Für Deutschland forderte Steinbrück einen gesetzlichen Mindestlohn und eine gleiche Bezahlung von Stammbelegschaft und Leiharbeitern sowie von Frauen und Männern.
Zusammen mit Steinbrücks formeller Nominierung will Parteichef Sigmar Gabriel am Montag auch einen Vorschlag machen, wie der Streit über eine Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent gelöst werden kann. Vertreter der Parteilinken wie Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel mahnten dazu, sich Zeit zu nehmen. Es müsse nicht schon am Montag eine Entscheidung fallen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Mehrere SPD-Linke verlangen ein Einfrieren des Rentenniveaus bei derzeit etwa 50 Prozent.
Reaktionen auf die Nominierung Steinbrücks
Die SPD-Linke will Steinbrück zunächst vor allem in die Pflicht nehmen. „An die Parteibeschlüsse etwa zur Vermögenssteuer oder zur Abgeltungsteuer ist auch ein Kanzlerkandidat gebunden“, sagte die Sprecherin der SPD-Linken, Hilde Mattheis, der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag). Auch in der Debatte über das SPD-Rentenkonzept seien „Kompromisse kaum vorstellbar“. Die SPD müsse sich dafür aussprechen, die geplante Absenkung des Rentenniveaus zu verhindern.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte am Samstag im Deutschlandfunk, Steinbrück habe für das Amt des Bundeskanzlers die "notwendige Lebens- und Berufserfahrung". Zudem habe er gute Ideen zur Regulierung der Finanzmärkte und Banken. "Ich glaube, wir haben eine gute Chance", sagte Künast zu den Aussichten von Rot-Grün im Bund. An Spekulationen über eine Ampelkoalition wollte sie sich nicht beteiligen: Die Liberalen würden im nächsten Bundestag "nicht drin sein. Deshalb stellt sich die Frage gar nicht", sagte Künast.
Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, sieht den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück sehr skeptisch. Peer Steinbrück sei "sicher nicht unser Wunschpartner", sagte Höhn am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Er sei "eigentlich eher an der FDP als an den Grünen". Das erleichtere den Grünen die Zusammenarbeit mit Steinbrück nicht. Steinbrück sei "ein klarer Machtpolitiker", sie glaube, "deswegen würde er eine solche Situation wie jetzt mit der Ampel (...) auf jeden Fall billigend in Kauf nehmen". Höhn sagte dem Sender, sie glaube, dass Steinbrück sich ein Ampel-Kabinett mit dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin vorstellen könne. Für sie selbst sei dies "schon eine ziemliche Horrorvision".
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki lobte die Festlegung auf Steinbrück als „sehr kluge Entscheidung der SPD“. „Peer Steinbrück ist einer, der auch der Bundeskanzlerin Angela Merkel Schach bieten kann“, sagte der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag der „Leipziger Volkszeitung“ (Samstag). „Mit ihm bietet sich für meine Partei eine weitere Koalitionsoption.“
Kritik kam von der Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping. „Steinbrück steht sicher nicht für einen Aufbruch“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe). „Aber der Politikwechsel entscheidet sich an Inhalten, nicht an Personen.“ Der Co-Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, kommentierte im Kurznachrichtendienst Twitter: „Kanzler wird er nicht. Vize will er nicht. Steinbrück ist ein Zählkandidat und definitiv keine Einladung an Arbeitnehmer und Gewerkschaften.“
Der Bonner Parteienforscher Gerd Langguth hält Steinbrück für den gefährlichsten Herausforderer von Kanzlerin Merkel. „Ihm traut man am ehesten zu, dass er etwas von Wirtschaft und Finanzen versteht. Gerade in der Euro-Krise ist er der beste Kandidat“, sagte Langguth den „Ruhr Nachrichten“ (Samstag). Steinbrück dürfe aber nicht „zu schnoddrig an Themen herangehen. Er wird die SPD noch vor große Geduldsproben stellen.“
Der im Seeheimer Kreis organisierte rechte Flügel der SPD mahnte beim Rentenniveau zur Gelassenheit. "Schwerpunktmäßig muss man sich darum kümmern, dass die Renten für den einzelnen höher sind", sagte Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs zu Reuters. "Die Frage, ob man 43 oder 45 Prozent von viel hat oder 50 Prozent von wenig, ist nicht der Maßstab."
Kahrs zeigte sich überzeugt, dass Steinbrück keinen Flügelstreit in der Partei befürchten muss: "Er ist in der Lage, sehr vernünftig mit der Parteilinken zusammenzuarbeiten und auch Dinge mit denen zu erarbeiten, in denen die Linke schwerpunktmäßig kompetent ist." Schäfer-Gümbel verwies darauf, dass Steinbrück auf allen Feldern Initiativen anstoßen könne. Entschieden werde aber in den Parteigremien.
Der SPD-Kanzlerkandidat bedauerte auch sein Verhalten in der sogenannten Schach-Affäre. Steinbrück hatte 2006 als Finanzminister bei mehreren bundeseigenen Firmen um Millionenspenden für ein privates Schachturnier geworben. "Damals habe ich das nicht als ehrenrührig oder dubios empfunden.
Aus heutiger Sicht ist für mich klar: Ich würde es nicht wieder machen", sagte er der "Welt am Sonntag". Bei ihm habe das allerdings nichts mit Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme zu tun gehabt.