch weniger als die durchschnittliche Deutsche.  

So nutzen Mittelständler ihre Stärken im Wettbewerb um Fachkräfte

Was die von Deutschland angetriggerte Fachkräftewanderung für die Herkunftsländer bedeutet, wird bisher noch völlig verdrängt: Die jungen Menschen, die jetzt bei deutschen Unternehmen anheuern, werden die demografischen Probleme, vor denen ohnehin alle westlichen Gesellschaften stehen, in ihren Herkunftsländern noch deutlich verschärfen. Keiner Volkswirtschaft tut es gut, wenn ausgerechnet die produktiven jungen Menschen sie verlassen.

Die Nordwanderung beraubt den Süden Europas ausgerechnet derjenigen Menschen, ohne die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sicher nicht möglich ist: Wissensarbeiter, kluge, kreative und unternehmerisch denkende Menschen. Wie soll in Spanien, ganz zu schweigen von Griechenland oder Süditalien ein Aufschwung möglich sein, wenn diejenigen fehlen, die ihn anstoßen und tragen könnten?  

Süd- und Osteuropa stehen vor einer dramatischen demografischen Situation, die historisch wahrscheinlich einzigartig ist: Abnehmende Geburtenzahlen und zusätzlich Auswanderung der jungen Leistungsträger. Eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale droht.  

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