Saar-AfD NPD-naher AfD-Landesverband erhält Rückendeckung von Höcke

Die vor der Auflösung stehende NPD-nahe Saar-AfD erhält Unterstützung vom rechten Parteiflügel. Dass ausgerechnet der Thüringer AfD-Chef Höcke den Auflösungsbeschluss der Bundespartei kritisiert, sorgt jedoch für Unmut.

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Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke: Unterstützung für den umstrittenen saarländischen Landesverband. Quelle: AP

Berlin Gegen den Beschluss der AfD-Bundesspitze, den saarländischen Landesverband wegen Kontakten zu Rechtsextremen aufzulösen, regt sich Widerstand. „Eine Partei, die einen Landesverband auflöst, scheint mir den Kinderschuhen doch noch nicht ganz entwachsen zu sein“, wird der Wortführer des rechten Parteiflügels, der Chef der Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen, Björn Höcke, auf der Facebook-Seite der von ihm gegründeten rechten Bewegung „Der Flügel“ zitiert.

Im Impressum des „Flügels“ werden als Ansprechpartner neben Höcke, der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz, der Chef der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, und dessen Fraktionskollege Hans-Thomas Tillschneider genannt.

Tillschneider ist auch Vorstandssprecher der „Patriotischen Plattform“ in der AfD, eine weitere Rechtsaußengruppierung innerhalb der Partei. Die Plattform stellte sich ebenfalls gegen die Auflösung des saarländischen Landesverbands.

Der AfD-Bundesvorstand hatte seinen Auflösungsbeschluss am Donnerstag damit begründet, dass es „schwerwiegende Verstöße gegen die politische Zielsetzung und die innere Ordnung der Partei“ gegeben habe. Vorausgegangen waren Recherchen des Magazins „Stern“ über Beziehungen des bislang amtierenden Saar-Landeschefs Josef Dörr und seinem Stellvertreter Lutz Hecker zu Rechtsextremen.

Beide standen demnach im vergangenen Herbst in engem Kontakt zum früheren stellvertretenden rheinland-pfälzischen NPD-Vorsitzenden Sascha Wagner und zu Ulrike Reinhardt, einer Aktivistin der „Pfälzer Spaziergänger“. Diese Gruppierung protestiert gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und wird nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ebenfalls von der NPD dominiert.


„Nicht auf Zuruf von linksliberaler Mainstreampresse reagieren“

Die Saar-AfD will die Entscheidung der Bundesspitze nicht hinnehmen. „Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen“, sagte Dörr am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. „Deshalb haben wir das Bundesschiedsgericht angerufen, um eine aufschiebende Wirkung zu beantragen und natürlich, um der Sache an sich zu widersprechen.“ Bleiben die Einwände erfolglos muss laut Parteiengesetz der nächste Parteitag, der für Ende April geplant ist, die Auflösung bestätigen. Andernfalls tritt die Ordnungsmaßnahme wieder außer Kraft.

Unterstützung für die Saarländer kommt auch von der „Patriotischen Plattform“ in der AfD. In einer über Facebook verbreiteten Mitteilung äußerte der Vorstand der Gruppierung Zweifel, ob die beschlossene Auflösung „gut begründet“ sei. „Die vom Bundesvorstand veröffentlichte Pressemitteilung enthält leider keine Informationen, die eine Auflösung des saarländischen Landesverbandes hinreichend begründen“, schreibt die Plattform, deren Sprecher der Magdeburger AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider ist.

Die Gruppierung stößt sich vor allem daran, dass die AfD-Bundespitze sich auf einen Bericht des „linksliberalen“ Wochenmagazins „Stern“ beziehe, in dem der AfD Saarland Kontakte ins „rechtsradikale Milieu“ unterstellt würden. „Es kann nicht sein, dass der Bundesvorstand auf Zuruf durch die linksliberalen Mainstreampresse reagiert.“ Bei dem besagten Artikel handle es sich um „das übliche Gewebe aus Unterstellungen, Verzerrungen und Kaskaden des Verdachts“, kritisieren Tillschneider und seine Vorstandskollegen.

Der Bundesvorstand solle daher „hinreichende Nachweise“ vorlegen, dass die Entscheidung zur Auflösung des saarländischen Landesverbandes „rechtens und mit den Parteistatuten vereinbar“ sei. „Gleichzeitig sollte dem saarländischen Landesvorstand Gelegenheit gegeben werden, die Vorwürfe öffentlich zu entkräften.“


„Oder unterstützt Höcke etwa Kontakte zu NPD, FBU & Co.?“

Der saarländische AfD-Politiker Mirko Welsch verteidigte hingegen die Entscheidung der Parteispitze und bot der Plattform ein Gespräch dazu an. Wenn die „Patriotische Plattform“ genaues zum Saarland erfahren will, könne sie gerne mit ihm in Kontakt treten. „Ich möchte keine schmutzige Wäsche nach außen tragen“, erklärte Welsch, der auch Bundessprecher der Homosexuellen in der AfD ist, auf "Plattform"-Facebook-Seite. Im Saarland sei leider zu viel passiert. „Dieser Schritt ist allen schwer gefallen. Auch dem Bundesvorstand. Und dafür hat er meinen höchsten Respekt.“

Deutlichere Worte findet Welsch zu der Äußerung Höckes. „Ein Bundesverband löst den Landesverband nicht aus Spaß auf. Ich wünsche mir von Björn Höcke mehr Ernsthaftigkeit. Oder unterstützt er etwa Kontakte zu NPD, FBU & Co.?“, erklärte Welsch auf der Facebook-Seite von Höckes rechter Bewegung „Der Flügel“.

Scharfe Kritik an Höcke äußerte auch Olaf Vieweg, der aus Protest gegen den amtierenden Saar-AfD-Chef Dörr bereits im Januar als Landesgeschäftsführer zurückgetreten war. „Erstmal vor Ort schlau machen hätte eine so sachlich falsche und für die gesamte Partei gefährliche Aussage verhindern können“, schreibt Vieweg auf der „Flügel“-Facebook-Seite. Und Welsch ergänzt: „Warum ruft Björn Höcke nicht mal bei Olaf Vieweg an?“

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