„Rent a Sozi“ SPD stoppt gesponserte Gespräche mit Ministern

Schadensbegrenzung bei der SPD: Die Partei will künftig keine Gesprächsformate mit Spitzenpolitikern mehr vermarkten. Lobbyisten hatten dafür viel Geld gezahlt. Verbraucherschützer fordern nun schärfere Gesetze.

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Aus der SPD-Spitze hieß es, Parteichef Sigmar Gabriel sei entsetzt über die Vorgänge. Quelle: dpa

Berlin Die SPD stoppt nach scharfer Kritik umstrittene Sponsorengeschäfte, bei denen Lobbyisten Termine mit SPD-Spitzenpolitikern gegen Geld buchen konnten. „„Vorwärts“-Gespräche - ob mit oder ohne Sponsoring - wird es in Zukunft nicht mehr geben“, teilte SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan am Mittwoch mit. Auch werde neben einer internen Untersuchung die Bundestagsverwaltung gebeten, die vom SPD-Parteimagazin „Vorwärts“ ausgerichteten Gespräche umfassend zu prüfen. Verbraucherschützern reicht das nicht. Sie fordern ein schärferes Parteiengesetz.

Der für die Parteienfinanzierung zuständige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kritisierte die Auftritte von SPD-Politikern bei gesponserten Lobbyistentreffen. Die Debatte erinnere ihn an frühere Diskussionen über rechtliche Grenzen von Nebentätigkeiten: „Völlig unabhängig von der Frage, ob das rechtlich relevant ist oder nicht, es ist jedenfalls selten dämlich“, sagte Lammert der Deutschen Presse-Agentur. Nach Einschätzung von Lammerts Experten gibt es aber im konkreten SPD-Fall keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Finanzierungsregeln des Parteiengesetzes.

Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ hatte aufgedeckt, dass Firmen und Lobbyisten für 3000 bis 7000 Euro Treffen mit Ministern, Staatssekretären und Funktionären der Sozialdemokraten quasi buchen konnten. Die SPD selbst spricht von „schwerwiegenden Vorwürfen“ gegen die „Vorwärts“-Tochter NWMD. Nietan betonte: „Mit Sponsoring-Leistungen kann kein Zugang zu Amtsträgern, Abgeordneten oder Parteifunktionären „erkauft“ werden.“

Die betreffenden Minister - darunter Heiko Maas, Manuela Schwesig und Andrea Nahles - hätten nicht gewusst, wie die Gespräche vermittelt worden seien. „Weder wurden sie über Details etwaiger Absprachen zwischen Sponsoren und der Agentur ins Bild gesetzt noch war ihnen die Höhe etwaiger Zahlungen bekannt.“ Die SPD-Spitzenpolitiker verwahrten sich gegen den Eindruck, „dass sie solche Gespräche unter der Voraussetzung führten, dass Geld fließt“, erklärte Nietan. Aus der SPD-Spitze hieß es, Parteichef Sigmar Gabriel sei entsetzt über die Vorgänge.

Die Organisation LobbyControl forderte die SPD auf, in die Offensive zu gehen und ein Gesetz für das Parteiensponsoring vorzuschlagen. „Der eigentliche Skandal ist, dass diese Praxis derzeit nicht eindeutig illegal ist“, sagte Annette Sawatzki von LobbyControl. „Es kann nicht sein, dass die Parteien durch die Zwischenschaltung von Firmen solche Vorgänge jeglicher öffentlichen Kontrolle entziehen.“

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