Presse-Ausschluss bei AfD-Parteitag „Vorgehen der AfD verstößt gegen das Grundgesetz“

Beim NRW-Landesparteitag der AfD in Werl sollen Journalisten draußen bleiben. Die Ankündigung löste heftige Proteste aus – zu Recht. Denn ein Ausschluss der Presse dürfte wohl mit geltendem Recht kollidieren.

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Marcus Pretzell, Landesvorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen: Sehenden Auges in den Rechtsbruch. Quelle: dpa

Berlin Die Absicht der NRW-AfD, keine Journalisten zum Parteitag am 2. und 3. Juli in Werl zuzulassen, ist nach Einschätzung des Rektors der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, verfassungswidrig. „Das Vorgehen der AfD verstößt gegen das Grundgesetz“, sagte Wieland dem Handelsblatt. Nach Grundgesetzartikel 21 wirkten die politischen Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Die politische Willensbildung vollziehe sich in der parlamentarischen Demokratie öffentlich. „Die Aufgabe der Medien ist es, diese Öffentlichkeit herzustellen“, betonte der Jurist.

Die Parteien, so Wieland weiter, könnten durch die Bürger nur dann demokratisch legitimiert werden, wenn sie über deren Programm und ihre innere Ordnung, die nach dem Grundgesetz demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, informiert seien. „Parteitage müssen deshalb grundsätzlich medienöffentlich stattfinden.“

Der AfD-Landesvorstand hatte entschieden, den Parteitag in Werl „ausschließlich den Delegierten sowie den angemeldeten Mitgliedern und Förderern der AfD zu öffnen“. Medien wurden nur zwei Pressetermine angeboten oder auch „separate Termine“ auf Anfrage. Als Grund nannte die Partei vor allem „Interessen unserer Delegierten, Mitglieder und Förderer am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte“.

Wieland sagte dazu: „Ausnahmen sind allenfalls zu einzelnen Programmpunkten eines Parteitages zulässig, wenn eine Partei sich dafür auf so gewichtige Gründe berufen kann, dass sie das Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz der politischen Prozesse überwiegen. Für eine solche Ausnahme sind vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich.“


„Schwerer Eingriff in die Freiheit der Berichterstattung“

Auf das Vorhaben der Rechtspopulisten reagierten Journalisten mit harscher Kritik gegen den Landesverband. Die Entscheidung, keine Journalisten zum Parteitag zuzulassen, sei ein „schwerer Eingriff in die Freiheit der Berichterstattung“, kritisierte die Landespressekonferenz NRW, ein Zusammenschluss von mehr als 120 landespolitischen Korrespondenten aus Nordrhein-Westfalen. Die Partei müsse eine „Berichterstattung ohne Einschränkungen“ zulassen, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten offenen Brief der Korrespondenten.

Es sei jahrzehntelange Praxis, dass Parteien, die im Landtag vertreten sind oder realistische Chancen auf einen Einzug ins Parlament hätten, ihre Parteitage medienöffentlich abhalten. In NRW wird im Mai kommenden Jahres der Landtag neu gewählt.

Die AfD versucht derweil, die Wogen zu glätten. Nun sollen die Parteitagsdelegierten das letzte Wort in der Sache haben. „Wir werden die Entscheidung über die uneingeschränkte Präsenz der akkreditierten Pressevertreter unserem höchsten Gremium - dem Landesparteitag – überlassen“, teilte die Pressesprecherin der Landes-AfD, Renate Zillessen, am Donnerstagabend mit.

Da es um den „Schutz der Persönlichkeitsrechte“ von Parteimitgliedern gehe, sollten die potenziell von Veröffentlichung ihrer Bilder und Wortbeiträge Betroffenen darüber selbst entscheiden. Die Vorbehalte der NRW-Journalisten wies die AfD-Sprecherin zurück und verwies darauf, dass ihre Partei Journalisten Anfang der Woche zu zwei rund einstündigen Pressegesprächen am Rande ihres Landesparteitags eingeladen hatte.

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