Polizeigewerkschaft Wendt gerät immer stärker unter Druck

Die Affäre um den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft hat erste personelle Konsequenzen. Gegen Rainer Wendt selbst wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. In Hessen gibt es ähnliche Fälle – aber kaum Aufregung.

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Neben seiner Haupttätigkeit als Gewerkschafter erhielt der 60-Jährige zusätzliches Gehalt als Polizist. Quelle: dpa

Duisburg/Wiesbaden Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, gerät immer stärker unter Druck. Gegen den 60-Jährigen wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das NRW-Innenministerium habe das Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei (LAFP) dazu aufgefordert, teilte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Düsseldorf mit. Hintergrund sei sein Aufsichtsratsmandat für einen Versicherungskonzern. „Spiegel online“ und „Deutschlandfunk“ hatten zuerst über das drohende Disziplinarverfahren berichtet. Medienberichten zufolge hatte Wendt sich das Mandat nicht, wie erforderlich, als Nebentätigkeit genehmigen lassen.

Auch in Hessen wurden Polizeigewerkschafter für ihre Aufgaben ganz oder teilweise vom Polizeidienst befreit, erhalten aber weiterhin ihren Beamtensold. Dies sei jedoch vom Gesetz gedeckt und beabsichtigt, teilte das Innenministerium in Wiesbaden mit.

Die Affäre um Wendt hat jedoch erste personelle Konsequenzen. Der NRW-Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, trat aus dem Bundesvorstand der Gewerkschaft zurück. Der Vize-Landeschef habe sein Mandat als Rechnungsprüfer auf Bundesebene ebenfalls niedergelegt. Das teilte die Gewerkschaft in Duisburg mit.

Ohne Wendt namentlich zu erwähnen, hieß es: „Die Entscheidungen der Bundesleitung zu den jüngsten belastenden und schädigenden Ereignissen können von der DPolG NRW weder mitgetragen noch gutgeheißen werden.“ Die Bundesleitung hatte sich am Sonntag demonstrativ hinter ihren Bundesvorsitzenden Wendt gestellt.

Der war in die Defensive geraten, nachdem bekannt geworden war, dass er trotz kompletter Freistellung für die Gewerkschaftsarbeit viele Jahre lang ein Teilzeitgehalt als Polizist des Landes NRW kassiert hatte. „Wir erwarten nun eine lückenlose Aufklärung und Offenlegung weiterer Einnahmen. Das scheibchenweise Bekanntwerden von möglichen weiteren Zahlungen belastet, kostet Glaubwürdigkeit und Vertrauen“, erklärte die Gewerkschaft.

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass Wendt als Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Axa über weitere Einnahmen von rund 50.000 Euro im Jahr verfügt. Das bestätigte ein Sprecher der Versicherung. Die Tageszeitung „Express“ hatte zuerst berichtet.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf prüft die Aufnahme von Ermittlungen in drei Fällen, bei denen Gewerkschafter bei fortlaufenden Bezügen freigestellt worden sein sollen.

Auch in Hessen gibt es vier Polizeigewerkschafter, die für ihre Aufgaben ganz oder teilweise vom Polizeidienst befreit wurden, aber weiterhin ihren Beamtensold erhalten. Die Rechtsgrundlage dafür sei das hessische Beamtengesetz, teilte das Innenministerium auf dpa-Anfrage am Mittwoch in Wiesbaden mit. Die Freistellungen erfolgten aufgrund ihrer herausgehobenen Tätigkeiten für die Gewerkschaften, teilte das Innenministerium weiter mit. Da eine der wesentlichen Aufgaben von Gewerkschaften darin bestehe, beim Aufbau und Erhalt einer sozialen Demokratie mitzuwirken, würden solche Freistellungen auch unterstützt, erklärte das Ministerium.

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