Als kompromissloser Verfechter von Law and Order fordert er leidenschaftlich „Elektroimpulswaffen“ für Streifenpolizisten, die bei Gegnern kurzzeitige Muskellähmungen hervorrufen. Begründung: „Waffen, die wirken sollen, müssen wehtun.“ Die Polizei dürfe „bei der technischen Ausstattung den Kriminellen nicht hinterherhinken“. Wem das zu sehr nach Rambo-Filmen klingt, den weist Wendt gern darauf hin, dass 80 Prozent aller Übergriffe auf Polizisten im Alltagsdienst geschehen.
Wendt ist von kleiner Statur und großer Eloquenz; ein umgänglicher Herr mit Hut, der Elefantenfigürchen sammelt und gern mit dem Faltfahrrad zu Terminen fährt. Der mit seinem Anzug, der hohen Stirn und randlosen Brille auf den ersten Blick wie ein schüchterner Buchhalter wirkt, der aber zum dritten Mal verheiratet ist und mit drei weiteren Frauen fünf Kinder hat.
Gegen das Prostitutionsgesetz und für die NSA
Es gibt kaum einen Bereich der öffentlichen Sicherheit, zu dem Wendt nichts zu sagen einfiele. Er fordert mehr Staatseinfluss auf die Luftsicherheit, die „wie ein Pizzadienst organisiert“ sei, und schlägt speziell gesicherte „Knallzonen“ in Großstädten für das Silvesterfeuerwerk vor. Er ist gegen strafbefreiende Selbstanzeigen für Steuersünder, denn „die Art und Weise, wie Steuerkriminelle bei uns hofiert werden, grenzt an Staatswillkür“. Wendt würde aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter gern mit Adresse im Internet veröffentlicht sehen, befürwortet die Vorratsdatenspeicherung und bekennt: „Ich glaube der NSA mehr als Edward Snowden.“ Für die „Bild am Sonntag“ lässt er sich mit einer Bordellchefin auf dem Bett fotografieren und kommentiert das geplante Prostitutionsgesetz der Bundesregierung mit den Worten, „für eine Lümmeltütenpolizei haben wir nicht genügend Personal“.
Nach den Krawallen beim Blockupy-Protest in Frankfurt preschte er mit der Forderung nach einer Neudefinition des Landfriedensbruchs vor: Bei gewalttätigen Demos sollte künftig auch bestraft werden, wer sich nach Aufforderung nicht aus einer gewalttätigen Menge entfernt. Und vor dem G7-Gipfel im Juni in Elmau würde er am liebsten das Schengen-Abkommen aussetzen und Grenzkontrollen einführen. Begründung: „Wir haben genug deutsche Krawallmacher, da brauchen wir nicht noch welche aus anderen Ländern.“
Ein besondere Reizfigur ist Wendt für viele Fußballfans, seitdem der Anhänger von Borussia Mönchengladbach nach Stadionkrawallen ein Verbot von Stehplätzen forderte. Die Facebook-Seite „Rainer Wendt – Rücktritt jetzt!“ hat 3000 Likes.
Wendt kennt sich auf der Straße aus
Trotzdem macht es sich zu leicht, wer ihn als reinen Dampfplauderer abqualifiziert. Beim einflussreichen Beamtenbund sitzt er im Bundesvorstand und leitet die Fachkommission Innere Sicherheit. Im Verband hoffen einige sogar, der scharfzüngige Redner werde 2017 den biederen Vorsitzenden Klaus Dauderstädt beerben (was Wendt bislang ausschließt). Vor allem aber kennt sich der Kommissar auf der Straße aus. Er war gut 25 Jahre im Schichtdienst bei der Schutzpolizei Duisburg, unter anderem im Schimanski-Bezirk Ruhrort, wo das Klima besonders rau ist. Selbst ärgste Kritiker werfen ihm daher nicht vor, er habe keine Ahnung vom Polizeialltag.
Seinen Kampf für effizienteren Personaleinsatz, mit dem er den Landesinnenministern derzeit auf die Nerven geht, führt er ungewohnt dezent im Hintergrund, etwa in Gesprächen mit Bundesjustizminister Heiko Maas. Jüngst war auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig zu Besuch bei ihm in Berlin. „Die Polizei arbeitet am Limit, die Einsatzverdichtung ist dramatisch. Das liegt auch an vielen fragwürdigen Aufgaben, die uns der Gesetzgeber aufdrückt“, schimpft Wendt. So müssten Heerscharen von Polizisten Schwertransporte auf Autobahnen begleiten, obwohl das auch Privatfirmen erledigen könnten – wenn die Regierung eine Verwaltungsvorschrift änderte. Nach Radarkontrollen müssten zudem jeden Monat Tausende von Polizisten ihre Zeit damit verplempern, die Fahrer zu ermitteln – wenn der Autobesitzer es nicht war und keine Angaben zum Fahrer macht. „In vielen anderen Ländern gilt die Halterhaftung: Der Besitzer muss zahlen oder sagen, wer gefahren ist“, sagt Wendt.