Seehofer über Merkel Keine Wende in der Flüchtlingspolitik

Nachdem Bundeskanzlerin Merkel Fehler bei der Flüchtlingspolitik eingestanden hat, erkennt CSU-Chef Horst Seehofer trotzdem keinen Umschwung in der Flüchtlingspolitik. Er fordert Taten

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Horst Seehofer sieht nach Merkels Selbstkritik keine Wende in ihrer Flüchtlingspolitik. Quelle: dpa

CSU-Chef Horst Seehofer hat die neuen, selbstkritischen Töne von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingspolitik begrüßt, sieht darin aber keinen Kursschwenk. Manches sei bemerkenswert, manches erfreulich, es sei aber nicht die Wende, sagte Seehofer am Dienstag nach Teilnehmerangaben auf einer CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz - gefolgt von Beifall. Es brauche auch keine Wende in der Erklärung der Politik, sondern in der Politik. Deshalb seien noch dicke Bretter zu bohren.

Zugleich bekräftigte Seehofer demnach, dass eine Einladung Merkels zum CSU-Parteitag im November nur Sinn habe, wenn es vorher eine Verständigung zwischen CDU und CSU gebe. Eine solche Einigung sei möglich, aber nicht garantiert. Er selbst werde auch alles Menschenmögliche dafür tun. Die CSU wolle die Verständigung, aber „nicht um den Preis der politischen Offenbarung“, betonte Seehofer. Hauptstreitpunkt ist, dass die CSU eine Obergrenze für neu eintreffende Flüchtlinge fordert und Merkel dies strikt ablehnt.
Merkel selbst äußerte sich am Dienstag aber zuversichtlich, dass sich CDU und CSU wieder zusammenraufen werden. „Es sollte gelingen, die Brücken zu vollenden“, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben bei einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Sie geht demnach davon aus, dass die Schwesterparteien „tragfähige Lösungen“ finden werden.

Warum Merkel jetzt Fehler eingesteht

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt ließ eine Kompromissmöglichkeit erkennen. Sie verstehe die von Seehofer geforderte Obergrenze nicht so, dass der Erste, der nach 200 000 Flüchtlingen ankomme, nicht mehr ins Land dürfe. Es gehe um eine „Richtgröße“, eine „Orientierungsgröße“. Ob es dabei eine Formulierung mit der Zahl 200 000 oder ohne diese Zahl gebe, werde man sehen, sagte Hasselfeldt. Diese Größenordnung jedenfalls könne Deutschland nach allen Erfahrungen verkraften. Das im Grundgesetz in Artikel 16a verankerte Asylrecht müsse dafür nicht geändert werden.

Hasselfeldt sagte: „Auf beiden Seiten ist das deutliche Bemühen erkennbar, die vorhandenen Unstimmigkeiten auch zu beseitigen.“ Das Ziel, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, vereine beide Parteien. Das beteuerte auch Unionsfraktions-Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU): „Der Wunsch besteht in beiden Parteien, sich endlich wieder zu einigen.“ Seiner Ansicht nach könnte sich der Streit bald von allein lösen, weil die Zahl der neu ankommenden Menschen zurückgehe. Das mache die Debatte überflüssig, sagte er.

Merkel hatte am Montag unter dem Druck der schweren CDU-Niederlagen in Berlin und zuvor in Mecklenburg-Vorpommern Fehler eingestanden. So sei der Flüchtlingszuzug 2015 vorübergehend außer Kontrolle geraten.

Der CSU-Vize und Bundesagrarminister Christian Schmidt sagte der Deutschen Presse-Agentur über Merkels Pressekonferenz: „Das halte ich für einen hochrespektablen Akt.“ Bayerns Finanzminister Markus Söder lobte: „Ein Kurswechsel kündigt sich an. Die Aussagen der Kanzlerin sind schon beachtlich. Das ist ein richtiger Ansatz.“ In der „Welt“ (Dienstag) fügte er hinzu: „Aber natürlich müssen den Worten Taten folgen.“ Die von Merkel erneut abgelehnte CSU-Forderung nach einer Obergrenze für den Flüchtlingszuzug sei nicht verhandelbar.

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