Razzien wegen Terrorverdachts in Hessen Verdächtiger soll Anschlag verübt haben

Die Polizei in Hessen geht gegen ein salafistisches Netzwerk vor. Der Hauptverdächtige soll einen Terroranschlag in Deutschland geplant haben. Er sitzt in Haft. Auch tunesische Behörden ermitteln gegen den Mann.

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Polizisten stehen auf dem Gelände der Bilal Moschee in Frankfurt am Main (Hessen) im Stadtteil Griesheim an ihren Fahrzeugen. Quelle: dpa

Bei einer groß angelegten Razzia gegen islamistischen Terror in Hessen hat die Polizei am Mittwoch einen 36 Jahre alten Tunesier festgenommen. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wird verdächtigt, als Anwerber und Schleuser für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aktiv gewesen zu sein und ein Netzwerk von Unterstützern aufgebaut zu haben, um einen Terroranschlag in Deutschland zu verüben. Ein konkretes Anschlagsziel habe er aber noch nicht gehabt. Die Planung sei in einer frühen Phase gewesen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt mit.

Die Ermittlungen richten sich insgesamt gegen 16 Beschuldigte im Alter zwischen 16 und 46 Jahren. Die Polizei durchsuchte am frühen Mittwochmorgen 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Hessen. Schwerpunkt war das Rhein-Main-Gebiet. Die Verdächtigen werden beschuldigt, eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben.

Gegen den Tunesier hatte das Oberlandesgericht Frankfurt bereits am vergangenen Donnerstag Haftbefehl erlassen. Er habe sich am frühen Mittwochmoorgen in Frankfurt widerstandslos festnehmen lassen und sitzt inzwischen in Haft. Gegen ihn wird in seinem Heimatland Tunesien wegen des Anschlags auf das Bardo-Museum in Tunis ermittelt. Der 36-Jährige soll an der Planung und Umsetzung des Anschlags beteiligt gewesen sein, bei dem im März 2015 mehr als 20 Touristen getötet worden waren. Deshalb gab es nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt auch ein Festnahmeersuchen der tunesischen Behörden.

Definitionen und Zusammenhänge

Der 36-Jährige saß deshalb zwischenzeitlich in Deutschland schon in Auslieferungshaft. Weil bis zum Ende der Frist die tunesischen Behörden nicht die vollständigen Auslieferungsunterlagen vorgelegt hätten, sei der Mann am 4. November 2016 aus der Haft entlassen worden und von da an bis zu seiner Festnahme am Mittwoch rund um die Uhr observiert worden.

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden reiste der Verdächtige im August 2015 als Asylbewerber nach Deutschland ein. Der Tunesier habe aber bereits zwischen 2003 und April 2013 in der Bundesrepublik gelebt. Er soll einen Anschlag in Deutschland geplant haben, der aber nicht unmittelbar bevorstand. Der 36-Jährige soll auch an einem Angriff auf die tunesische Grenzstadt Ben Gardane im März 2016 beteiligt gewesen sein.

Rund 1100 Polizeibeamte waren im Einsatz, sie durchsuchten Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Limburg und Wiesbaden sowie in den Kreisen Offenbach, Groß-Gerau, Marburg-Biedenkopf und Main-Taunus. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst über den Einsatz berichtet.

Der hessische Innenminister Peter Beuth sagte, die Polizei habe frühzeitig eingegriffen. „Mit den Maßnahmen senden wir eine deutliche Botschaft an die radikalen Islamisten in Hessen: Wir haben die Szene fest im Blick“, sagte der CDU-Politiker. „Wir dulden in unserem Land keine verblendeten Fanatiker, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen, die unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit Hassbotschaften verbreiten und zum Kampf gegen Andersgläubige aufrufen.“

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt wollen in einer Pressekonferenz am Vormittag in Wiesbaden Details zu den Ermittlungen bekannt geben.

Die gefährlichsten Krisengebiete der Welt
Syrien und IrakIn den Konflikten in Syrien und im Irak gehört die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu den stärksten Kriegsparteien. Sie beherrscht in beiden Ländern große Gebiete, in denen sie ein „Kalifat“ errichtet hat. Im syrischen Bürgerkrieg bekämpfen sich zudem das Regime und seine Gegner. Die Armee ist mit starker Hilfe von Kämpfern aus dem Iran, von der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah sowie von der russischen Luftwaffe auf dem Vormarsch. Die moderate Opposition wird vom Westen unterstützt. Quelle: AP
Ukraine Quelle: dpa
Nigeria Quelle: dpa
Libyen Quelle: dpa
Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer Quelle: dpa
Nordkorea Quelle: dpa
Afghanistan Quelle: dpa

Am Dienstagabend waren in Berlin drei Terrorverdächtige verhaftet worden. Ein Polizeisprecher sagte am Abend, bei den drei Männern im Alter von 21, 31 und 45 Jahren bestehe der Verdacht, dass sie in die Kampfgebiete in Syrien und Irak ausreisen wollten. Es gebe keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne in Deutschland. Einer der drei in Berlin verhafteten Terrorverdächtigen war ein Verantwortlicher der umstrittenen Fussilet-Moschee in der Hauptstadt. All e drei Männer seien dem Umfeld der Moschee zuzurechnen, sagte Staatsanwaltschafts-Sprecher Martin Steltner. Den Verdächtigen wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Ausland vorgeworfen.

Der Verfassungsschutz führt die Fussilet-Moschee im Berliner Stadtteil Moabit als Islamisten-Treffpunkt. In der Moschee ging auch der Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, ein und aus. Zuletzt war der Islamist am 19. Dezember, dem Tag des Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche mit zwölf Toten, von Videokameras dort gefilmt worden. Die Innenverwaltung arbeitet derzeit an einer Verbotsverfügung des Moschee-Vereins Fusssilet 33.

Die Verdächtigen sollen geplant haben, ins Kriegsgebiet nach Syrien und in den Irak auszureisen, um dort zu kämpfen, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Ziel sei es gewsen, dort einschlägige Gewalttaten, insbesondere Tötungsdelikte, zu begehen und damit bestehende staatliche Strukturen zu destabilisieren. Zwei der Männer seien Türken, einer Deutscher mit arabischen Wurzeln. Damit wurden Informationen der „Bild“-Zeitung bestätigt.

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