Donald Trump weiß vermutlich nicht, wer Hans-Peter Bartels ist. Aber wenn Trump wüsste, was Bartels zu Protokoll gegeben hat, dann würde sich der neue US-Präsident wahrscheinlich nicht mehr abringen als einen kleinen Lacher, irgendetwas zwischen Mitleid und Gehässigkeit.
Der SPD-Politiker ist Wehrbeauftragter des Bundestags – und kraft seines Amts fast jede Woche unterwegs an der Heimatfront. In den Kasernen der Bundeswehr lässt er sich von Soldaten berichten, wie viele Panzer fahrtüchtig sind, ob Munition knapp wird oder genug Nachtsichtgeräte vorhanden sind. Was er dort zuletzt sah und hörte, fasste er am vergangenen Dienstag so zusammen: „Es geht alles viel zu langsam.“
Es – das ist der Umbau der deutschen Armee. Der parlamentarische Kontrolleur der Bundeswehr warnt in seinem jüngsten Jahresbericht vor wachsender Überlastung bei Heer und Marine, kritisiert das „Schneckentempo“ des Personalaufbaus und fordert eine „Mentalitätstrendwende“. Anders gesagt: Die Bundeswehr reformiert sich auf offenem Feld. Und sie hofft inständig, so lange nicht unter Beschuss zu geraten.
Dabei hat sich die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr sogar merklich verbessert. Zusätzliche Mittel im Wehretat, die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf 130 Milliarden Euro bis 2030 taxiert, kommen bereits bei der Truppe an, erste Löcher sind gestopft. Deutschland rüstet auf. Und das im Konsens der meisten Parteien. So viel Akzeptanz für die Parlamentsarmee gab es in der traditionell eher pazifistischen Bundesrepublik selten.
Aber jenseits des Atlantiks braut sich etwas zusammen, was diese Stimmung gefährden könnte: Denn ginge es nach US-Präsident Donald Trump, müsste Berlin bald jährlich noch weitere 20 Milliarden Euro zusätzlich fürs Militär ausgeben. Der deutsche Wehretat beträgt derzeit gerade einmal 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; weit weniger als jene zwei Prozent, die sich die 28 Nato-Mitglieder als Soll-Ziel bis 2024 gesteckt haben.
Der US-Präsident mag diplomatisches Feingefühl missachten, aber mit seiner Kritik am transatlantischen Verteidigungsbündnis hat er einen Punkt: „Wir haben die Armeen anderer Staaten unterstützt – und dabei die Auszehrung unseres eigenen Militärs zugelassen.“
Das zielt direkt nach Deutschland. Denn die schwach gerüstete Bundesrepublik war über Jahrzehnte eine der größten Profiteurinnen des amerikanischen Sicherheitsversprechens.
Donald Trump könnte deshalb auf die simple Zahl pochen: Entweder die Europäer schaffen die Nato-Zielmarke – oder Amerika zieht sich zurück. Das passt zu seiner Logik des „Deal-Making“: Er setzt Europa mit dem Teilrückzug aus der Nato so unter Druck, dass die Länder endlich mehr in die eigene Verteidigung investieren, statt sich auf die schützende und zahlende Hand von „Uncle Sam“ zu verlassen. Christian Mölling, Sicherheitspolitik-Experte des German Marshall Funds in Berlin, hofft jedenfalls, dass Trumps Töne „uns Europäer zwingen, strategisch zu überlegen, was wir ohne die USA können müssen“.
Politik der maximalen Unsicherheit
Die kommenden Jahre dürften von Zuckerbrot und Peitsche geprägt sein: hier Trump und seine impulsiven Töne; ein Mann, der noch vor seiner Amtseinführung das westliche Verteidigungsbündnis – und damit einen seit Jahrzehnten bewährten Eckpfeiler des Westens – mal eben als „überholt“ bezeichnete. Dort sein Verteidigungsminister James Mattis, der sich klar zur Nato bekennt. Zu einer Organisation, die er im Übrigen exzellent von innen kennt, denn Mattis war vor seiner politischen Karriere einer der ranghöchsten Generale des Bündnisses.