Saarland Die Meinungsforscher lagen wieder daneben

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Koalitionsoptionen - eine komplizierte Sache

Die SPD kann zumindest theoretisch mit Grünen, Linken, FDP und natürlich der Union koalieren - in Kiel, Düsseldorf, auch im Bund. Bislang hat Kanzlerkandidat Schulz nach links geblinkt, was im Saarland nicht gut ankam. Auf Bundesebene wünschen sich viele Bürger - wie an der Saar - die Fortsetzung der großen Koalition, allerdings mit Schulz statt Merkel auf dem Fahrersitz. CDU und CSU haben derzeit weniger Auswahl, eine erstarkende FDP wäre der Union als Partner klar am liebsten. Den Grünen fällt die Entscheidung für Schwarz-Grün oder für Rot-Rot-Grün durch die Saar-Wahl nicht leichter. Die Linke muss im Bund erst einmal intern klären, ob sie mitregieren möchte. Klar ist die Sache nur für die AfD - mit den Rechtspopulisten will keiner.

"Gestern war ein schöner und ermutigender Tag"
Angela Merkel:Die Bundeskanzlerin hat den Erfolg ihrer CDU als Rückenwind bis zur Bundestagswahl im Herbst gewertet. „Der gestrige Tag war ein schöner Tag und damit auch ein ermutigender Tag“, sagte die CDU-Vorsitzende. Auf eine Koalitionsaussage für die Zeit nach der Bundestagswahl im Herbst wollte sich Merkel erwartungsgemäß nicht festlegen: „Ich weigere mich jetzt, irgendwann im März, zu erklären, was im September möglich ist. Das lege ich in die Hand der Wählerinnen und Wähler.“ Egal, ob die Union in einer großen Koalition arbeite oder in einer Regierung wie früher mit der FDP: Immer solle man sich „Mühe geben, eine ordentliche Regierungsarbeit zu leisten und dann zu dieser Regierungsarbeit auch zu stehen“, sagte Merkel. „Mein Credo für die Wahlen heißt: Ich möchte den Menschen gerne vor einer Wahl sagen, dass es ihnen am Ende einer Legislaturperiode besser geht, als es ihnen zu Beginn einer Legislaturperiode ging.“ Quelle: dpa
Annegret Kramp-Karrenbauer Die Siegerin bei der Landtagswahl im Saarland sieht den Erfolgs-Nimbus des SPD-Kanzlerkandidaten angekratzt. „Martin Schulz ist zu schlagen“, sagte sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das mäßige Ergebnis der Sozialdemokraten. Die gewonnene Landtagswahl gebe auch ein klares Signal für die Bundestagswahl. „Die SPD wird von den Menschen nicht uneingeschränkt unterstützt für ihre Pläne für Rot-Rot. Dies ist das wichtigste Signal, das von dieser Wahl ausgeht.“ Kramp-Karrenbauer sagte, das satte Plus für die CDU von 5,5 Prozentpunkten zeige, dass die ihre Partei Wähler „in ihr Lager“ mobilisieren könne. Für die geplante Wiederauflage der großen Koalition sieht sie eine Strukturreform im Saarland als große Aufgabe. Quelle: dpa
Sahra Wagenknecht Quelle: dpa
Anke RehlingerDie saarländische SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger hat die Niederlage ihrer Partei bei der Landtagswahl eingeräumt. „Wir haben das Wahlziel leider nicht erreicht, obwohl wir eine tolle Aufholjagd hatten“, sagte sie am Sonntagabend. Man habe aber auf Sieg, nicht auf Platz gespielt. Die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für eine rot-rotes Bündnis mit der Linke könnte Wählerstimmen gekostet haben. „Durchaus möglich, dass wir dafür auch ein paar Prozentpünktchen haben abgeben müssen“, sagte Rehlinger in der ARD. Bei einer Fortsetzung der großen Koalition dürfte die 40-Jährige Vize-Regierungschefin bleiben. Die frühere Kugelstoßerin hatte mit Kramp-Karrenbauer in der Regierung gut kooperiert und sich dann in dem Frauenduell um Abgrenzung bemüht. Doch nach Umfragen sahen 66 Prozent der Wahlberechtigten das Land von der großen Koalition gut regiert. Quelle: REUTERS
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen:Grünen-Chef Cem Özdemir hat nach dem Scheitern seiner Partei bei der Landtagswahl im Saarland die Bundestagswahl ins Visier genommen. „Heute Abend beginnt auch der Kampf gegen die große Koalition. Denn das Wahlergebnis im Saarland zeigt: Die Alternative zu uns ist eine GroKo“, sagte Özdemir am Sonntagabend. „GroKo heißt Streit, GroKo heißt Stillstand fürs Land. Das Gegenteil von dem, was Deutschland jetzt braucht.“ Das Ergebnis zeige, „dass Stimmungen noch keine Stimmen sind“, sagte Özdemir und ergänzte: „Das gilt für die SPD, das gilt für uns, das gilt für alle. Alles ist offen, wir haben alle Chancen, das jetzt noch zu drehen. Wir werden das drehen.“ Quelle: dpa
Julia Klöckner, Fraktionsvorsitzende der CDU Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz Quelle: dpa
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer „Es ist schon bemerkenswert: Seit Wochen wird immer von diesem Schulz-Effekt geredet, der Schulz-Zug rollt. Ich stelle fest: Der ist heute ordentlich aus den Schienen gesprungen.“ Quelle: dpa

Nächste Ausfahrt: Kiel - und dann Düsseldorf

Bei diesen Wahlen in deutlich größeren Bundesländern muss Schulz, der einstige Linksverteidiger von Rhenania Würselen, zeigen, dass er auf Halten spielen kann. Die SPD führt jeweils eine Regierung mit den Grünen, beide Bastionen muss Schulz sichern, um den SPD-Motor für die Bundestagswahl nicht schon im Mai abzuwürgen. Derzeit thront die SPD von Hannelore Kraft in NRW-Umfragen dank „Schulz-Effekt“ bei 37 bis 40 Prozent und ist damit klarer Favorit, allerdings schwächeln die Grünen. In Kiel ist der SPD-Vorsprung auf die CDU knapper, die Grünen sind aber gegen den Bundestrend weiterhin stark. Es könnte also hier wie dort reichen für Schulz' Traumkoalition.



Meinungsforscher - ziemlich daneben

Bei der Demoskopie ist noch Luft nach oben. Den klaren Sieg der CDU im Saarland hatte keiner auf dem Schirm, auch das mäßige Abschneiden der von Schulz euphorisierten SPD nicht. Zwischen 35 und 37 Prozent wurden Kramp-Karrenbauer von den Instituten zugetraut (vorläufiges amtliches Endergebnis: 40,7). Anke Rehlingers Saar-SPD wurde kurz vor der Wahl bei 32 bis 34 Prozent gesehen (29,6). Bei Linken (12,9), Grünen (4,0), FDP (3,3) und AfD (6,2) lagen die Forscher näher dran.

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