Schleswig-Holstein Wahlkämpfer versprechen Wohlstand durch Windräder

Die Spitzenkandidaten von CDU und SPD überbieten sich im Lob auf die erneuerbaren Energien. Dabei hat die Landespolitik manche Weichenstellungen der Energiewende verschlafen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Arge-Netz-Geschäftsführer Reinhard Christiansen Quelle: Timmo Schreiber für WirtschaftsWoche

Schön sind sie nicht, die Riesen auf dem Acker. Die Windmühlen gehören in Orten, die Ellhöft, Humptrup oder Klixbüll heißen, aber zum Geschäft. Reinhard Christiansen ist der oberste Windmüller und Vorbild für viele im wirtschaftlich eher schwachen Nordfriesland, das einen weiten Himmel hat und viel Wind. Den ernten Christiansen und seine Mitstreiter von der Arge Netz, einem Verbund von knapp 200 Bürger-Windparks in Schleswig-Holstein.

Das Erfolgsrezept des brummig-freundlichen Bartträgers: Mit Bürger-Windparks werden diejenigen zu Teilhabern und Nutznießern der Energiewende, die etwas gegen Rotor-Kolosse haben könnten – weil die ihnen die schöne Sicht verbauen oder die Felder beeinträchtigen.

Leistungsfähige Leitungen fehlen

Doch der Ausbau stockt. Strom ist da, oft im Überfluss, aber immer wieder sind die Leitungen überlastet, und Windräder stehen bei steifester Brise still. Die Ware Wind kommt nicht vom Acker. „Es dümpelt alles vor sich hin“, poltert Christiansen.

Die Windmüller spüren den größten Mangel der Energiewende: Es fehlt an leistungsfähigen Leitungen zur Industrie in den südlicheren Bundesländern. Doch dem nordwestdeutschen Netzbetreiber Tennet fehlt Geld für die Milliardeninvestition. Die Netzgesellschaften pokern derzeit um Kredite oder gar eine Beteiligung der bundeseigenen KfW Bankengruppe.

Ein exklusives Ranking der WirtschaftsWoche zeigt, welche Bundesländer bei der Energiewende am weitesten sind und wo die Schwächen der Verlierer liegen.

Weil es klemmt, ist Christiansen in die Messehalle in Husum gereist, wo sich die Spitzenkandidaten der Parteien zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein präsentieren. Egal, ob Wirtschaftsminister Jost de Jager von der CDU oder der Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig von der SPD – beide Anwärter aufs Amt des Ministerpräsidenten überbieten sich mit Lob auf die erneuerbaren Energien.

Schuld hat de Bundesregierung

Der eher spröde de Jager schwärmt: „Die Energiewende ist die Riesenchance für Schleswig-Holstein.“ Womöglich könnte das Land schon 2015 und nicht erst wie geplant 2020 mehr Energie aus Wind, Sonne und Biomasse ziehen, als es selbst braucht, verheißt er – „wenn der Leitungsbau vorangeht“. Konkurrent Albig will die Heimat zum wohlhabenden Energieexporteur machen: „Wir haben das Potenzial zu werden wie das Ruhrgebiet in der Mitte des letzten Jahrhunderts.“ Doch auch ein Scheitern sei möglich. Ja, das Stromnetz sei noch mangelhaft.

Doch mit konkreten Lösungen und unangenehmen Entscheidungen zur Finanzierung und zum Verlauf der Stromtrassen an Ortschaften vorbei tun sich beide großen Parteien schwer. Der Bund sei verantwortlich für vieles, was nicht recht laufe, die Netzbetreiber nicht im Zeitplan. Sowohl Albig als auch de Jager kritteln an der Bundesregierung herum, die die Förderung der erneuerbaren Energien zurückschraubt, weil der enorme Zubau an Solaranlagen (auch in Schleswig-Holstein) den Strom für die Allgemeinheit verteuert. Solche Kritik an Berlin hören sie hier gerne, auch an der stürmischen Küste sind reihenweise Solarpaneele zu sehen.

Pläne für erneuerbare Energien

Torsten Albig (rechts) und Jost de Jager Quelle: dpa

Unangenehme Botschaften scheut Robert Habeck von den Grünen weniger. Der Schriftsteller und Spitzenkandidat sagt als Einziger, wie es aus seiner Sicht mit dem Netzausbau schneller gehen könnte: „Wenn Tennet nicht genug Geld hat, muss man im Hinterkopf haben, dass es unter anderer Regie, etwa durch den Staat, gemacht wird.“ Das kommt in der Ökoszene an, weniger bei Minister de Jager.

Das Umgarnen der Ökos

Trotz solcher Differenzen umgarnen SPD und CDU den Grünen-Kandidaten. „Ich habe Herrn Habeck nichts hinzuzufügen“, lobt de Jager mehr als einmal. Und schmeißt sich ran an die Ökopartei: „Eine grüne Krawatte habe ich auch.“

Bisher regiert die Union mit der FDP, deren Spitzenmann Wolfgang Kubicki dagegen kämpft gegen den inner- und außerparlamentarischen Untergang. Zuletzt lag die SPD bei den Wählern im Norden mit 32 Prozent gleichauf mit der CDU. Die Grünen kamen auf zwölf Prozent, die Piraten auf elf. FDP und Linke würden nach den Umfragen nicht in den Kieler Landtag einziehen.

Die größten Anlagenbauer
NordexNach zwei verlustreichen Jahren und vielen Einsparungen lief es 2013 für Nordex wieder besser. Der Windturbinenbauer kehrte in die Gewinnzone zurück. In der Vergangenheit trennte sich Nordex unter anderem verlustreichen Produktionsstätten in den USA und China und konzentrierte sich ganz auf den Bau von Onshore-Anlagen. Mit der Strategie konnte das Unternehmen in Deutschland Marktanteile gewinnen. 2012 kam Nordex auf 3,5 Prozent, 2013 waren es im On- und Offshore-Bereich zusammen bereits sieben Prozent. Auch die Aussichten sind gut: Für 2014 rechnet der Vorstand mit neue Aufträge im Umfang von 1,6 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Siemens WindenergiesparteSiemens ist Weltmarktführer bei Offshore-Windrädern und dominiert auch in Deutschland diesen Bereich. Hierzulande kommt das Unternehmen in dem Segment auf 52,1 Prozent Marktanteil. Im On- und Offshore-Bereichen zusammen hatte Siemens Wind Power 2013 einen Anteil von 9,8 Prozent und liegt damit auf Platz vier. Nach dem Verkauf der gefloppten Solarsparte will sich Siemens künftig noch mehr auf die Energie aus Wind und Wasser zu konzentrieren. Das Geschäft lief zuletzt insbesondere im Ausland gut. Im Dezember 2013 erhielt das Unternehmen mehrere Großaufträge in den USA. In Deutschland gibt es aber auch Probleme: Bei der Anbindung von vier Offshore-Windparks in der Nordsee liegt Siemens dem Zeitplan um mehr als ein Jahr hinterher. Die Verzögerungen sollen Siemens bereits mehr als 600 Millionen Euro gekostet haben. Quelle: dpa
SenvionDas Hamburger Unternehmen Senvion (ehemals Repower ) ist eine Tochter des indischen Windkraftkonzerns Suzlon. Wie Nordex ist es auch dem Hamburger Unternehmen gelungen, Marktanteile zu gewinnen. 2013 installierte Senvion Anlagen mit rund 484 Megawatt und nun einen Markanteil von insgesamt 13,5 Prozent. Im Onshore-Bereich sind es sogar 16,2 Prozent. Das sind drei Prozent mehr als im Jahr zuvor. In Deutschland hat das Unternehmen nach eigenen Angaben nun eine Gesamtleistung von 2,8 Gigawatt installiert. Im März 2014 hat Senvion die Schwelle von 10 Gigawatt weltweit installierter Leistung überschritten. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen allerdings auch mit deutlichen Umsatzrückgängen zu kämpfen. Quelle: dpa
VestasDer weltgrößte Windturbinenhersteller Vestas hatte in Deutschland 2013 einen Marktanteil von 16,7 Prozent (Onshore 20 Prozent). Damit hat der Anlagenbauer zwar rund sechs Prozent an die kleineren Mitbewerber verloren, liegt aber weiterhin klar auf Platz zwei. Allein 2013 stellte das dänische Unternehmen Anlagen mit einer Leistung von 598,9 Megawatt in Deutschland auf. Wirtschaftlich ist Vestas offenbar auf einem guten Weg: Nach massiven Sparmaßnahmen in den Vorjahren hat das Unternehmen im letzten Quartal 2013 erstmals seit Mitte 2011 wieder einen Gewinn erwirtschaftet. Der Jahresverlust lag bei 82 Millionen Euro, nach 963 Millionen Euro 2012. Quelle: ZB
EnerconDas vom Windpionier Aloys Wobben gegründete Unternehmen ist unangefochtener Marktführer in Deutschland bei Anlagen auf dem Festland (49,6 Prozent Marktanteil). Onshore-Anlagen mit einer Leistung von 1.484,6 Megawatt hat Enercon allein 2013 aufgestellt. Auf dem Gesamtmarkt musste der Windanlagenbauer allerdings Verluste hinnehmen. Lag der Markanteil 2012 bei 54,3 Prozent, betrug er zuletzt noch bei 41,4 Prozent. Weltweit hat das Unternehmen mittlerweile mehr als 20.000 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 28 Gigawatt installiert. Laut den Wirtschaftsforscher von Globaldata liegt Enercon im globalen Vergleich damit auf Platz. Geschlagen werden die Ostfriesen von der dänische Konkurrenz Vestas. Quelle: dpa

Christiansen hält manches auf dem Husumer Podium für heiße Luft. Er prescht mit seiner Idee vor, das Modell seiner Produktionsgenossenschaften auf Stromleitungen zu übertragen. „Dann müssen eben Bürger-Energienetze her“, fordert der Friese. Sollen seine Landsleute doch bei den neuen Stromautobahnen als Klein-Kapitalisten einsteigen.

Außerdem will die Arge Netz dort, wo die neue Stromautobahn verlaufen soll, mit den Eignern der Flächen verhandeln. „Wenn wir Tennet und E.On Netz die Eigner der betroffenen Flächen nennen können, geht alles schneller“, hofft Christiansen. Doch so viel wie ein Bauer bekommt, wenn ein Rotor auf seinem Land gebaut wird, fällt als Entschädigung beim Bau eines Strommasten nicht ab. Netzbetreiber Tennet verweist darauf, dass die Bundesnetzagentur höhere Vergütungen nicht akzeptiere.

Mittelmäßiges Schleswig-Holstein

Doch Schleswig-Holstein ist nicht nur wegen des Engpasses im Netz bei der Energiewende mittelmäßig im Vergleich zu anderen Bundesländern. Zwar produziert es Unmengen an Windstrom und zunehmend auch aus Biomasse sowie Solarkollektoren, doch steht im Norden noch der älteste fossile Kraftwerkspark.

Küstennachbar Mecklenburg-Vorpommern hat zudem vorgemacht, wie schnell Genehmigungsverfahren gehen. Die Stromtrasse von Hamburg nach Schwerin etwa endete bislang an der Landesgrenze, weil in Schleswig-Holstein die Planungen stocken. 2010 hätte alles fertig sein sollen, schon vor der hastigen Energiewende nach Fukushima.

Grüne Friesländer

Gut gerüstete Versorger
Welche Versorger seit der Energiewende umdenkenPlatz 10: VattenfallDie Studie der European School of Management (ESMT) analysiert, wie führende europäische Energiekonzerne mit den Herausforderungen der Energiewende umgehen. Der von der Bundesregierung beschlossene Atomausstieg setzt deutsche Unternehmen besonders unter Druck. Gleichwohl ist die gesamte Branche betroffen, denn - so das Ziel der EU - ganz Europa soll umsteigen auf eine nachhaltige, kohlendioxidarme Stromerzeugung. In der Studie wurden die Forschungsaktivitäten der Unternehmen, aber auch Produktivität und Nachhaltigkeit bewertet. Auf Platz 10 im Innovationsindex schafft es der schwedische Konzern Vattenfall. Für Wachstum im Konzern soll zukünftig grüne Energie sorgen. Noch stützen sich die Aktivitäten in Deutschland aber stark auf den Braunkohletagebau. Das Bild zeigt einen Schaufelradbagger im südbrandenburgischen Welzow. Quelle: dpa
Platz 9: EonNachdem sie jahrelang vernachlässigt wurden, rücken die Erneuerbaren Energien immer stärker in den Fokus der deutschen Stromriesen. Nicht der Großkraftwerksbau, sondern Windparks in Nord- und Ostsee oder Photovoltaik-Anlagen im Süden, Geothermie oder Biomasseanlagen gelten als die Geschäftsfelder der Zukunft. Alle 18 Monate, versprach Eon-Konzernchef Johannes Teyssen unlängst, werde das Unternehmen künftig einen neuen Windpark anfahren. Eine Summe von mindestens 7 Milliarden Euro wollen die Düsseldorfer in den kommenden sieben Jahren in Erneuerbare stecken. Ein Projekt ist der Windpark Amrumbank West, wo in drei Jahren 80 Turbinen Windstrom für 300.000 Haushalte produzieren sollen. Im Innovationsindex landet Eon auf Platz neun. Quelle: dpa
Platz 8: EnelDer italienische Energieriese Enel ist mit einem Umsatz von 72 Milliarden Euro der drittgrößte europäische Versorger hinter Eon und GDF Suez, aber noch vor Electricité de France. Vor vier Jahren gelang es Enel den damals größten spanischen Versorger Endesa zu übernehmen, obwohl sich auch Eon monatelang um diesen bemüht hatte. Seitdem hat Enel ein starkes Standbein in Spanien, ebenso in Südamerika. In der Studie schafft es Enel immerhin auf den achten Platz. Quelle: dpa
Platz 7: StatkraftDer norwegische Konzern Statkraft ist der europaweit größte Erzeuger erneuerbarer Energien - und landet im Ranking auf Platz sieben. Der Konzern baut und betreibt Wasser-, Wind-, Gas- und Fernwärmekraftwerke und beschäftigt 3.300 Mitarbeiter in über 20 Ländern. Statkraft betreibt allein in Deutschland zehn Wasserkraftwerke. Das Bild zeigt die Alltwalis Windfarm in Wales.
Platz 6: DongIm Innovationsindex landet der dänische Energieversorger Dong auf Platz sechs. Das Unternehmen betreibt einige der größten Windparks in der Nordsee. Der auf dem Bild gezeigte Windpark - 30 Kilometer westlich von Jütland gelegen - besteht als 91 Windturbinen (Kapazität: 209 Megawatt). Auch vor der deutschen Küste ist Dong aktiv: Das Unternehmen plant für eine Investitionssumme von 1,25 Milliarden Euro den Bau eines Offshore-Windparks vor Borkum. Die Gesamtkapazität soll bei 320 Megawatt liegen; die Strommenge würde ab 2014 den Bedarf von etwa 330.000 Haushalten decken. Quelle: ap
Platz 5: EDPAlle in der Studie untersuchten Energiekonzerne haben die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den vergangenen Jahren stark angehoben - insgesamt um mehr als 40 Prozent. Der portugiesische Stromerzeuger EDP ist in diesem Bereich besonders stark - und landet in der Rangliste der innovativsten europäischen Versorger auf Platz fünf. Doch nicht nur deshalb standen die Bieter Schlange, als der schuldengeplagte Staat seinen 21-Prozent-Anteil an EDP (Energias de Portugal) im November 2011 verkaufte. Mit dem Einstieg bei EDP ist auch der Vorstoß auf den brasilianischen Markt verbunden, wo der portugiesische Konzern stark vertreten ist. Am Ende erhielt der chinesische Investor „China Three Gorges Cooporation“ für 2,69 Milliarden Euro den Zuschlag. Eon ging leer aus. Quelle: Reuters
Platz 4: GDF-Suez Die Grande Nation setzt nur auf Atomkraft? Nein, nicht mehr. In Reihen der französischen Energie-Manager hat ein Umdenken eingesetzt, auch wenn der Vorstandschef von GDF-Suez, Gerard Mestrallet (Bild), den Jahresgewinn von 17 Milliarden Euro noch auf traditionellem Weg eingefahren hat. Derzeit nimmt Frankreichs erster Windpark auf See Gestalt an. GDF Suez bewirbt sich für den Standort vor dem bretonischen Ferienort Saint Brieuc, wo bis zu 500 Megawatt Energie erzeugt werden sollen. Insgesamt sollen nach Angaben der Regierung durch das Zehn-Milliarden-Euro-Projekt vor der französischen Küste bis zu 600 Windräder entstehen, die bis 2015 zusammen drei Gigawatt Strom erzeugen sollen - etwa so viel wie drei Atomkraftwerke. Bis 2020 sind sogar 1200 Windräder mit einer Produktion von sechs Gigawatt geplant. GDF-Suez will kräftig mitmischen und kommt im Innovationsindex auf Platz vier. Quelle: dpa

Vieles spricht dafür, dass eher Bürokratie und Kompetenzgerangel der Länder für den schleppenden Umbau verantwortlich sind. An den Bürgern in Friesland wird es kaum scheitern, sie haben schon Biogasanlagen in nächster Nähe, Solarparks auf dem Acker und Windräder in Sichtweite.

Bestes Beispiel ist Karen Hansen, ehrenamtliche Bürgermeisterin des Dorfes Horstedt bei Husum. Die resolute Biologin und Planerin im Ingenieurbüro ihres Mannes ist seit 40 Jahren gegen Atomkraft. Da müsse sie „ja nun ordentlich mitmachen“ beim Umbau, auch wenn der für ihr 750-Seelen-Dorf durchaus Nachteile bringt. Bisher überwiegen aber die Vorteile: Mehr als die Hälfte der Dörfler sind Mitinhaber der sechs Windräder in Ortsnähe, viele haben in Solarpaneele, andere in Biogasanlagen investiert. Der überwiegende Teil der Gewerbesteuereinnahmen von Horstedt stammt von den Strommühlen. Deshalb beschwert sich Hansen vor versammelter Politprominenz in Husum, dass ihre Gegend nun als Teil des „charakteristischen Landschaftsbildes“ eingestuft werde – weitere Windräder sind dann unmöglich. Das will sie nicht hinnehmen.

Strom surrt Tag und Nacht

Sicher ist, dass dort, wo die großen Windräder stehen, auch Höchstspannungsleitungen an Horstedt vorbeiführen sollen. „Bei feuchter Luft hört man da den Strom surren – Tag und Nacht“, sagt Hansen voraus. Auch ein Umspannwerk rückt den Horstedtern auf die Pelle. „Bislang ist das westlich und recht nah des Ortes geplant. Auch da trägt der Westwind fast alles herüber.“ Zuletzt waren die Netzbauer von Tennet vor Ort und haben mit Karen Hansen besprochen, ob etwas mehr Abstand zum Dorf einzuhalten geht. „Genau genommen sind wir Opfer unseres Erfolges“, urteilt die 57-jährige Bürgermeisterin. Weil die Friesen so viel Wind ernten, folgen eben Leitungen und Verteilerstation. „Man kann nicht sagen, dass man fünf Tage die Woche die Autobahn vor der Tür möchte, aber am Wochenende soll es, bitte schön, ruhig sein.“ Mit dieser Parole hofft Hansen, dem Widerwillen mancher Dörfler zu begegnen. Auch sie sieht aber weniger ihre Nachbarn und eher die Politiker als Bremser.

Das wollen die Wahlkämpfer so nicht betrachten. CDU-Spitzenkandidat de Jager favorisiert, dass nicht nur anderthalb Prozent der Fläche Schleswig-Holsteins, sondern bald sogar zwei Prozent für Windanlagen ausgewiesen werden können. SPD-Spitzenmann Albig will den Windmüllern vor allem beim Ersatz bisheriger Anlagen durch höhere und leistungsstärkere zur Seite stehen. Die sind allerdings lauter und müssen auch besser für Flugzeuge sichtbar gemacht werden. Mit roten Lampen, wie Genosse Albig stolz vermeldet. Doch de Jager will ebenso beim Publikum punkten, das sich an den Möglichkeiten der neuen Energien berauscht. Er kontert: „Tja, wir konnten uns leider mit schwarzen Leuchten nicht durchsetzen.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%