Rentenpaket Das wird richtig teuer

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Demografischer Druck

Dabei war die Politik gewarnt: Kaum ein Vorhaben der großen Koalition stieß schon vor Verabschiedung auf so einhellige und vehemente Kritik von Fachleuten wie das Rentenpaket. Sie rechneten etwa vor, dass allein die Mütterrente – ein Aufschlag von monatlich bis zu 28 Euro pro Kind, das vor 1992 geboren wurde – jährlich mehr als sechs Milliarden Euro kosten wird. Es war ein üppiges Wahlgeschenk insbesondere an konservative Unions-Wähler – eine Klientel zumal, die so selten arm ist wie keine andere Altersgruppe.

Die abschlagfreie Frührente ab 63 für Angestellte mit besonders vielen Berufsjahren war das ideale SPD-Pendant dazu: Ein Präsent vornehmlich für Männer, die lange an der Werkbank geschafft haben, sich aber ohnehin auf verhältnismäßig hohe Renten freuen dürfen.

Die wichtigsten Begriffe zur Rente
ZeitrenteAls Zeitrente wird ein Vorsorgebetrag bezeichnet, der nur über einen bestimmten, endlichen Zeitraum gezahlt wird. Ein klassisches Beispiel dafür sind Einnahmen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie werden gezahlt, bis die Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Quelle: Fotolia
Witwen-/WitwerrenteStirbt ein Ehepartner, hat der andere Anspruch auf Witwenrente. Voraussetzung dafür ist, dass das Paar noch verheiratet war, allerdings ist es egal, ob zusammen oder getrennt gelebt wurde. Außerdem müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Unter anderem muss der verstorbene Partner mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Heiratet der Hinterbliebene erneut, endet die Witwenrente. Quelle: Fotolia
RentensplittingDas Rentensplitting ist vergleichbar mit dem Ehegattensplitting. Die Ansprüche beider Ehepartner werden in einen Topf geworfen und zu gleichen Teilen unter beiden gesplittet. Davon Gebrauch machen dürfen Eheleute, die 2002 oder später geheiratet haben. Aber auch eingetragene Lebenspartner dürfen ihre Altersbezüge entsprechend teilen. Quelle: DAPD
Wer profitiert vom Rentensplitting?Nicht nur Ehepartner mit einer sehr kleinen Rente können vom Splitting profitieren. Lohnen kann sich ein Splitting auch für jemanden, der keine Witwerrente bekommen würde, da seine Einnahmen zu hoch sind. Außerdem darf dank Splitting in der Regel auch mehr hinzuverdient werden. Quelle: Fotolia
MütterrenteDie Mütterrente gibt es erst seit diesem Jahr. Profitieren sollen vor allem Mütter, die bisher keinen Anspruch auf Rente hatten, weil sie aufgrund der Kindererziehung nicht lange genug gearbeitet haben. Anspruch haben Frauen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben. Bisher wurde ihnen lediglich ein Jahr Erziehungszeit auf ihrem Rentenkonto angerechnet, jetzt sind es zwei. Pro Monat bedeutet das ein Plus von knapp 30 Euro. Quelle: Fotolia
Wie viel dürfen Rentner dazuverdienen?Viele suchen auch im Ruhestand nach ein wenig Zeitvertreib und wollen noch etwas hinzuverdienen. Doch gerade für Rentner sind die Regeln da streng. Sogenannte Vollrentner, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht haben, dürfen prinzipiell unbegrenzt dazuverdienen. Allerdings muss der Betrag komplett zusammen mit der Rente versteuert werden.      Quelle: Fotolia
Was passiert bei Frührentnern?Wer vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in Rente geht, erhält eine gekürzte Rente, die sogenannte Frührente. Für jeden Monat, den man früher zu arbeiten aufhört, werden 0,3 Prozent von der eigentlichen Rente abgezogen. Zwar dürfen auch Frührentner Geld hinzuverdienen. Allerdings wird dieses am Ende mit der gekürzten Rente verrechnet. Der Frührentner muss die Rentenversicherung darüber informieren, dass er einen Nebenjob hat, diese wird dann die entsprechende Kürzung ausrechnen. Je nach Wohnort gelten bestimmte Hinzuverdienstgrenzen. Quelle: Fotolia

Dass all diese Probleme die Konjunktur bislang kaum belasten, ist allein dem aktuellen deutschen Job-Boom geschuldet. Steigende Löhne und mehr Beschäftigte spülen unerwartet höhere Beitragseinnahmen in die Rentenkasse. Der gegenwärtige Aufschwung übertüncht damit die Folgen des Rentenpakets. Aber wie lange noch?

Spürbar sind die schwarz-roten Geschenke nämlich bereits, wie Berechnungen des Rentenexperten Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zeigen. Ende 2014 verfügte die Rentenkasse noch über 35 Milliarden Euro an Rücklagen. 2015 wird die Rentenversicherung ungeachtet der blendenden Lage am Arbeitsmarkt immerhin ein Defizit in Höhe von 1,9 Milliarden Euro einfahren.

2016 dürfte sogar ein Minus von 3,6 Milliarden auflaufen. Auch in den Folgejahren schrumpft die Reserve laut der IfW-Prognose kontinuierlich weiter. Das bedeutet: Ein sinkender Beitragssatz und damit Entlastung für Arbeitnehmer ist kaum mehr vorstellbar.

„Das Rentenpaket“, urteilt Fachmann Boss, „ist und bleibt ein großer Fehler, der die gewaltigen Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft ausblendet.“ Der Wirtschaftsweise Feld sieht das genauso: „Spätestens 2019 wird der demografische Druck so stark sein, dass die künftige Regierung Wohltaten zurückfahren muss“, sagt er. „Und diese Korrektur dürfte dann umso deutlicher ausfallen.“

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