Hermann Gröhe war einmal Generalsekretär der CDU. Der Bundesgesundheitsminister erkennt deshalb sehr genau, dass Verbesserungen bei der Pflege wichtig sind, gerade für die zahlreichen älteren Wähler der Union. Viele sind jenseits der 60 und wissen umfassende Sozialleistungen zu schätzen. Deshalb hat Gröhe bereits eine teure Pflegereform angestoßen, hin zur individuellen Betreuung nicht nur von körperlich Behinderten, sondern auch von Dementen. Im Wahljahr 2017, wenn bis zu 1,5 Millionen Demenzkranke und ihre Angehörigen vollständig von neuen Einstufungen im Pflegesystem profitieren, wird der Beitragssatz zwar leicht auf 2,55 und 2,8 Prozent (für Kinderlose) steigen. Aber die Verbesserungen spüren die Wähler hoffentlich stärker.
Ohnehin gab sich Gröhe als Minister schon bisher ausgesprochen spendierfreudig: Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) schätzt, dass verschiedene von Gröhe angestoßene Gesetze zwischen 2016 und 2020 zu insgesamt 35 bis 40 Milliarden Euro Mehrausgaben im Gesundheits- und Pflegesystem führen.
Eine Studie im Auftrag der Barmer GEK nennt etwa das neue Pflegegesetz „in mehrfacher Hinsicht unerwartet großzügig“. Anders als von Gröhes Experten empfohlen, hätten noch mehr Menschen Anspruch auf Leistungen. Außerdem würden weitere Versicherte bei der Umstellung von bisher drei Pflegestufen auf künftig fünf Pflegegrade höher bewertet und bekämen mehr Geld. Die Regierung habe auch bei Pflegebedürftigen keine Abstriche gemacht, die schon großzügig abgeschnitten hätten, so die Verfasser der Studie.
Altersvorsorge: So viel Rente darf der Standardrentner erwarten
Die Prognosen beziehen sich auf den sogenannten Standardrentner, der 45 Jahre Beiträge gezahlt und immer das Durchschnittseinkommen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verdient hat. Die angegebene Bruttostandardrente versteht sich vor Steuern. Das Sicherungsniveau vor Steuern gibt das Verhältnis der Renten im Vergleich zum Durchschnittseinkommen der beitragszahlenden Beschäftigten abzüglich der durchschnittlichen Sozialversicherungsbeiträge an.
Quelle: Rentenversicherungsbericht 2015, Deutsche Rentenversicherung Bund, Stand: November 2015
Beitragssatz zur GRV: 19,9 %
Bruttostandardrente: 1224 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 51,6 %
Beitragssatz zur GRV: 18,7 %
Bruttostandardrente: 1372 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 47,7 %
Beitragssatz zur GRV: 18,7 %
Bruttostandardrente: 1517 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 47,6 %
Beitragssatz zur GRV: 20,4 %
Bruttostandardrente: 1680 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 46,0 %
Beitragssatz zur GRV: 21,5 %
Bruttostandardrente: 1824 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 44,6 %
Am Beispiel derer, die daheim gepflegt werden, rechnen die Ökonomen vor: „Im Ergebnis werden im ambulanten Bereich zum Umstellungszeitpunkt mehr als 95 Prozent der Leistungsbezieher besser gestellt und niemand schlechter.“ Im Wahlkampf können solche Zahlen für eine Volkspartei wie die CDU natürlich gute Argumente sein.
3. Rente: Fürchtet euch nicht
Es ist, wieder einmal, richtig schlecht gelaufen für Sigmar Gabriel. Bereits Ende Februar hatte der SPD-Chef gefordert, die gesetzliche Alterssicherung nicht immer weiter abzuschmelzen. Doch Gabriels Vorstoß verhallte ohne jedes Echo, auch wegen der Flüchtlingskrise. Erst CSU-Chef Horst Seehofer hat nun eine neue Rentendebatte losgetreten – was Gabriel mehr oder minder zu einer Wiederholung seiner Forderungen aus dem Februar zwang. Die klangen dafür prompt so entschlossen, als lasse sich der oberste Genosse niemals auf der sozialen Spur überholen. Auch die mögliche Finanzierbarkeit spielte keine Rolle.´
Zur Erinnerung: Die vorerst letzten Rentengeschenke der großen Koalition, versprochen im Wahlkampf 2013, addieren sich bis 2030 bereits auf die gigantische Summe von rund 160 Milliarden Euro und kosteten Arbeitnehmer eine geplante üppige Beitragssenkung, die stattdessen ausfiel. Die von Seehofer und Gabriel nun ins Spiel gebrachte Option, das allgemeine Rentenniveau mindestens auf dem jetzigen Stand von rund 47 Prozent eines Durchschnittseinkommens zu stabilisieren oder gar zu erhöhen, würde wieder Milliarden kosten. So würde ein Rentenniveau von 50 Prozent im Jahr 2030 mit mehr als 27 Milliarden Euro Mehrkosten zu Buche schlagen. Der Beitragssatz müsste dafür von heute 18,7 auf mehr als 24 Prozent steigen – wenn nicht der Steuerzahler die Lücke füllt.