Sozialabgaben Regieren für die Rentner

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Rente – Beitrag 18,7 Prozent

Jüngst schickte der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministers diesem einen Brief.
Freundlich im Ton, klar in der Sache: Es wäre „verhängnisvoll“, so die Forscherelite, setzte die Regierung frühere Reformen und Wettbewerbskraft aufs Spiel. Die Sorge der Forscher kreist um die Rentenkasse. Diese ist derzeit mit einer Rücklage von 34 Milliarden Euro gut gefüllt. Doch der Satz, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig vom Gehalt überweisen, müsste eigentlich um 0,6 Prozentpunkte niedriger liegen. Diese Entlastung strich die Regierung aber, um die Mütterrente und die Frührente mit 63 zu finanzieren. Davon profitieren wenige, doch alle zahlen.

Die Rentenrücklage wird deshalb von nun an wohl beständig schwinden: Ende 2016 werden es nur noch 30,7 Milliarden Euro sein, 2018 dann 23,3 Milliarden und 2020 nur noch 11,2 Milliarden. Spätestens 2021 müsste der Beitragssatz wieder steigen, auf 19,3 Prozent.

Und die Regierung plant schon munter weitere Lasten: die Lebensleistungsrente, die armen Pensionären helfen soll, oder die Erhaltung des Rentenniveaus – nach Rechnung des Ökonomen Reinhold Schnabel wird allein dies bis zu 50 Milliarden Euro extra kosten. Noch gar nicht eingerechnet: die angestrebte Rentenangleichung in Ost und West, die allein zwischen 2018 und 2021 gut elf Milliarden Euro kosten dürfte. Wird nur ein Teil dieser Pläne Wirklichkeit, wäre die Rentenkasse schon vor 2021 leer. Ministerin Nahles will deshalb die Angleichung der Renten aus Steuergeld finanzieren. Der Steuerzuschuss für diese Sozialkasse beträgt aber heute schon 62 Milliarden Euro – pro Jahr.

Prognose: Werden nur einige der geplanten Vorhaben Gesetz, steigt der Beitragssatz spätestens 2020 wieder deutlich über 19 Prozent.

Arbeitslosigkeit - Beitrag 3,0 Prozent

Diese Versicherung ist die Ausnahme. Der Beitrag liegt nicht einmal halb so hoch wie vor zehn Jahren. Im Juli waren 2,66 Millionen Menschen arbeitslos, 112 000 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der offenen Jobs liegt bei fast einer Million. Die Arbeitsvermittlung ist schneller und besser als früher; zugleich schafft die deutsche Wirtschaft mehr Jobs als früher.

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss deshalb weniger auszahlen. Die Rücklage lag im Juni bei 8,48 Milliarden Euro. Doch als die Finanzkrise 2009 auch Deutschland erschütterte, verfügte die Behörde über ein Polster von 18 Milliarden Euro. Sie zahlte viel Kurzarbeitergeld, um Entlassungen zu vermeiden. Die Reserve schwand. Deshalb, heißt es aus der BA, solle der Satz nicht weiter sinken. Sie wolle „ausreichend Rücklagen bilden für schlechte Zeiten“.

Prognose: Kommt keine neue Wirtschaftskrise, wächst die Rücklage weiter – und der Beitrag bleibt bis 2020 stabil bei 3,0 Prozent.

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