Rebecca Harms „Schulz braucht einen starken Nachfolger“

Rebecca Harms findet den Wechsel von Martin Schulz nach Berlin richtig. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament wünscht sich, dass der SPD-Politiker dort eine wichtige Rolle spielt.

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Die Europaabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Rebecca Harms, spricht auf dem Bundesparteitag am 08.02.2014 in Dresden (Sachsen). Harms war Spitzenkandidatin für die Wahl der Europaliste der Grünen auf dem Parteitag und setzte sich mit 477 Stimmen von insgesamt 733 gegen ihre Konkurentin Keller durch. Foto: Peter Endig/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

Brüssel Frau Harms, nach wochenlangen Spekulationen hat Martin Schulz nun tatsächlich seinen Abschied aus dem Europaparlament angekündigt. Überrascht Sie das?
Nein. Es war für mich ganz klar, dass die EVP als größte Fraktion im Europaparlament Schulz im Januar nicht erneut zum Parlamentspräsidenten wählen würde. EVP-Chef Manfred Weber hat das in den letzten Tagen noch klarer als vorher gesagt. Ich habe daher erwartet, dass Schulz nun einen anderen Weg geht.

Schulz hat die sozialistische Fraktion geschlossen hinter sich und auch sonst viele Freunde im Europaparlament. Er hätte doch eine Kampfabstimmung gegen einen schwachen EVP-Kandidaten wagen können – oder?
Schulz hatte die Wahl zwischen einer Kampfabstimmung mit höchst unsicherem Ausgang und dem Wechsel in die deutsche Politik. Mich wundert nicht, dass er sich für letzteres entschieden hat. Straßburg und Brüssel sind schließlich nicht die einzigen Orte, um sich für die EU und ihren Zusammenhalt einzusetzen. Es wird immer wichtiger, dass nationale Politiker bei den Bürgern mehr Verständnis für die EU wecken. Als überzeugter Europäer kann Schulz seine politischen Ziele in Berlin also sehr gut weiter verfolgen.

Schulz hat dem Europaparlament zu neuem Glanz verholfen. Wird das Parlament nach seinem Abgang nun wieder in sein altes Mauerblümchen-Dasein zurückfallen?
Das darf es nicht. Schulz hat dem Europaparlament viel politisches Profil gegeben und sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin muss stark genug sein, um dieses Profil auch in Zukunft zu halten.

Die EVP will den nächsten Parlamentspräsidenten stellen. Sehen Sie dort einen potenziellen Kandidaten auf Augenhöhe mit Schulz?
Bisher finde ich keinen der möglichen Kandidaten bei der EVP überzeugend.

Würden die Grünen überhaupt einen EVP-Bewerber wählen?
Darüber diskutieren wir noch. Aber eins ist klar: Dass Schulz nun geht, bedeutet keineswegs, dass die EVP ihn automatisch beerben kann. Es ist nicht klar, ob die Sozialisten als zweitgrößte Fraktion den EVP-Kandidaten unterstützen werden. Für die Grünen kann ich derzeit nur sagen, dass der Trend Richtung Frau geht.

Die EVP hätte die Parlamentsvizepräsidentin McGuinness aus Irland zu bieten. Eine gute Kandidatin?
Sie ist zweifellos sympathisch, gilt bislang aber nicht als politisch starke Figur.

Hoffnungen macht sich auch der Chef der Liberalen Guy Verhofstadt. Hat er eine Chance?
Da er in der Klima- und der Wirtschaftspolitik liberale Standpunkte vertritt, bezweifle ich, dass er für die linke Seite des Parlaments wählbar ist.

Welche Rolle soll Schulz Ihrer Meinung nach künftig in Deutschland spielen. Sollte die SPD ihn zum Kanzlerkandidaten küren?
Ich hoffe, dass die Europapolitik im Bundestagswahlkampf nächstes Jahr ein großes Thema wird. Und Angela Merkel sollte nicht die einzige sein, die den Leuten Europa erklärt. Deshalb wünsche ich mir, dass Martin Schulz in der Bundespolitik künftig eine wichtige Rolle spielt. Und nach dem Merkel ihre Kanzlerkandidatur erklärt, sollte die SPD darüber nun auch schnell entscheiden.

Frau Harms, wir danken Ihnen für das Interview

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