Politischer Aschermittwoch Schluss mit dem Attacken-Ritual!

Zum ersten Mal fällt in Bayern der traditionelle Politische Aschermittwoch aus. Das ist richtig so. Denn die Polit-Verunglimpfung hat sich überholt – gerade in Zeiten der Flüchtlingskrise. Ein Kommentar.

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Der Ministerpräsident von Bayern tritt zum politischen Schlagabtausch in diesem Jahr nicht ans Rednerpult. Quelle: dpa

Berlin Es war richtig, das Attacken-Ritual des Politischen Aschermittwoch abzusagen. Die Veranstaltung mag gerade in Bayern einer der traditionsreichsten politischen Termine sein. Angesichts des schweren Zugunglücks in Bad Aibling mit zehn Toten und Verletzten würden die ungetrübte Bierzeltwelt und die bestenfalls humorigen Angriffe auf den politischen Gegner skurril anmuten.

Es ist das erste Mal, dass die Veranstaltung in Bayern ausfällt. CSU, SPD, Grüne, FDP, Freie Wähler, Linke und AfD sagten ihre Kundgebungen ab. CSU-Chef Horst Seehofer, der als alleiniger Einheizer der traditionellen Aschermittwochszeremonie in Passau vorgesehen war, wird nun die Unfallstelle besuchen.

Auch im Rest der Republik wurde auf die Polit-Verunglimpfung weitgehend verzichtet. Da im März wichtige Landtagswahlen anstehen, waren als Unterstützung zahlreiche Auftritte von Berliner Spitzenpolitikern vorgesehen. So wollte SPD-Chef Sigmar Gabriel in Mainz bei Ministerpräsidentin Malu Dreyer dem politischen Gegner zusetzen.

Die nun herrschende Ruhe ist konsequent. Und sie bietet die Chance zur Besinnung. Braucht Deutschland das Ritual des Politischen Aschermittwoch überhaupt noch? Gerade in der Flüchtlingskrise muss die Antwort lauten: nein.

Denn mit der zunehmenden Zahl der Flüchtlinge ist das politische Leben in Berlin schon viel zu sehr zur alltäglichen Attacke des politischen Gegners verkommen, Überspitzungen inklusive. Der immerwährende Parteienstreit – zuletzt etwa um das Asylpaket II – fördert die Politikverdrossenheit der Bürger. Die Parteien täten also gut daran, sich für eine sorgfältigere Intonierung zu entscheiden.

Das hätte auch CSU-Chef Seehofer bedenken können, bevor er zu einer neuen Attacke gegen die Kanzlerin anhob und über eine „Herrschaft des Unrechts“ klagte.

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