Schulz und die neue SPD Die SPD hat in der Markenarbeit versagt

Nach der verlorenen Bundestagswahl wollen die SPD und ihr Vorsitzender Martin Schulz alles anders, alles besser machen. Doch längst ist die Sozialdemokratie als Politmarke, was Maggi für die Küche ist.

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Martin Schulz Quelle: dpa

Sollte Martin Schulz in den vergangen Wochen seit dem Wahldesaster Kraft und Zuversicht getankt haben, dann verbirgt er beides meisterlich. Müde, ermattet, irgendwie lustlos steht er an diesem Montag vor der Stellwand im Berliner Willy-Brandt-Haus, die in geradezu knallendem Rot gegen die Schulz-Tristesse anleuchtet.

Schulz will den Entwurf für den Leitantrag zum Bundesparteitag Anfang Dezember vorstellen. Es geht darin viel um Lehren aus dem Bundestagsdebakel, um ein neues Selbstverständnis der SPD, mehr Einfluss der Basis, man findet darin Worte wie „Leidenschaft“ und „Begeisterung“. Nur: Beim Vorsitzenden selbst ist davon wenig zu sehen. Schulz wirkt wie der mäßig motivierte Vertreter einer ramponierten Marke, der immer noch rätselt, warum die Kunden ihm dauernd die Tür vor der Nase zuschlagen. Man will doch eigentlich nur das Beste, sieht das denn keiner?

Die SPD, so muss man es wohl sagen, ist wie ein Fläschchen Maggi. Nahezu jeder hat es schon mal gekauft, die meisten finden den Geschmack gar nicht mal schlecht und im Gewürzschrank  gehört es irgendwie dazu. Aber wenn man ehrlich ist, geht auch keine Welt unter, wenn man es beim Einkauf vergessen hat. Der einst so stolzen Sozialdemokratie, 154 Jahre alt, fehlt es an Würze, die über banale Alltäglichkeit hinausgeht.

„Es ist uns zu wenig gelungen, aus unserem vorhandenen, großen programmatischen Schatz eine Politik aus einem Guss zu formulieren. “  So heißt es selbstkritisch im Leitantrag.  „Die SPD darf nicht von einer Programmpartei zu einer Spiegelstrichpartei werden.“ Und noch einmal, an anderer Stelle: „Es fehlt die übergeordnete programmatische Klammer.“

Klingt, als habe die Partei verstanden. Man muss so eine Analyse jedoch in Maggi-Deutsch übersetzen, um in aller Drastik zu verstehen, wie viel in der Vergangenheit falsch gelaufen ist. Übertragen heißt die Passage nämlich so viel wie: Wir haben so lange und intensiv mit der Formulierung der Inhaltsangabe gerungen, dass wir darüber leider vergessen haben, noch ein hübsches Logo und einen sympathischen Werbespot zu produzieren.

Darf solch ein Marketing-Fehler jemandem passieren, der einen neuen Markt erobern will? Noch viel schmerzlicher aus Sich der Genossen ist dabei, dass die Werbegurus der Kanzlerin längst ihrerseits offen eingestanden haben, das Politprodukt Angela Merkel ganz schlecht verkauft zu haben. Jung von Matt, der Branchenprimus, hat also geschwächelt. Aber die SPD? Hat in ihrer Markenarbeit schlicht versagt.

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