Widerspruch muss die Regierung auch aus den Wirtschaftsforschungsinstituten - mit wenigen Ausnahmen wie dem ifo Institut - kaum fürchten. Seit die Leibniz-Gemeinschaft, ein Verbund von Forschungseinrichtungen, die Institute verdonnert hat, mehr akademische Spitzenforschung zu betreiben und ihre Studien stärker in wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu publizieren, ist die wirtschaftspolitische Beratung bei manchen Instituten in den Hintergrund gerückt.
Deutlich zeigt sich das beim Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Einst Gralshüter der Marktwirtschaft und tonangebendes Institut in der wirtschaftspolitischen Debatte in Deutschland, ist das IfW unter der Leitung des Amerikaners Dennis Snower zu einer Art Forschungslabor für globale Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen mutiert. Mittels interdisziplinärer Forschung will Snower „dem Zusammenhang zwischen materiellen Wohlstand und persönlichem Wohlbefinden“ auf den Grund gehen. Die gefällige programmatische Anpassung an den politisch-gesellschaftlichen Zeitgeist kommt bei manchen Politikern gut an. Doch als es in der Euro-Krise um die Zukunft von Wohlstand und Währung ging, war die Stimme des IfW kaum zu vernehmen. Anders als Sinn und Fratzscher scheut Snower das Scheinwerferlicht der Kameras. Kuschel-Ökonomie statt wirtschaftspolitischer Streitkultur sind an der Förde angesagt.
Eine wundersame Mutationen erlebte auch das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut HWWI, zu dessen Geldgebern neben der Hamburger Universität und der Handelskammer die Berenberg Bank zählt. Thomas Straubhaar, der Chef des HWWI, galt jahrelang als Verfechter der freien Marktwirtschaft. Doch in der Finanzkrise wechselte der in der Schweiz geborene Ökonom die Fronten. Heute glaubt der „Konvertit“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) an die segensreichen Wirkungen des Staates. Dieser müsse mit Regulierungen eingreifen, um zu verhindern, dass es noch einmal zu einem Desaster wie 2008 kommt, meint Straubhaar.
Die Finanzkrise, so scheint es, hat nicht nur zu einer Zäsur an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft geführt. Sie hat auch eine Renaissance staatsgläubigen Denkens in der Ökonomenzunft nach sich gezogen. Dass es der Staat selbst ist, der mit dem Geldmonopol und den Zinsmanipulationen seiner Zentralbank die Saat für Finanzkrisen legt, kommt den wenigsten Ökonomen in den Sinn. Vielleicht verdrängen sie diese Erkenntnis auch nur, weil es dafür – anders als für Studien über die Vorteile staatlicher Regulierungen - kein Geld vom Staat gibt. Wie schwer es ist, die Fahne des Marktes gegen den interventionistischen Zeitgeist hoch zu halten, erfuhr auch Mises. Er schrieb 1940: „Gesellschaftliche und wirtschaftliche Ächtung droht dem unabhängigen Geiste, das Entgegenkommen an die Wünsche der herrschenden Parteien wird aber reich belohnt. So ist die Luft, in der die Nationalökonomie zu wirken hat, geradezu vergiftet worden.“ Die Erkenntnisse des großen liberalen Denkers sind heute aktueller denn je.