Silvester-Übergriffe in Köln Der Druck auf Polizeipräsident Albers steigt

Politiker wie der Unions-Fraktionsvize Fuchs fordern nach den Übergriffen in Köln den Rücktritt des Polizeipräsidenten Albers. Am Montag soll er sich vor seinem Dienstherrn, Innenminister Ralf Jäger, rechtfertigen.

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Der Kölner Polizeipräsident hat nun genügend Zeit zum Nachdenken über die Vorfälle in der Silvesternacht. Quelle: dpa

Köln Der Kölner Polizei bläst nach den massiven Silvester-Übergriffen und Ausschreitungen am Hauptbahnhof der Wind ins Gesicht. Im Zentrum des Sturms: Polizeipräsident Wolfgang Albers. War er bereits vor der Silvesternacht umstritten, so wackelt sein Stuhl nun bedenklich. Der stellvertretende Chef der Unionsbundestagsfraktion, Michael Fuchs, verlangte bereits den Rücktritt Albers.

„Das Maß ist voll“, sagte Fuch der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. „Ich fordere, dass der Kölner Polizeipräsident Albers die Verantwortung für die schlimmen Vorfälle der Silvesternacht übernimmt und seinen Hut nimmt.“ Sollte Albers sich weigern, müsse er entlassen werden. „Ein Neuanfang muss her, um das erschütterte Vertrauen der Bevölkerung wieder herzustellen“, erklärte der CDU-Politiker.

Albers wusste schon früh vom Chaos am Bahnhof. Aber war ihm auch am Tag nach dem Mob-Exzess bekannt, dass vor allem Migranten zu den Randalierern gehört haben sollen? Warum bezeichneten seine Beamten die Stimmung in der Silvesternacht als „friedlich“, wo doch Albers selbst am Morgen des Neujahrstags schon informiert war? Und ließ der Sozialdemokrat Kölns parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker auflaufen, als diese auch drei Tage nach den Übergriffen immer noch behauptete, es gebe keine Hinweise auf Flüchtlinge? Fragen über Fragen. Und krasse Widersprüche.

Albers wies am Freitag die Vorwürfe zurück, die Herkunft von Verdächtigen vertuscht zu haben. Diese Kritik sei „vollkommen abstrus“, erklärte der Politiker, der bereits wegen einer aus dem Ruder gelaufenen Hooligan-Demo und eines internen Spezialeinsatzkommando-Skandals angezählt ist. Er habe immer wieder verdeutlicht, dass sich während der Silvesternacht am Hautbahnhof kontrollierte Personen mit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgestellten Dokumenten ausgewiesen hätten. Mehrere Medien sprachen nach den Zwischenfällen von Vertuschung. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, Verantwortliche der Kölner Polizei hätten die Herkunft von Tatverdächtigen absichtlich verheimlicht.

Ich habe stets erklärt, dass die von den Polizistinnen und Polizisten kontrollierten Männer nicht zwangsläufig auch die Täter der schrecklichen Übergriffe sein müssen“, betonte Albers. „Solange die Polizei Menschen keine durch Fakten gestützten Tatvorwürfe machen kann, gilt hier in Deutschland die Unschuldsvermutung.“

Klartext zur Randale zwischen Bahnhof und Dom soll es nun erst in einem Bericht geben, den Albers dem Innenausschuss des Landtags sowie seinem Dienstherrn, Innenminister Ralf Jäger (SPD), erstatten muss. Am kommenden Montag. Das könnte zu spät sein. Und es könnte die Gerüchteküche weiter anheizen.


FDP bezeichnet Albers als „ein Sicherheitsrisiko“

Denn so lange will unter andere Kölns neue Oberbürgermeisterin Reker mit ihrer Schelte am Polizeipräsidenten nicht warten. Sie prescht nach vorne und stellt Albers' Informationsstrategie infrage, auch am Einsatz in der Silvesternacht lässt sie kein gutes Haar. Es lasse Fragen zur Strategie der Polizei zu, wenn zunehmend Details der Einsätze an die Öffentlichkeit gelängen. „Es könnte da politische oder auch taktische Motive geben“, sagt Rekers Sprecher.

Sie hatte am vergangenen Montag, drei Tage nach den Ausschreitungen, vor Journalisten gesagt, die Behörden hätten keine Hinweise darauf, dass es sich bei den Beteiligten um Flüchtlinge handele. Einsatzberichte aus der Nacht erwähnen dagegen ausführlich unter anderem zahlreiche Personenkontrollen, Ingewahrsnahmen und lange Namenslisten.

FDP-Chef Christian Lindner nennt Albers bereits „ein Sicherheitsrisiko“ - der Polizeipräsident müsse entlassen werden. Rückendeckung bekommt Albers von NRW-Innenminister Jäger, der den Juristen und Parteifreund vor fünf Jahren auf den Chefposten in Köln gehievt hatte.

Auch bei den Gewerkschaften hat Kölns Polizeispitze derzeit wenig Freunde. Man brauche sich nicht zu wundern, „dass von Kollegen jetzt Berichte über den Einsatz durchgestochen werden“, sagt der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert. Das Schweigen verunsichere nicht nur die Öffentlichkeit, sondern rücke auch die Einsatzkräfte in ein schlechtes Licht. „Die haben vor Ort alles gemacht, was möglich war - und jetzt fühlen sich viele von ihnen fast, als seien sie die Täter.“

Ob in einem internen Einsatzbericht vom Neujahrsmorgen tatsächlich bewusst der Hinweis auf die Herkunft der kontrollierten Personen entfernt wurde, wie es in Medien heißt? Das weiß auch Plickert nicht. Generell gebe es bei der Polizei aber „eine gewisse Berührungsangst“: „Wenn wir Straftäter haben, die dem Flüchtlingsmilieu zuzuordnen sind, dann möchte man das am besten nicht nennen, um nicht in den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit zu kommen.“

Kollege Erich Rettinghaus von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht das ähnlich: „Wenn sich herausstellt, dass bei den Silvester-Vorfällen bewusst Nationalitäten unterdrückt wurden, um politisch korrekt zu bleiben, wäre das ein Unding.“

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