Sozialminister Laumann warnt vor Mehrbelastung NRW schlägt wegen Gesundheitsfonds Alarm

Im Streit um die Gesundheitsreform hat sich auch Nordrhein-Westfalen an die Seite der Länder gestellt, die Schutz vor finanziellen Mehrbelastungen fordern.

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NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann warnt vor einer Mehrbelastung durch den geplanten Gesundheitsfonds. Quelle: dpa

HB BERLIN. "Wir werden genau aufpassen, dass NRW in diesem ganzen Konzert nicht zu kurz kommt", sagte NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann dem Handelsblatt. Gegenwärtig zahle NRW "etwa 500 Millionen Euro mehr in das Gesundheitssystem ein als es selbst verbraucht." Nach einem neuen Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) würde die Reform die nordrhein-westfälischen Beitragszahler um bis zu 142 Mill. Euro im Jahr mehr kosten. "Damit würde sich der Betrag im Rahmen des Finanzkraftausgleichs unter den Ländern auf grob 650 Mill. Euro erhöhen."

Durch die Einführung des Gesundheitsfonds würden künftig die Finanzkraftunterschiede der Kassen vollständig ausgeglichen. Das führt in finanzstarken Bundesländern zu der Befürchtung, dass ihre Bewohner bei der Reform draufzahlen. Vor allem Bayern hatte in den letzten Tagen massiv Druck auf Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) aufgebaut. Die CSU, deren Bundestagsabgeordnete nächste Woche zu ihrer traditionell auf Krawall gebürsteten Klausurtagung in Wildbad Kreuth zusammenkommen, droht damit, der Reform ihre Zustimmung zu verweigern, wenn Schmidt ihre Befürchtungen nicht ausräumt.

Das soll durch ein Gutachten der Wirtschaftsweisen Bert Rürup und Eberhard Wille geschehen, das in den nächsten Tagen fertig werden soll. Einstweilen wird über die Zahlen heftig gestritten - vor allem über ein Gutachten des Kieler Instituts für Mikro-Datenanalyse, das den Streit im Dezember ausgelöst und Bayern, Baden-Württemberg und Hessen Mehrbelastungen in Milliardenhöhe vorausgesagt hatte. Inzwischen mehren sich die methodischen Zweifel an dieser Studie. "Ich bin froh, dass wir unsere eigenen Zahlen haben", sagte Laumann. "Ich betrachte andere Gutachten mit großer Skepsis. Die Berechnungen klaffen weit auseinander."

Am 10. Januar soll der Koalitionsausschuss den Knoten durchschlagen, damit die Reform wie geplant zum 1. April in Kraft treten kann. Allerdings ist das Problem der Mehrbelastung nur eins von vielen, die noch gelöst werden müssen. Der Union bereitet die Frage Schwierigkeiten, ob die geplante Pflicht für private Krankenversicherungen (PKV), Unversicherte zu einem billigen Basistarif zu versichern, der PKV insgesamt das Wasser abgräbt.

Außerdem sorgt man sich in der Unionsfraktion um die Verfassungsmäßigkeit der Reform: Der geplante Steuerzuschuss für die Mitversicherung von Kindern kommt nur gesetzlich Versicherten zu Gute - was in Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz problematisch ist. Ferner könnte die Portabilität von Altersrückstellungen bei Altverträgen das Eigentumsgrundrecht der Versicherungen verletzen. "Die Reform muss nicht nur politisch gewollt, sondern auch verfassungsfest sein", sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach dem Handelsblatt. "Solange es erhebliche und begründete Zweifel gibt, können wir das nicht verabschieden." Diese Zweifel will die Bundesregierung in einer umfangreichen Stellungnahme ausräumen, die derzeit erarbeitet wird und Anfang Januar an die Fraktionen verschickt werden soll.

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