Rentenreformen Rentenpolitik zwischen Wahn und Weitsicht

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Von Fakten und Argumenten unbeeindruckt

Bislang aber zeigt sich die Regierung von derlei Fakten und Argumenten unbeeindruckt. Mehr noch: Die Koalitionäre schieben unverdrossen gleich mehrere teure, wahlweise heikle bis zweifelhafte Projekte auf den Pokertisch. Die Angleichung des Ost- und Westrentenrechts würde bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr kosten – aber die CDU, vor allem im Osten, mauert noch.

„Die Union versucht offenkundig, hinter die Regelung des Koalitionsvertrags zurückzufallen. Das geht nicht. Ich erwarte Treue zum Koalitionsvertrag“, sagt SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel.

Die CSU wiederum hat als Gegengeschäft eine weitere Erhöhung der Mütterrente ins Visier genommen – Kostenpunkt: 6,7 Milliarden Euro pro Jahr. Hier will Nahles aber partout nicht einlenken und lieber die Invalidenrente erhöhen, für rund drei Milliarden. Die teuerste Operation, die Stabilisierung des Rentenniveaus, ist dabei noch gar nicht mitgerechnet.

Die Rentenversprechen - Was die Parteien vorhaben

„Richtschnur muss sein, dass die Lohnnebenkosten dauerhaft unter 40 Prozent bleiben“, warnt der CDU-Mann Michael Fuchs. Doch sein Appell dürfte ungehört bleiben.

Was die Deutschen über die Rente denken
Die eigene Vorsorge hat einen hohen Stellenwert. Fast zwei Drittel der Befragten (61 Prozent) schätzen die private Altersvorsorge als (sehr) gut ein, um für die Rente finanziell ausreichend abgesichert zu sein.Quelle: Forsa hat im Auftrag der KAS Bank 1026 Arbeitnehmer ab 16 Jahre befragt, die nicht selbstständig, verbeamtet oder geringfügig beschäftigt sind und die einen Bezug zum Thema betriebliche Altersvorsorge haben. Quelle: imago images
Dagegen erachtet immerhin noch jeder Zweite, unabhängig von Alter oder Geschlecht, die betriebliche Altersvorsoge für „sehr gut“ oder „gut“ geeignet, um ausreichend für das Alter vorzusorgen (51 Prozent). Quelle: dpa
„Die Rente ist sicher“, versprach einst Arbeitsminister Norbert Blüm. Eine geflügelte Aussage, der nicht mehr viele Menschen vertrauen. Schlappe 15 Prozent halten die gesetzliche Rente noch für eine (sehr) gute Anlageform fürs Alter. Quelle: REUTERS
Frische Erkenntnisse für Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: Unmittelbar nach dem Arbeitsentgelt trägt eine betriebliche Altersvorsorge am stärksten zur Attraktivität und der Wahl eines Arbeitsgebers bei. Männern und Frauen ist die betriebliche Altersvorsorge dabei gleichermaßen wichtig. Quelle: dpa
Weniger bedeutend bei der Wahl des Arbeitgebers sind dagegen vermögenswirksame Leistungen (57 Prozent), das Jobticket (35 Prozent) oder der Dienstwagen (20 Prozent). Quelle: AP
Die Kosten der betrieblichen Altersvorsorge müssen transparent sein, meinen 86 Prozent der Befragten. Quelle: dpa
Hohe Wertsteigerungen haben auch einen großen Stellenwert (70 Prozent) – als weniger wichtig gelten nachhaltige Investitionen (47 Prozent). Quelle: imago images

Dabei hat Schwarz-Rot durchaus auch Sinnvolles zustande gebracht. Die jüngst beschlossene Flexirente erleichtert Arbeit im Alter. Finanzminister Wolfgang Schäuble und Andreas Nahles haben sich zudem im Grundsatz auf eine Stärkung der Betriebsrenten geeinigt, die gerade Kleinunternehmen und Geringverdiener unterstützt.

Würde die Koalition in diesem Geiste weiterarbeiten, müsste sie die meisten offenen Projekte kurzerhand streichen. Stattdessen würde sie die wirklichen Problemfälle – Arbeitnehmer mit wechselvoller Jobbiografie und Kranke – gezielt angehen. Der Haken wäre aber: Wohltaten fielen dann aus.

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