Social Bots Automatisierte Posts gefährden Demokratie und Börse

Eine Studie des Bundestags warnt vor Desinformation und „Klimavergiftung“ im anstehenden Wahlkampf: Meinungsroboter - gemeinhin Social Bots genannt - könnten Märkte manipulieren und sogar die Demokratie gefährden.

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Der Schriftzug

Meinungsroboter gefährden nach einer Studie des Bundestags das Vertrauen in die Demokratie. Die so genannten Social Bots können demnach auch Kunden und ganze Märkte manipulieren. Das geht aus dem nun veröffentlichten Zwischenbericht hervor, den das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Bundestag erstellt. Die Zwischenergebnisse der laufenden Studie bieten Orientierung, wie die Politik zur anstehenden Bundestagswahl im September 2017 mit Bots umgehen könnte. Im US-Wahlkampf haben solche Meinungsroboter Wähler beeinflusst.

Hinter Nutzerprofilen etwa in den Netzwerken Twitter und Facebook können Bots stecken, die automatisch auf bestimmte Diskussionen und Nutzer reagieren. Damit kann ein verzerrtes Meinungsbild entstehen und es können gefälschte Nachrichten verbreitet werden.

Die Forscher schreiben: „Social Bots tragen zur Veränderung der politischen Debattenkultur im Internet bei und können durch massenweise Verbreitung von (Falsch-)Nachrichten zu einer Desinformation und „Klimavergiftung“ im öffentlichen Diskurs führen. Social Bots bergen das Potenzial, das Vertrauen in die Demokratie zu unterlaufen.“ Meinungsroboter könnten nicht nur knappe Wahlen entscheiden. Sie entwickelten sich auch rasanter als die Instrumente, sie zu enttarnen.

Social Bots sind von Menschen programmierte Software. Sie können auch positive Ergebnisse bringen – zum Beispiel automatisierte Meldung senden, die vor Unwettern oder Erdbeben warnen oder Hinweise auf Neuigkeiten im Netz geben. Sie können aber auch so programmiert sein, dass sie manipulative Geschichten oder bestimmte Meinungen potenzieren. Komplexere Bots reagieren auf Schlagworte mit Gegenargumenten oder verbreiten „Nachrichten“, die eine bestimmte Meinung unterstützen. Eine ferngesteuerte „Meinungsarmee“ lässt sich ohne hohe Kosten erwerben. Experten wie Simon Hegelich von der TU München schätzen, dass 10.000 Bots nur etwa 500 Dollar kosten.

Für die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), folgt aus den Ergebnissen, dass Nutzer sozialer Medien besser vor Manipulation geschützt werden müssen: „Die Nutzerinnen und Nutzer haben kaum eine Chance, Maschine von Mensch zu unterscheiden. Darum fordern wir eine gesetzliche Transparenz- und Anzeigepflicht.“ Sinnvoll sei eine „Sozialverträglichkeitsprüfung", die Algorithmen durchlaufen, ehe sie zum Einsatz kämen, erklärt Künast der WirtschaftsWoche. „Eine Prüfung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen vor der Marktzulassung wie im Umweltbereich sollten wir diskutieren.“

Künast warnt auch die Betreiber sozialer Medien: „Klar ist, dass das Programmieren von Software zur Verbreitung von rechtswidrigen Hasskommentaren strafbar ist. Die Anbieter sozialer Netzwerke dürfen sich hier nicht weiter aus der Verantwortung stehlen.“

Die Studie warnt auch vor ökonomischen Folgen der Software: „Social Bots haben das Potenzial, das Kunden- und Kaufverhalten zu manipulieren.“ Das geschehe beim „Influencer Marketing“, bei dem etwa Youtuber bestimmte Produkte in ihren Videos loben, ohne dass klar wird, dass sie dafür bezahlt werden. Das könne womöglich auch ganze Märkte, etwa den Börsenhandel, bewegen. Das Bundeskriminalamt halte für realistisch, dass Bots Börsenkurse gezielt mit Falschmeldungen bewegten. Bots könnten auch Investoren zu betrügerischen Geschäften lotsen.

Für die Ausschussvorsitzende Künast folgt daraus: „Wir fordern auch in anderen Bereichen, wie etwa für  Online-Werbespiele, dass Werbung immer als solche klar gekennzeichnet ist.“ Beim Handeln von Börsenwerten wie Aktien und  anderen Finanzprodukten „drohen Marktmanipulation und Fehlentscheidungen von Investoren“. Künast will erreichen, dass bei der laufenden Novellierung des Wettbewerbsrechts auf diese neuen Phänomene reagiert wird.

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