Satire-Affäre um Jan Böhmermann Alles nur erfunden

Bild-Herausgeber Kai Diekmann verunsichert die Netzwelt mit gefälschtem Jan-Böhmermann-Interview. Zahlreche Künstler finden jetzt unterstützende Worte für den Satiriker und dessen Erdogan-Kritik.

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Der angefeindete Satiriker bekommt Unterstützung von prominenten Künstlern. Quelle: Reuters

Berlin Was Satire ist und was nicht, ist in diesen Tagen nicht leicht herauszufinden. Nun verwirrte der Herausgeber der Bild-Zeitung, Kai Diekmann, die Netzwelt mit einem angeblichen Interview, das er mit dem ZDF-Moderator Jan Böhmermann geführt haben soll. Das Interview veröffentlichte er heute Morgen auf seiner Facebook-Seite mit der Ankündigung „Jan Böhmermann bricht sein Schweigen!“ Böhmermann soll über die Affäre um sein Schmähgedicht unter anderem gesagt haben: „Ich habe alles richtig gemacht.“

Nur eine Stunde später wird klar: Alles nur erfunden. Diekmann löste die Verwirrung auf. Der Bild-Herausgeber postete auf seiner Facebook und seiner Twitter-Seite: „Ich sage es mal in den Worten des falschen Böhmermann: „Das ganze Leben ist Satire. Man muss sie nur erkennen!“ Der Axel Springer Verlag teilte zu Diekmanns Aktion mit: „Kai Diekmann hat eben einen Kommentar zu seinem Facebookpost heute Morgen getwittert. Wir haben darüber hinaus nichts hinzuzufügen.“

Böhmermann hatte sich zuletzt aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die Produktionsfirma btf GmbH hatte am Dienstag die kommende Sendung „Neo Magazin Royale“ abgesagt. Der Grund dafür sein „massiver öffentlicher Druck“. Mittlerweile steht der Böhmermann unter Polizeischutz.

Böhmermann hatte den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan in einem Gedicht beleidigt, das er in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ als „Schmähkritik“ angekündigt hatte. Die Türkei hatte anschließend die Bundesregierung ersucht nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch gegen den Satiriker vorzugehen. Darin ist die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter unter Strafe gestellt. Voraussetzung dafür ist jedoch die Zustimmung der Bundesregierung. Die Entscheidung dazu soll in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden. Parallel dazu hatte Erdogan am Montag in Mainz als Privatperson einen Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Der Antrag kann unabhängig von der Entscheidung in Berlin über das Strafverlangen der Türkei weiterverfolgt werden.

Mittlerweile solidarisieren sich immer mehr Künstler mit dem ZDF-Satiriker. In einem offenen Brief, den die Wochenzeitung „Die Zeit“ am Donnerstag in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht, finden zahlreiche Künstler unterstützende Worte. Zu den Unterzeichnern zählen unter anderem Thea Dorn, Klaas Heufer-Umlauf, Igor Levit, Jan Josef Liefers, Peter Lohmeyer und Katja Riemann. Sie fordern die Staatsanwaltschaft Mainz auf, ihre Ermittlungen unverzüglich einzustellen. „Diskussionen über und Kritik an Jan Böhmermanns Erdoğan-Gedicht gehören in die Feuilletons des Landes und nicht in einen Mainzer Gerichtssaal“, schreiben sie. Es sei die Aufgabe von Kunst und Satire, öffentliche Diskurse zu entfachen. Die Künstler fordern zudem, den Paragrafen 103 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

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