Zwar hat die Lebensleistungsrente (außer der sendungsbewussten Ministerin selbst) kaum Fans in den eigenen Reihen, weshalb sie in der Koalition bisher nach Kräften ausgebremst wurde. Dennoch wird sie Bestandteil des CDU-Wahlprogramms. Im Kern geht es dabei um die Aufstockung magerer Ansprüche: Wer 40 Jahre lang gearbeitet, in die Rentenkasse eingezahlt und noch dazu privat vorgesorgt hat, soll mehr Geld garantiert bekommen als die Grundsicherung im Alter. Um die 850 Euro im Monat seien realistisch, heißt es vom Ministerium, allein schon, weil die Stütze wegen hoher Mieten und Heizkosten in Städten wie Wiesbaden oder München bereits heute deutlich über 800 Euro liegt.
Fremdkörper im System
Was bei der CDU noch etwas unbestimmt ist, beantworten SPD und Grüne einfach und konkret: Ihre Mindestrenten sollen in jedem Fall 850 Euro betragen, Punkt. Sie ziehen auch den Kreis der potenziellen Empfänger zum Teil deutlich großzügiger: Private Vorsorge etwa wird gar nicht verlangt. Bei der SPD muss der Solidarrentner entweder 40 Versicherungs- oder 30 Beitragsjahre zusammenbekommen, für den Bezug der grünen Garantierente reichen sogar 30 Versicherungsjahre aus.
Bei Letzteren zählt eben auch, wenn man lange arbeitslos war, Kinder großgezogen oder Eltern gepflegt hat. „85 Prozent der Bezieher wären Frauen“, wirbt die grüne Fraktionsvize im Bundestag, Kerstin Andreae, für das eigene Konzept. Ihr Argument: Gerade Jobunterbrechungen wegen Kindererziehung und die dann auf Jahre hinaus geringeren Löhne vieler Frauen drückten drastischer aufs Alterseinkommen als Arbeitslosigkeit.
Vielleicht sollte es die generösen Wahlkämpfer nur stutzig machen, dass selbst ein besonnener Mann wie Herbert Rische angesichts immer neuer Sonderwünsche laut Einspruch erhebt. Modelle wie die Lebensleistungsrente seien „ein Fremdkörper im Rentensystem“, warnt der Präsident der Deutschen Rentenversicherung. In der gesetzlichen Alterskasse gilt schließlich das Äquivalenzprinzip: Wer mehr einzahlt, bekommt am Ende auch mehr. Mit Sozialrenten würde dieser Grundsatz teilweise außer Kraft gesetzt.
Welche Probleme das etwa für die Lebensleistungsrente konkret bedeuten würde, hat der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums am Beispiel eines Geringverdieners mit 17 000 Euro Jahreslohn berechnet. Sobald die Schwelle von 40 Beitragsjahren erreicht ist, kann er die Arbeit eigentlich einstellen – zumindest was den Ruhestand angeht. Denn erst nach 52 Jahren Maloche wären die mit Sozialbeiträgen verdienten Rentenansprüche wieder höher als der von der Leyen’sche Garantiebetrag.
Bei den SPD- und Grünen-Konzepten wäre die Stoppschwelle wegen der großzügigeren Bedingungen sogar noch früher erreicht. „Wer die jeweiligen Zuteilungsgrenzen erreicht, hat einen riesigen Frühverrentungsanreiz“, kritisiert Rentenexperte Börsch-Supan. „Das können wir ökonomisch gar nicht gebrauchen.“ Angesichts der stetig steigenden Lebenserwartung müsste die Losung heißen: Wer länger lebt, muss für einen auskömmlichen Lebensabend auch länger arbeiten.