Sicherheitstest Bundesländer wollen alle Alt-AKW abschalten

Die sieben ältesten Atomkraftwerke stehen in fünf Bundesländern - und die wollen jetzt "klare Verhältnisse". Die Regierung solle dafür sorgen, dass alle älteren Meiler vom Netz gehen, so die Forderung.

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Greenpeace protestiert schon seit Jahren vor dem Atomkraftwerk in Philippsburg, hier 2009:

Die Bundesländer sehen nach den Sicherheitstests für Atomkraftwerke die sieben Altreaktoren vor dem endgültigen Aus. Nun sei die Bundesregierung am Zug, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, hieß es am Mittwoch in den fünf Bundesländern, wo die vor 1981 in Betrieb gegangenen Meiler stehen. "Der Bund muss nach dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission nun rasch für klare Verhältnisse sorgen", sagte der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU). Niedersachsen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) forderte, es sollten alle AKW so schnell wie möglich abgeschaltet werden.

Der Bund hatte nach der Fukushima-Katastrophe angeordnet, die sieben ältesten Meiler bis Mitte Juni vom Netz zu nehmen. Die Reaktorsicherheitskommission hatte ihren Bericht zur Sicherheit aller 17 AKW am Dienstag vorgelegt. Auf seiner Grundlage will das Bundeskabinett voraussichtlich am 6. Juni über die Zukunft der Atomenergie entscheiden. Der Bund ist für die Gesetzgebung über die Atomenergienutzung zuständig, die Länder für die Atomaufsicht.

Söder sagte der Zeitung "Die Welt", das bayerische Atomkraftwerk Isar I sollte dauerhaft vom Netz bleiben. "Aber wird brauchen dazu eine Rechtsgrundlage, damit die alten Kernkraftwerke nicht mehr ans Netz gehen." Auch Sander bekräftigte im Deutschlandfunk, das 1979 an Netz gegangene AKW Unterweser sollte abschaltet bleiben. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, aus dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission folge, dass es nicht so bleiben könne wie es sei. Für das dauerhafte Aus von Biblis A und Biblis B seien aber Rechtsgrundlagen notwendig.

Die neue baden-württembergische Landesregierung geht davon aus, dass das AKW Philippsburg I abgeschaltet bleibt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat bereits erklärt, dass auch die neueren AKW Neckarwestheim II und Philippsburg II nach und nach vom Netz gehen sollten. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte, die Atomaufsicht werde beide AKW umfassend nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik prüfen. Das AKW Neckarwestheim I soll nach Angaben seines Betreibers EnBW ohnehin nicht wieder angefahren werden.

Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos) bekräftigte, das AKW Brunsbüttel solle für immer abgeschaltet bleiben. Die Entscheidung treffe aber die Bundesregierung, sagte er im NDR. Ein Aus für alle AKW werde allerdings noch auf sich warten lassen: "Die neueren AKWs mit höheren Schutzstandards werden bestimmt noch einige Jahre laufen." Sein niedersächsischer Ministerkollege Sander sagte, vor 2021 sei ein totaler Ausstieg wohl nicht zu erreichen. Auch der Baden-Württemberger Kretschmann hatte erklärt, um das Jahr 2020 herum könnten alle AKW vom Netz gehen.

Nach den Sicherheitstests hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen ein Aus für die ältesten deutschen AKW angedeutet. Zwar habe die Überprüfung der Reaktorsicherheitskommission keinen Grund für einen sofortigen Komplett-Ausstieg aus der Atomkraft ergeben. Allerdings sei der Schutz vor Abstürzen großer Flugzeuge und teilweise auch kleiner bei den Alt-Meilern nicht gegeben, sagte der CDU-Politiker.

Nach einer Forsa-Umfrage für die Illustrierte "Stern" halten zwei von drei Bundesbürger die Wende von Kanzlerin Angela Merkel in der Atompolitik für unglaubwürdig. Selbst 43 Prozent der Unionsanhänger und sogar 76 Prozent der FDP-Anhänger haben Zweifel an der Kehrtwende in der Energiepolitik. Merkel hatte erst im Herbst eine Laufzeitenverlängerung für AKW durchgesetzt, die sie nach der Reaktorkatastrophe in Japan für drei Monate aussetzte. In dieser Zeit soll ein neuer energiepolitischer Kurs erarbeitet werden.

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