Späh-Affäre „Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht“

Während ihr Innenminister in Berlin vor das Kontrollgremium in der Späh-Affäre muss, mischt sich die Bundeskanzlerin aus der Ferne ein. Sie gibt sich Amerika gegenüber hart. Doch der Opposition reicht das nicht.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert in der Späh-Affäre die USA auf, in der Bundesrepublik deutsche Gesetze einzuhalten. Quelle: AFP

Berlin/Köln Bundeskanzlerin Angela Merkel hat als Konsequenz aus der Späh-Affäre die USA aufgefordert, in der Bundesrepublik deutsche Gesetze einzuhalten. "Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht", sagte Merkel am Dienstag in Köln bei einer Festveranstaltung des Bayer-Konzerns. „Das werden wir einfordern“, sagte sie mit Blick auf die USA weiter. Die Kanzlerin sprach sich zugleich erneut für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA aus - dieses werde neue Möglichkeiten für Wachstum bieten. Aber auch das Thema Datenschutz müsse in Gesprächen mit den USA eine zentrale Rolle spielen. Es müsse insgesamt eine Balance zwischen Freiheit und Datenschutz gefunden werden.

Die Opposition macht in der Ausspäh-Affäre Druck auf die Bundesregierung und fordert dringend Antworten von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Das für Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium kam am Dienstag in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen. Friedrich sollte die Abgeordneten dort über seine neuen Erkenntnisse zur Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA informieren. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele drohte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in das Gremium zu bestellen, sofern Friedrichs Aussage keine Klarheit bringe.

Die NSA überwacht angeblich im großen Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland. Auch Wochen nach den ersten Enthüllungen darüber sind viele Fragen noch immer offen. Friedrich war Ende der vergangenen Woche in die USA gereist, um dort mit Regierungsvertretern direkt über die Vorwürfe zu reden. Die US-Seite sicherte ihm zu, Deutschland künftig besser über die Erkenntnisse ihrer Geheimdienste Auskunft zu geben und die Geheimhaltung bestimmter Dokumente aufzuheben.

Friedrich kündigte an, den Parlamentariern neue Fakten zum US-Spähprogramm „Prism“ vorzulegen. Im ARD-„Morgenmagazin“ sagte der Minister, er habe in den USA einige Informationen bekommen. Diese werde er den Abgeordneten mitteilen.


„Wir haben noch immer keine Klarheit“

Der Vorsitzende des Parlamentarische Kontrollgremiums, SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, beklagte, Friedrich sei „mit leeren Händen“ aus den USA zurückgekehrt und habe sich mit kleinen Zusagen abspeisen lassen. „Wir haben noch immer keine Klarheit über die millionenfache Ausspähung“, kritisierte er. Die Bundesregierung müsse endlich offenlegen, was sie über die NSA-Praxis wisse und gegen die Überwachung unternehme.

Ströbele kündigte an, einen Antrag zu stellen, dass auch Merkel in das Gremium kommen müsse, wenn Friedrichs Aussage nicht für Klarheit sorge. Falls der Innenminister nicht offenlege, welche Anschläge durch die Informationen der NSA in Deutschland angeblich verhindert worden seien, werde er außerdem selbst Akteneinsicht beantragen, fügte der Grünen-Politiker hinzu.

Der Linke-Abgeordnete Steffen Bockhahn verlangte, Friedrich müsse deutlich mehr sagen als bislang. Es müsse endlich Klarheit her: „Wer hat wann was in welchem Umfang getan?“

Vertreter von Union und FDP werteten Friedrichs USA-Besuch als ersten Schritt der Aufklärung. Es müssten aber weitere folgen, mahnten Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) und die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz an. Grosse-Brömer rief zu einer sachlichen Debatte auf. „Die etwas schrillen Töne der Opposition erklären sich durch den anstehenden Wahlkampf.“

Nach dem Parlamentarischen Kontrollgremium will Friedrich an diesem Mittwoch auch im Innenausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen. Aus den Reihen der Opposition war am Montag die Forderung gekommen, die Spähaffäre in einem Untersuchungsausschuss aufzuklären. Oppermann mahnte jedoch, in der laufenden Wahlperiode sei das „praktisch unmöglich“. Eine Entscheidung darüber wäre erst nach der Bundestagswahl im Herbst möglich. „Wir wollen aber nicht warten bis zur Bundestagswahl“, betonte er. Aufklärung sei sofort nötig.

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