Rettung des Rechtsstaats Die neue Härte der Politik

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Die Bundesregierung operiert hinter den Problemen her

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte in Kreuth Unterstützung. Jedoch blockt in diesem Punkt noch der Koalitionspartner: Rückführungsabkommen seien das bessere Mittel, argumentiert SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Abschiebungen scheitern ausgerechnet bei Marokkanern und Algeriern tatsächlich häufig daran, dass die staatlichen Stellen keine Passersatzpapiere ausstellen. Diese sind aber meist nötig, weil Originale oft von den Flüchtlingen vernichtet wurden.

Nur ein Beispiel, das zeigt, wie sehr die Bundesregierung von der Wirklichkeit getrieben wird – und wie sehr sie den Problemen hinterheroperiert. Welche Arbeit finden Flüchtlinge? Wie sollen Schulen und Kitas die gewaltige Last schultern? All diese entscheidenden Fragen drohen bereits wieder in den Hintergrund zu rücken.

Mit jedem Monat, in dem weitere 100.000 Flüchtlinge die deutsche Grenze passieren, verschiebt sich die Grenze des politisch Vertretbaren. Die Folge: Was vor Wochen noch undenkbar erschien, kann kurze Zeit später ein Akt der Vernunft sein.

Noch lehnt Merkel etwa vehement ab, was CDU-Innenpolitiker Armin Schuster vorschlägt. Der frühere Bundespolizist will möglichst viele Schengen-Staaten Grenzkontrollen einführen lassen, damit nur noch die reinkommen, die aufgrund besonderer humanitärer Gründe nicht zurückgewiesen werden können. „Wir können offene Grenzen in Europa nur retten, wenn wir sie jetzt für eine gewisse Zeit sichern“, sagt Schuster.

Merkel fürchtet aber dann einen „Kaskadeneffekt“, weil alle Länder sich abriegelten und selbst akut verfolgte Flüchtlinge keine Chance mehr hätten. Dann werde Europa erneut zur Festung. Es dauere Monate, die lange deutsche Grenze mit einem Zaun zu sichern – und in dieser Zeit kämen besonders viele Flüchtlinge.

Freilich kommen auch jetzt nach wie vor sehr viele. In den ersten elf Tagen dieses Jahres dokumentierte die Bundespolizei an der Grenze fast 2500 Flüchtlinge pro Tag, trotz Schnee und Eiseskälte. „Ich kann rechnen“, sagte Kanzlerin Merkel gerade vor CSU-Abgeordneten. „Das ist noch zu viel.“

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