Reaktionen auf Trump „Haltung bewahren, selbstbewusst agieren“

Die Drohungen des künftigen US-Präsidenten gegen deutsche Autobauer sorgen für Unruhe in Berlin. Innerhalb der Bundesregierung werden Gegenmaßnahmen nicht ausgeschlossen. Appelle richten sich an die deutsche Wirtschaft.

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Der künftige US-Präsident droht deutschen Unternehmen - und löst damit teilweise trotzige Reaktionen aus. Quelle: AP

Berlin Dass der künftige US-Präsident Donald Trump nun auch deutschen Autoherstellern mit hohen Strafzöllen droht, sollten sie Fahrzeuge für den US-Markt in Mexiko bauen, stößt in Berlin auf ein unterschiedliches Echo. Während Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur Gelassenheit mahnt, fordert Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) von Trump die Einhaltung internationaler Abkommen. „Wir gehen davon aus, dass unser amerikanischer Partner sich auch weiterhin an die völkerrechtlichen Verpflichtungen und die WTO-Regeln hält“, sagte Steinmeier am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.

Gabriel sagte am Montag bei einer Talkrunde auf „bild.de“: „Ich kann nur raten aufgrund solcher Positionen nicht hektisch zu werden, sondern abzuwarten, was passiert.“ Deutschland sei nicht unterlegen, es sei ein starkes Land und müsse jetzt selbstbewusst sein. Er äußerte zudem Zweifel daran, ob Trump seine Pläne etwa für Strafsteuern auf aus Mexiko importierte Autos überhaupt umsetzen könne: „Ich würde mal abwarten, was dazu der von Republikanern dominierte Kongress sagt. Das sind eigentlich Politiker, die das Gegenteil von Herrn Trump wollen.“

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Ulrich Kelber, schloss Gegenmaßnahmen nicht aus, sollte Trump seine Drohungen wahrmachen. „Ob #Trump eine Sekunde darüber nachdenkt, was unsere Antwort auf Strafzölle wäre?“, schrieb Kelber auf Twitter.

Währenddessen plädiert CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn für einen persönlicheren Kontakt zwischen Bundesregierung und dem künftigen US-Präsidenten. „Donald Trump ist jemand, der sehr auf persönliche Beziehungen setzt, der viel mitnimmt aus persönlichen Gesprächen“, sagte Spahn am Montag in einer Talkrunde auf „bild.de“. Daraus könne eine Basis entstehen. Bei US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel habe die Beziehung auch nicht von Anfang an nur gut funktioniert.

Trump hatte in einem Interview der „Bild“-Zeitung und der Londoner „Times“ mit Blick auf deutsche Autobauer gesagt: „Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen.“ Gabriel sagte zu möglichen Strafzöllen auf importierte Autos: „Die amerikanische Autoindustrie wird dadurch schlechter, schwächer und teurer.“

Außerdem würden sich die USA ziemlich umgucken, wenn Trump auch die Zulieferteile mit Strafzöllen belege. Trump hatte zudem dem Autobauer BMW, der 2019 eine Fabrik in Mexiko eröffnen will, nahe gelegt, die Fabrik in den USA zu bauen. Der künftige US-Präsident hatte außerdem mehr amerikanische Autos auf deutschen Straßen gefordert. Gabriel erwiderte, dafür sollten die USA bessere Autos bauen.


BMW trotzt Trump-Drohungen

Die Trump-Äußerungen blieben nicht ohne Wirkung auf den deutschen Aktienmarkt. Aus Furcht vor geringeren Exporten in die USA trennt sich Anleger von Papieren deutscher Unternehmen. Der Dax fiel zur Eröffnung um 0,8 Prozent auf 11.540 Punkte. Unter Verkaufsdruck gerieten vor allem BMW, Daimler und Volkswagen, deren Aktien bis zu 1,6 Prozent verloren.

BMW trotzte derweil Trumps Drohung und stellte klar, an seinen Plänen für ein Werk in Mexiko festzuhalten. „Die BMW Group ist in den USA zuhause“, erklärte das Unternehmen am Montag in München. In dem Werk in San Luis Potosí in Mexiko werde von 2019 an die BMW 3er Limousine gebaut. „Die Produktion ist für den Weltmarkt bestimmt. Somit wird das Werk in Mexiko die bisherigen 3er-Prouktionsstätten in Deutschland und China ergänzen“, so das Unternehmen.

Ein solches selbstbewusstes Auftreten gegenüber Trump wünscht sich der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, auch von anderen Unternehmen. „Für die Wirtschaft kommt es nun sehr darauf an, Haltung zu bewahren und selbstbewusst zu agieren. Das wenn auch nur vordergründige Einknicken bei Ford und Co. macht keinen guten Eindruck“, sagte Hüther dem Handelsblatt. „Man gibt hier, was man zivilen Akteuren der demokratischen Ordnung nie gegeben hätte – noch nicht mal dem Anschein nach.“

Insofern hänge viel davon ab, wie die Unternehmer und Manager reagierten. „Wenn die Sonntagsreden zur sozialen Marktwirtschaft ernst gemeint waren, dann müsste dem nun eine klare Haltung basierend auf den Werten unserer Ordnung folgen. Da bin ich zumindest gespannt“, sagte Hüther.

Der Autokonzern Ford hatte zuletzt Investitionspläne in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar in Mexiko beerdigt. Beobachter werteten den Schritt als Reaktion auf die aggressiven Töne des künftigen US-Präsidenten Trump.

Der Republikaner hatte auch andere Konzerne, die ihre Produktion von den Vereinigten Staaten nach Mexiko verlegen, scharf angegriffen. Zur Ankündigung von Toyota, ein Werk in Mexiko zu bauen, twitterte er etwa die Drohung: „Keineswegs. Baut die Fabrik in den USA oder zahlt hohe Importzölle.“ Auch General Motors erhielt via Twitter die Ansage, nicht Werke in Mexiko zu bauen, sondern Jobs in den USA zu schaffen.


Besorgnis in der Nato

Enttäuscht zeigte sich Hüther über Trumps jüngste Pressekonferenz seit fast einem halben Jahr. Es habe sich bestätigt, was seit der Wahl zu erkennen gewesen sei: „Trump wird sich nicht mäßigen, weder im Ton noch im Inhalt“, sagte Hüther. „Insofern bleibt die Unsicherheit hoch, von der Nato-Verpflichtung bis zum Boykott einzelner Unternehmen oder Staaten.“

Dass Trump die Nato obsolet nannte, löste Besorgnis bei der Nato aus, wie Steinmeier sagte. Er habe am Montagmorgen darüber mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen. Die Äußerung Trumps widerspreche dem, was der designierte US-Verteidigungsminister James Mattis bei seiner Anhörung vor dem US-Senat gesagt habe.

Der CDU-Außenpolitikers Norbert Röttgen warnte vor den Konsequenzen. Wenn Trumps Haltung Politik werde, bedeute dies eine Gefahr, sagte Röttgen im Deutschlandfunk. Auch wenn einige designierte US-Minister eine andere Position verträten als Trump, bleibe der künftige US-Präsident unberechenbar. Trump sei vor allem von kurzfristigen, wirtschaftspolitischen Jobinteressen geleitet, so Röttgen. Daraus resultiere protektionistisches Denken.

Neben vielen kritischen Stimmen gibt es aber auch einige Politiker, die sich über die Aussagen Trumps freuen. Der britische Außenminister Boris Johnson hat Donald Trumps Äußerungen zu einem möglichen amerikanisch-britischen Handelspakt für die Zeit nach dem Brexit begrüßt. „Ich denke, es sind sehr gute Nachrichten, dass die USA ein gutes Freihandelsabkommen mit uns abschließen wollen und dass sie es schnell machen wollen“, sagte Johnson am Montag am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Es müsse jedoch ein Deal sein, der die Interessen beider Seiten berücksichtige. Der designierte US-Präsident Trump hatte im Interview zuvor gesagt, er wolle Großbritannien nach dem Brexit innerhalb weniger Wochen ein „faires“ Abkommen anbieten.

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