Sicherheit im öffentlichen Raum Der Preis der Freiheit

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Hundertprozentige Sicherheit kann niemand garantieren

Außerdem hat die Bahn angekündigt, bis 2023 rund 85 Millionen Euro in den Ausbau der Videoüberwachung zu investieren. Derzeit übertragen etwa 5000 Kameras an 700 Bahnhöfen und 27.000 Kameras in S-Bahnen und Regionalzügen der Deutschen Bahn die Bilder ins Lagezentrum des Unternehmens.

So werden 80 Prozent der Fahrgastströme überwacht, heißt es. Bis 2023 solle die Technik entsprechend modernisiert werden. Künftig werde auch der Einsatz von Körperkameras, die Sicherheitskräfte an ihrer Uniform tragen, flächendeckend eingesetzt.

Doch der gestrige Anschlag mache eine Neubewertung des Sicherheitskonzeptes nicht notwendig, erfuhr die WirtschaftsWoche aus Unternehmenskreisen. Man stehe weiterhin im engen Kontakt mit den Behörden. Die Polizei sei weiterhin für die Sicherheit der Bahnlangen zuständig. Die Bahn unterstütze die Maßnahmen mit eigenen Leuten. Aber hundertprozentige Sicherheit könne keiner garantieren.  Es gebe „keinen Paradigmenwechsel“, so ein Insider.

Deutschland muss sich wohl daran gewöhnen, dass Attentate ein Stück zu den Alltagssorgen der Bürger gehören werden. Die leicht zugänglichen Bahnhöfe und Züge können jederzeit als Anschlagsziele genutzt werden: Schon 2004 starben bei Bombenanschlägen auf Pendlerzüge in Madrid 191 Menschen, rund 1500 werden verletzt. Ein Jahr später trafen Anschläge die Londoner U-Bahn. Im Kölner Hauptbahnhof wurden 2006 in zwei Zügen Bomben gefunden, die wegen eines technischen Fehlers nicht explodierten. 2013 kamen bei Selbstmordanschlägen in der russischen Stadt Wolgograd 34 Menschen im Bahnhof und in einem Bus ums Leben.



Doch Überwachungen wie am Flughafen sind im öffentlichen Raum und in Zügen undenkbar. Zwar wurden in Paris im Dezember 2015 auf zwei Bahnsteigen des Nordbahnhofs Sicherheitsschleusen für Thalys-Passagiere errichtet – als Reaktion auf den vier Monate zuvor vereitelten Anschlag in einem Thalys-Zug. Auf den Bahnsteigen wurde das Gepäck durch Röntgengeräte und Metalldetektoren kontrolliert.

Auch beim Eurostar gibt es Sicherheitskontrollen von Passagieren und Gepäck. Doch ist das ein Modell für Deutschland? Angesichts von täglich fast 30 Millionen Passagieren in Bussen und Bahnen ist lückenlose Kontrolle schlicht unmöglich.

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