Sigmar Gabriel „Deutschland lohnt sich!“

SPD-Chef Sigmar Gabriel diskutiert mit einer Willkommensklasse für Flüchtlinge in Berlin-Kreuzberg. Dabei muss der Vizekanzler einigen Jugendlichen klar machen, dass sie Deutschland verlassen müssen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Bundeswirtschaftsminister Gabriel (M.) hat am Montag eine Schule in Berlin-Kreuzberg besucht. Quelle: dpa

Berlin „Also, alles Gute! Deutschland lohnt sich!“, ruft Sigmar Gabriel den Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Libyen, Albanien und dem Kosovo zu. Die letzte halbe Stunde hat der SPD-Chef rittlings auf einem Stuhl im Klassenzimmer eines Oberstufenzentrums in Berlin-Kreuzberg gehockt und mit der Willkommensklasse diskutiert. Die Abschiedsworte des Vizekanzlers klingen so wie ein Selfie-Foto mit der Kanzlerin aussieht.
Tatsächlich findet Gabriel einen guten Ton im Gespräch mit den Flüchtlingskindern, die hier Deutsch lernen und handwerklich ausgebildet werden. Wo die Jugendlichen hier wohnen, will er wissen, ob sie mit ihrer Familien hergekommen sind, was sie in Deutschland am schwierigsten finden?

„Sprache und Schreiben“, lautet die einhellige Antwort der ausschließlich männlichen Schüler. Sie grinsen verlegen. Sagen, sie seien erst ein paar Monate in Deutschland. „Dafür sprechen Sie aber gut Deutsch“, lobt der SPD-Chef. „Ich bin Deutschlehrer, ich weiß, wovon ich rede“. Er habe seinerzeit vor allem Türken und Polen unterrichtet, spielt Gabriel auf seine Zeit nach dem Germanistik-Studium an. Damals unterrichtete er beim Bildungswerk der Volkshochschulen Deutsch für Ausländer, bevor er in die Politik ging.

Wer denn in Deutschland bleiben dürfe, will einer der zwölf ausländischen Berufsschüler der Kreuzberger Hans-Böckler-Schule von Gabriel wissen. „Wo kommen Sie denn her?“, fragt Gabriel und quittiert die Antwort des Jungen aus dem Kosovo mit einem gequälten Gesicht. „Menschen vom Westbalkan droht kein Bürgerkrieg und keine politische Verfolgung“, erklärt der Sozialdemokrat.

„Sie haben bei uns fast keine Chance auf Asyl“. Gabriel empfiehlt dem Schüler, Deutsch zu lernen, in seine Heimat zurückzukehren und von dort aus Arbeit in einer deutschen Firma zu suchen. Dann dürfe er legal einreisen. „Die meisten kommen, weil das Leben hier gut erscheint“, resümiert Gabriel. „Das würde ich auch machen, die Chance nutzen.“


Gabriel bewundert die Energie der Jugendlichen

Ob denn alle nach Deutschland gewollt hätten, fragt Gabriel. Sein Onkel habe telefoniert und ihn dann in ein „großes Auto“ mit vielen anderen Menschen gesteckt, berichtet ein Schüler aus Afghanistan. Als er ausgestiegen sei, habe er nicht gewusst, in welchem Land er gelandet sei. Das Ziel habe „Europa“ geheißen. Die Schlepper hätten viel Geld von seinem Onkel bekommen. „Ich sehe hier mehr Chancen für mein Leben als in Italien“, sagt ein junger Syrer.

Vier Monate sei er unterwegs gewesen, berichtet ein Afrikaner der Neuzuwandererklasse. Wie die meisten seiner Mitschüler ist er ohne Familie nach Deutschland gekommen. „Das ist mutig, einfach so los ohne Eltern“, findet Gabriel.
Dann bricht der SPD-Chef auf, um sich mit der französischen Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem zu treffen, die in der Stadt weilt. „Für uns ist es interessant zu sehen, wie unsere französischen Kollegen mit dem Thema Immigration umgehen“, sagt Gabriel. „Sie haben damit gute, aber auch schwierige Erfahrungen gemacht. Wir können voneinander lernen.“

Auf die Frage, was ihm an den jungen Leuten der Willkommensklasse besonders gefallen habe, sagt der Vizekanzler: „Die Energie, mit denen die unterwegs sind. Obwohl manche von denen wissen, dass sie nicht auf Dauer in Deutschland bleiben können.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%