Sammelklagen in Deutschland Maas will zentrales Klageregister für Verbraucher einführen

In den USA sind Sammelklagen Alltag – in Deutschland jedoch müssen sich Verbraucher und Konzerne oft einer Vielzahl von Prozessen stellen, bis jeder zu seinem Recht gekommen ist. Justizminister Maas will das ändern.

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Mit einem zentralen Register will der Justizminister deutschen Verbrauchern die Möglichkeit zur Sammelklage eröffnen. Quelle: dpa

Berlin In die Debatte um Verbraucher-Sammelklagen gegen Unternehmen kommt Bewegung. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat jetzt einen entsprechenden Referentenentwurf in die Ressortabstimmung gegeben. Laut dem Entwurf, der dem Handelsblatt vorliegt, können Verbraucherschutzorganisationen, Handwerkskammern und die IHK zukünftig in Musterprozessen Rechtsfragen von Gerichten klären lassen.

Zentrales Element des Gesetzes ist die Einführung eines beim Bundesamt für Justiz geführten elektronischen Klageregisters für Musterfeststellungsklagen. Darin sollen Informationen zu den jeweiligen Verfahren veröffentlicht werden. Geschädigte Verbraucher können ihre Ansprüche in das Register eintragen. Die Anmeldung bewirkt zwar keine Teilnahme am gerichtlichen Musterfeststellungsverfahren. Sie hat jedoch „verjährungshemmende Wirkung“, wie es in dem Referentenentwurf heißt.

Ein Musterfeststellungsurteil soll demnach auch „Bindungswirkung für nachfolgende Klagen der Betroffenen entfalten können, soweit diese Ansprüche geltend machen oder sich auf Rechte berufen, die von den Feststellungszielen abhängen“. Das Ministerium geht davon aus, dass damit die Wahrscheinlichkeit einer „einvernehmlichen Regelung aufgrund einer erfolgreichen Musterentscheidung“ steige, „insbesondere“, wie im Entwurf betont wird, „als Grundlage für Einigungen der Parteien im Rahmen der außergerichtlichen Streitschlichtung“.

Der SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner wertet den Referentenentwurf als „gute Nachricht“ für alle Verbraucher, die dadurch gerade gegenüber großen Konzernen ihre Rechte viel einfacher durchsetzen könnten. „Auch für Unternehmen ist dies kostengünstig“, sagte Fechner. Denn sie seien nur einem Musterprozess ausgesetzt und nicht vielen Tausenden. „Eine Anwaltsindustrie wie in den USA verhindern wir genau dadurch“, betonte der SPD-Politiker. „Insbesondere würde VW keiner Prozesslawine ausgesetzt, sondern allenfalls einem Musterprozess.“

Laut Fechner sieht der Zeitplan des Justizministeriums für Januar 2017 den Kabinettsbeschluss vor. Schon für nächste Sitzungswoche sein ein Gespräch der zuständigen Rechtspolitiker der Koalitionsfraktionen vorgesehen. „Da die Union ihren erbitterten Widerstand gegen das Gesetz laut einer gestrigen Pressemitteilung aufgegeben hat, bin ich optimistisch, dass die Musterfeststellungsklage noch in dieser Legislaturperiode Gesetz wird“, sagte Fechner.

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