SPD-Chef Sigmar Gabriel "Diesem Steuer-Irrsinn werden wir nicht zustimmen"

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Würden Sie eine Steuerentlastung denn mittragen, wenn es im Gegenzug Entlastungen bei den Abgaben gibt?

Wenn die Union bereit ist, den Spitzensteuersatz anzuheben, damit wir die Sozialabgaben bei den mittleren und unteren Einkommensgruppen senken können, kann sie mit uns sofort in Verhandlungen eintreten. Allerdings halten wir nichts davon, nur mal kurz die Sozialversicherungsbeiträge zu senken, wie es der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder vorgeschlagen hat. Das würde bedeuten, dass man die Beiträge in konjunkturell schlechteren Zeiten wieder erhöhen müsste – oder dass man für zukünftige Herausforderungen wie Altersarmut und Pflegerisiko kein Geld mehr hat. Wir vermuten mal, dass die CDU dieses Angebot nicht annehmen wird. Eher fühlen wir uns von der SPD an Oskar Lafontaine erinnert, der die Kohl-Regierung zwischen 1996 und 1998 mürbe machte, indem er alle Steuerreformen blockierte.

Die Wahlen 2013 werden nicht mit Parteitaktik entschieden. Sondern mit Solidität und wirtschaftlicher Vernunft. Wir Sozialdemokraten haben mit Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück während der Finanzkrise gezeigt, wie man solide arbeitet. Gemeinhin unterstellt man den Sozialdemokraten, sie könnten nicht mit Geld umgehen. Das hat man lange eher den Konservativen zugetraut.

Das war schon immer ein Vorurteil...

...aber die Ausgabefreude war lange Jahre in Ihrer Partei eindeutig höher.

Wir haben eben dazugelernt. Was mich wundert, ist, dass die andere Seite alles vergessen hat, was mit Solidität zu tun hat – bis auf den Bundesfinanzminister. Wolfgang Schäuble weiß ganz genau, dass das nicht geht, und ich kann nur hoffen, dass er sein Veto gegen die Pläne einlegt.

Die SPD ist auch nicht einig. Sie haben es immer noch nicht geschafft, ihr lang angekündigtes Steuerkonzept vorzustellen. Wo bleibt denn Ihr Alternativvorschlag?

Der Kern unserer Vorstellungen ist, dass wir nicht mehr auf Pump leben dürfen. Jetzt ist aber erst mal die Koalition am Zug. Sie muss klären, was sie will.

Noch mal: Sie hatten Ihr Papier für April versprochen. Wo hakt es denn?

Unsere Alternativen sind klar: Steuereinnahmen aus wirtschaftlichem Wachstum gehören in den Schuldenabbau. Mehrausgaben für Bildung und den Schutz vor Altersarmut finanzieren wir aus Subventionsabbau und Einsparungen. Solange die Koalition so chaotisch streitet, können wir denen beim besten Willen nicht mit einem Alternativmodell aus der Patsche helfen.

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