Raketenabwehrsystem Meads Bundeswehr leistet sich milliardenteure Luftabwehr

Es ist das erste große Rüstungsprojekt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen: Mehrere Milliarden Euro will sie in ein neues Raketenabwehrsystem stecken. Das ist nicht ohne Risiko.

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Armee mit Schrott
Helme der Bundeswehr Quelle: dpa
Der Puma-Panzer ist nicht zu bremsen Quelle: dpa
Eine Rekrutin der Bundeswehr sichert auf einem Truppenübungsplatz eine Patrouille. Quelle: dpa
Mitte September 2014 sorgte diese Panne für Aufsehen und lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit nach längerer Zeit wieder auf die Ausrüstungsmängel bei der deutschen Bundeswehr: Weil die Transall-Maschinen der Bundeswehr technische Defekte aufwiesen, konnten die Ausbilder, die kurdische Peschmerga-Kämpfer bei ihrer Arbeit gegen den radikal islamischen IS im Irak vorerst nicht zu ihrer Mission aufbrechen. Sie mussten die Maschinen auf dem Militärflugplatz Hohn wieder verlassen. Es ist die jüngste, aber bei weitem nicht die erste Blamage in Sachen Bundeswehrausrüstung. Quelle: AP
Wie jetzt durch einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ bekannt wurde, gab es auch bei den Bordhubschraubern vom Typ Sea Lynx der Marine erhebliche Ausfälle. Von 22 Maschinen sei keine einzige einsatzbereit, so das Blatt, was sich nach dem der „SZ“ vorliegenden internen Dokument 2014 auch nicht mehr ändern werde. Im Juni wurde demnach in einem Modell einer Fregatte ein 20 Zentimeter langer Riss entdeckt, woraufhin der komplette Betrieb mit dem Modell zunächst eingestellt wurde. Wohl zu Recht: Danach wurden an drei weiteren Hubschraubern ähnliche Schäden gefunden. Quelle: dpa
Bereits im August gab es Berichte über nur bedingt einsatzfähiges Bundeswehrmaterial. So meldete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ unter Berufung auf ein internes Dokument des Verteidigungsministeriums, von den hier Schau fliegenden Kampfjets des Typs Eurofighter seien nur acht von 109 Maschinen voll einsatzbereit. Von 67 CH-53-Transporthubschraubern konnten demnach im August ebenfalls nur sieben in die Lüfte gehen. Quelle: dpa
Und auch die Bundeswehrhubschrauber vom Typ NH-90 glänzten nicht gerade mit Bereitschaft: Laut „Spiegel“ waren im Sommer nur fünf von 33 voll intakt, während unter den Transall-Maschinen des Typs C-160 auch damals nur 21 flugtüchtig waren. Quelle: dpa

Die Bundeswehr soll für mehrere Milliarden Euro ein neues Luftabwehrsystem erhalten. Nach langer Prüfung hat sich das Verteidigungsministerium nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und des ARD-Hauptstadtstudios für das unter deutscher Beteiligung entwickelte Medium Extended Air Defense System - kurz Meads - entschieden. Bis 2025 soll das neue Waffensystem die bisher von der Bundeswehr genutzten „Patriot“-Einheiten des US-Herstellers Raytheon ablösen.

Die heißen Eisen unter den Rüstungsprojekten der Bundeswehr

Die Verteidigungsexperten der Koalition wurden am Montagabend im Bedlerblock über die Entscheidung informiert. Es wird die teuerste Neuerwerbung der Bundeswehr in den nächsten Jahren sein.

Und es ist das erste große Rüstungsprojekt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hat die Reform des Rüstungssektors der Bundeswehr zu einem zentralen Ziel ihrer Amtszeit erklärt.

Das US-Unternehmen Raytheon hatte sich mit einer modernisierten Version des bisherigen Waffensystems ebenfalls um den Auftrag beworben. An Meads sind MDBA Deutschland aus dem bayerischen Schrobenhausen, MDBA Italien und der US-Hersteller Lockheed Martin beteiligt. Bereits jetzt sind etwa vier Milliarden Euro in das Projekt geflossen - davon eine Milliarde Euro deutsche Steuergelder. Drei bis vier weitere Milliarden wird Meads kosten.

Das neue Waffensystem soll Angriffe mit Flugzeugen und Raketen abwehren können. Zu einer Einheit gehören unter anderem ein Gefechtsstand, ein 360-Grad-Radar und Raketenabschussrampen. Wie viele Einheiten angeschafft werden sollen, ist noch unklar. Im Gespräch sind acht bis zehn.

Braucht die Bundeswehr mehr Geld?

MDBA soll nun bis Mitte 2016 ein Angebot vorlegen. An MBDA sind Airbus, BAE Systems und Finmeccanica beteiligt. Für die Weiterentwicklung des Systems sollen strenge Auflagen vertraglich festgelegt werden, um Verzögerungen und Qualitätseinbußen zu vermeiden.

Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte erklärte, mit der Entscheidung für Meads werde „eine wichtige Fähigkeitslücke für den Schutz unseres Landes und unserer Soldaten im Einsatz geschlossen“. Er begrüßte die geplanten vertraglichen Auflagen. „Zu oft waren in der Vergangenheit Rüstungsprojekte von Verspätungen und Preissteigerungen gekennzeichnet“, sagte er der dpa.

Das System Meads (Medium Extended Air Defense System) hat eine lange Vorgeschichte. An der Entwicklung waren die USA, Deutschland und Italien beteiligt. Der Bundestag brachte die deutsche Beteiligung bereits vor einem Jahrzehnt auf den Weg. Die USA entschieden später jedoch, das System nicht zu beschaffen.

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