Solar-Lobby Licht und Schatten bei Solarenergie

Die Vertreibung aus dem Subventionsparadies erzürnt die deutsche Solar-Lobby. Trotzig kämpft sie um jeden Förder-Cent – und schadet damit der Branche. Warum weniger Staatshilfen mehr Erfolg versprächen.

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Solarzelleninstallation auf Quelle: dpa

Schnell den Musterbrief aus dem Internet runterladen, ausfüllen, abschicken. Dann den nächsten. Und noch einen. Die Botschaft soll möglichst viele Abgeordnete erreichen. In die Lücken des Textes kritzelt Jens Labitzke seine Wut: Seit zehn Jahren installiert er Solarzellen auf Dächern rund um seine Heimat Nettersheim. Vier neue Arbeitsplätze konnte sein Betrieb Nordeifel Solar schaffen, gibt er an. Jetzt sieht der Energiegeräte-Elektroniker sein Lebenswerk gefährdet. Schuld daran, so heißt es in dem Musterbrief weiter, sei die Bundesregierung, weil sie die Förderung für Solarstrom künftig einschränken will.

Handschriftlich ausgefüllte Serienbriefe wie dieser stapeln sich inzwischen auf den Schreibtischen vieler Volksvertreter. Auf der Internet-Seite www.solar-in-gefahr.de ruft der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) zum schriftlichen Widerstand auf. Abgeordnete aus Solar-Hochburgen in Bayern und Baden-Württemberg, aber auch Ministerpräsidenten und Bundesminister bekommen haufenweise Post. Der Vorwurf: Die aktuellen Vorschläge zur Absenkung der Vergütung gefährden Deutschlands Technologieführerschaft auf einem der wichtigsten Zukunftsmärkte.

Darüber ließe sich ernsthaft diskutieren – würden die Interessenvertreter ihre Argumente auf die richtigen Zahlen stützen. Genau das aber bezweifeln Branchenkenner, die Panikmache ist ihrer Meinung nach hinderlich. Denn der Solarverband rechnet die Arbeitsmarktzahlen schön, dafür den Anlagenzubau und damit die Stromkosten gering, übertreibt Exportchancen und Weltmarktposition und ignoriert, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt. Bei vielen Solarunternehmern wächst die Sorge: Wenn sie sich jetzt gegen die Kürzung der Subventionen wehren, dann verliert die ganze Branche bald an Glaubwürdigkeit.

Schließlich verbreitet die Solarindustrie seit Jahren Jubelmeldungen. Unternehmen verkünden Tausende neuer Arbeitsplätze, traumhafte Wachstumszahlen und hohe Gewinne. Kein Wunder: Bisher konnten sich die Firmen auf einem Subventionspolster ausruhen. Doch damit ist jetzt Schluss: Die Bundesregierung plant eine Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG). Das Gesetz zwingt Versorger, Strom aus Biogasanlagen, Windrädern, Wasserkraftwerken und auch Fotovoltaik-Anlagen zu einem garantierten Fixpreis zu vergüten – und das 20 Jahre lang. Die Kosten dieser Abnahmepflicht zahlt der private Stromverbraucher. Nun soll die öffentliche Förderung stark reduziert werden.

Auf die im Sonnenlicht florierende Branche fällt ein langer Schatten, die Zeiten im Schlaraffenland scheinen vorbei. Da greifen nicht nur Handwerker und Verbandsvertreter, sondern auch Unternehmenschefs zum Briefpapier. Anton Milner, Chef von Q-Cells in Thalheim bei Bitterfeld, wandte sich erst im Dezember an seinen Landesvater, Wolfgang Böhmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, und warnte vor Firmenpleiten.

Ausgezeichnet vernetzt ist auch Frank Asbeck, die Symbolfigur der deutschen Fotovoltaik-Branche. Der Gründer von Solarworld in Bonn zählte zu den ersten Grünen in Nordrhein-Westfalen und hält heute noch engen Kontakt zu Weggefährten wie den früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Die „Bild“-Zeitung kürte ihn – wegen seiner barocken Erscheinung und seines stattlichen Privatvermögens – zum „Sonnenkönig“ von Bonn. Dort fährt der Ingenieur mit Unternehmerinstinkt seinen schwarzen Maserati spazieren – angeblich nur mit 120 Stundenkilometern.

Die Branche ist inzwischen etabliert, Unternehmer setzen auf professionelle Kommunikationshilfe: Gerade erst kaufte die Berliner Repräsentanz der Firma City Solar den in Regierungskreisen bekannten RTL-Korrespondenten Gerhard Hofmann ein. Und Milan Nitschke, vorher als Geschäftsführer beim Bundesverband für Erneuerbare Energien (BEE) eloquenter Fürsprecher für Sonne, Wind und Co., widmet sich bei seinem neuen Arbeitgeber Solarworld in Zukunft hauptsächlich der Sonnenenergie – gute Kontakte zu befreundeten Genossen dürften dem Sozialdemokraten dabei hilfreich sein.

Ein glühender Verfechter der Solarwende sitzt selbst im Bundestag – und gilt als Energiepapst der SPD: Hermann Scheer. Der Fast-Superminister für Umwelt und Wirtschaft in Hessen ist als Präsident des Vereins Eurosolar äußerst umtriebig – allerdings nur ehrenamtlich, wie seine Home-Page verrät. Was dort nicht steht: Geschäftsführerin ist seine Frau Irm Pontenagel , sie gibt auch das Fachmagazin „Solarzeitalter“ heraus. Da wundert es dann doch, dass Scheer Parteifreund Wolfgang Clement lautstark zur Persona non grata erklärt, nachdem dieser den hessischen Wahlkampf mit kritischen Thesen zur Energieversorgung aufmischte. Clement gehöre zur Atom-Lobby, hieß es damals. Scheer dagegen sieht sich nicht als Lobbyist – sondern als Vertreter einer guten Sache.

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