Regierungsbildung Union erhöht vor Gesprächen Druck auf SPD

Vor den ersten Sondierungsgesprächen über eine große Koalition am Mittwoch drängen Unionspolitiker auf eine zügige Regierungsbildung. Diese sei notwendig, um anstehende EU-Reformen mitgestalten zu können.

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Dobrindt Merkel Quelle: dpa

CDU und CSU erhöhen den Druck auf die SPD, Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung nicht zu verschleppen. "Die Welt wartet darauf, dass wir agieren können", sagte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel am Montag in Berlin. "Deshalb bin ich für zügige Gespräche." CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte, bei den geplanten Sondierungsgesprächen bis Ende Januar müsse Klarheit herrschen, ob man eine große Koalition bilden könne. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte von Gesprächen bis womöglich Mai gesprochen.

In einer Forsa-Umfrage sprachen sich 71 Prozent der Deutschen für zügige Gespräche über die Bildung einer großen Koalition aus. Nachdem der SPD-Parteitag vergangene Woche den Weg für den Start der Gespräche am Mittwoch freigemacht hatte, legte der CDU-Bundesvorstand am Montag seine Positionen fest. Ihre Partei wolle etwa eine Entlastung der Familien, die Gleichwertigkeit der Lebensbedingung zwischen Stadt und Land, eine Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssystem und eine Fortentwicklung Europa, sagte Merkel.

Bei allen Differenzen gebe es mit der SPD eine Reihe von Schnittmengen. Weil man sich gut kenne, sei auch eine so detaillierte Sondierungsarbeit wie mit Grünen und FDP nicht nötig. Es reiche, "Leitplanken" für die Koalitionsgespräche zu beschließen. Man dürfe sich nicht in "Detailfragen der Politik verhaken", sagte auch Dobrindt.

Sowohl die CDU-Vorsitzende als auch der CSU-Politiker lehnten die von der SPD gewünschte Bürgerversicherung ab, weil dies die Gefahr einer "Einheitskasse" berge. Dobrindt warnte die SPD vor der Illusion, sich einen Regierungseintritt "teuer zu bezahlen" lassen zu können. Dies werde scheitern, zumal die Sozialdemokraten die Union ebenso bräuchten wie CDU/CSU die SPD.

Klare Absage an Minderheitsregierung

Merkel pochte ebenso wie Dobrindt auf die Bildung einer stabilen Koalitionsregierung und wies Überlegungen für eine Minderheitsregierung zurück. "Richtig ist, dass eine Minderheitsregierung auf jeden Fall keine stabile Regierung wäre", sagte Merkel. Dies habe der CDU-Bundesvorstand einhellig so gesehen, sagte sie mit Blick auf das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn. Dieser hält eine Minderheitsregierung für möglich. SPD-Generalsekretär Klingbeil hatte betont, dass die Gespräche "ergebnisoffen" seien, und zu einer großen Koalition, einer Minderheitsregierung oder Neuwahlen führen könnten.

Dobrindt widersprach dem deutlich. "Eine Minderheitsregierung kann nur ein kurzer Übergang zu Neuwahlen sein", sagte der CSU-Politiker. Der Nachteil wäre, dass die Opposition dann immer die Mehrheit habe. Er bezweifele, dass die viertgrößte Volkswirtschaft mit einer bisher intensiven Gesetzesarbeit dann gut funktionieren könne. "Die Lage ist eigentlich zu ernst für solche Experimente", sagte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Er hoffe, dass die SPD ihre "Verweigerungshaltung" aufgebe.

Sollte man Ende Januar feststellen, dass keine große Koalition mit der SPD möglich sei, dürfte es noch vor der Sommerpause Neuwahlen geben, sagte Dobrindt. Merkel betonte, dass sie sich dann erneut zur Wahl stellen würde.

Merkel: "Historische Notwendigkeit" für EU-Reformen

Sowohl die Kanzlerin als auch die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer begründeten ihre Forderung nach zügigen Verhandlungen auch mit Blick auf die anstehenden EU-Reformen. Sie hoffe, dass Deutschland zudem schnell eine Antwort auf die Europa-Vorschläge von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron finde, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Kramp-Karrenbauer in der ARD.

Merkel sprach von einer "historischen Notwendigkeit" für EU-Reformen. In der Europäischen Union gebe es 2018 und vor der Europawahl 2019 ein Fenster, um notwendige Entscheidungen zu treffen. Danach werde dies wieder schwieriger. Mit der SPD gebe es trotz aller Differenzen große Gemeinsamkeiten in der Europapolitik. Sie wolle eine "stabile Regierung, auf deren Basis man am besten mit Frankreich und der EU arbeiten kann". Deutschland werde rechtzeitig konkrete Antworten auf die Vorschläge Macrons haben. Sie unterstützte ausdrücklich dessen Vorschlag, bis 2025 ein gemeinsames Unternehmenssteuerrecht zu entwickeln.

Dobrindt machte allerdings deutlich, dass die CSU die Vision von SPD-Chef Martin Schulz ablehne, bis 2025 die Vereinigten Staaten von Europa zu errichten. "Ich will keine Vereinigten Staaten von Europa", sagte er. Führende CDU-Politiker hatten den Schulz-Vorstoß schon am Wochenende zurückgewiesen.

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