Reform Schäuble verpasst dem Zoll eine Schlankheitskur

Der Bundesfinanzminister will den administrativen Wasserkopf beseitigen. Von der Abschaffung der Bundesfinanzdirektionen profitieren Bonn und Berlin.

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Ein Zollbeamte kontrolliert Fahrzeuge Quelle: dpa

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist Dienstherr über eine der größten deutschen Behörden, den Zoll mit rund 39.000 Mitarbeitern. Dieser führt nicht nur Warenkontrollen an den Grenzen durch und ist für die Erhebung der Verbrauchsteuern von der Mineralöl- bis zur Kaffeesteuer verantwortlich. Neuerdings muss sich der Zoll auch um die Kfz-Steuer kümmern, demnächst kommen die Überprüfung der Mindestlöhne und womöglich die Erhebung der Pkw-Maut hinzu. Damit wird es für den Zoll offenbar personell eng - für Schäuble Anlass und Grund genug, der Mammutbehörde eine schlankere und damit effizientere Struktur zu verpassen. Sein zuständiger Abteilungsleiter Julian Würtenberger hat deshalb eine Reform ausgearbeitet, mit der nicht nur die fünf Bundesfinanzdirektionen abgeschafft werden, sondern en passant auch Schäubles Amtsvorgänger Peer Steinbrück abgewatscht wird; unter dessen Ägide war diese bürokratische Ebene nämlich erst 2008 eingezogen worden.

Die Auflösung der Bundesfinanzdirektionen soll für die 7000 betroffenen Mitarbeiter sozialverträglich erfolgen. Niemand soll gegen seinen Willen von den Standorten Potsdam, Köln, Nürnberg, Neustadt an der Weinstraße und Hamburg abgezogen werden. Sie müssen dort nur Tätigkeiten bei den regionalen Hauptzoll- oder Zollämtern übernehmen. Oder sich bei der neu zu gründenden Generalzolldirektion in Bonn bewerben. Denn zur Reform gehört die Schaffung einer Generalzolldirektion, die die operative Gesamtleitung übernehmen soll.

Als Standort ist Bonn vorgesehen. Dort residiert gegenwärtig noch als einzige Abteilung des Bundesfinanzministeriums die Abteilung III unter Würtenberger. Von deren 210 Mitarbeitern sollen 130 nach Berlin wechseln und dort nur noch für ministerielle Zollaufgaben tätig sein. Damit verliert Bonn zwar die letzte Abteilung von Schäuble, aber die Stadt gewinnt unterm Strich dennoch. Denn die Generaldirektion soll nicht nur dort angesiedelt werden, sie soll auch kräftig wachsen. Am Ende sollen es deutlich mehr als 210 Beschäftigte sein. Deshalb suche man auch schon nach einer größeren Liegenschaft, heißt es im Bundesfinanzministerium, weil der jetzige Standort am Probsthof künftig zu klein sei. "Wir stärken den Standort Bonn und verstoßen nicht gegen das Bonn-Berlin-Gesetz", betont Finanzstaatssekretär Werner Gatzer. Die Zustimmung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die stets die schützende Hand über Bonn hält, ist damit sicher.

Allerdings muss das Finanzministerium auch in Berlin nach neuen Räumlichkeiten suchen. Denn das einstige Luftwaffenministerium aus den dreißiger Jahren, in dem Schäuble amtiert, platzt aus allen Nähten. Dass am Ende auch 130 Mitarbeiter dafür freiwillig vom Rhein an die Spree umziehen wollen, davon ist die BMF-Spitze überzeugt. Gerade auf jüngere Mitarbeiter wirke die Hauptstadt attraktiv, heißt es. Und was die Immobilienpreise angehe, so seien die in Berlin (noch) nicht ganz so hoch wie in Bonn.

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