SPD nach Kiel-Pleite „Die Fehler müssen jetzt schnell analysiert werden“

Die SPD muss bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein die nächste Schlappe hinnehmen. Nun trifft sich die Führung der Partei, um die Ergebnisse zu analysieren. Es gibt einigen Gesprächsbedarf.

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Torsten Albig (r), Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, und Ralf Stegner, SPD-Parteichef, stehen am 07.05.2017 in Kiel (Schleswig-Holstein) auf der Wahlparty der SPD. Foto: Axel Heimken Foto: Axel Heimken/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

Berlin/Kiel Nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein mit der Abwahl der SPD-geführten Landesregierung analysieren die Parteien in Berlin und Kiel die Ergebnisse. Am Montagvormittag treffen sich in Berlin die Führungsgremien der erfolgreichen CDU sowie von Linkspartei, FDP und Grünen. Der unterlegene Ministerpräsident Torsten Albig wird in der SPD-Parteizentrale erwartet. Bei den Beratungen wird es um eine Aufarbeitung der Wahlergebnisse und um Konsequenzen für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag sowie die Bundestagswahl im September gehen.

Gut vier Monate vor der Bundestagswahl wurde die bisher oppositionelle CDU am Sonntag in Schleswig-Holstein mit deutlichem Abstand stärkste Kraft. Sie strebt nun eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen an. Nach der verpatzten Saarland-Wahl musste SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz den nächsten Dämpfer für den erhofften Machtwechsel im Bund hinnehmen. Dagegen bekommt die Union von Kanzlerin Angela Merkel Rückenwind für die NRW-Wahl und die bundesweite Entscheidung im September.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, seine Partei habe die Wahl in den letzten zwei bis drei Wochen verloren. „Die Fehler, die in Schleswig-Holstein gemacht wurden, müssen jetzt schnell analysiert werden.“

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU auf 32,0 Prozent. Zweitstärkste Kraft wird die SPD mit 27,2 Prozent. Dahinter folgen die Grünen mit 12,9, die FDP mit 11,5 und die AfD mit 5,9 Prozent. Die Linke verpasst mit 3,8 Prozent den Einzug in den Landtag. Die bislang darin vertretene Piratenpartei fliegt raus. Der SSW kommt auf 3,3 Prozent. Die CDU holt im neuen Landtag 25 Sitze, die SPD 21. Die Grünen erringen 10 Mandate, die FDP 9, die AfD 5 und der SSW 3. Die Wahlbeteiligung steigt auf 64,2 Prozent.

Die AfD ist nun in 12 von 16 Landtagen vertreten. Allerdings blieb sie in Schleswig-Holstein deutlich hinter ihren Ergebnissen im vergangenen Jahr zurück, als sie bei allen Landtagswahlen zweistellige Ergebnisse einfuhr.

Dennoch zeigte sich der AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Alexander Gauland, zufrieden. „Der gesellschaftliche Druck war in diesem Bundesland sehr groß, das hat den Wahlkampf deutlich erschwert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Veranstaltungen der AfD hätten in dem nördlichen Bundesland teilweise nur mit viel Polizeischutz stattfinden können.


CDU profitiert von gestiegener Wahlbeteiligung

AfD-Bundesvorstandsmitglied Paul Hampel sprach von einem „befriedigenden Ergebnis“. Seine Partei habe jedoch auf jeden Fall „Grund zum Jubeln“, weil es für die anstehenden Wahlen in Nordrhein-Westfalen und im Bund wichtig sei, „dass wir jetzt in das zwölfte Länderparlament einziehen werden, dass diese Serie also nicht unterbrochen wurde.“

Offen ist, welche Koalition künftig das nördlichste Bundesland regieren wird. Der Wahlsieger, CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther, bekräftigte am Wahlabend sein Ziel, ein Jamaika-Bündnis zu bilden. Die Grünen favorisieren zwar eine Ampel mit SPD und FDP, für die es ebenfalls eine Mehrheit gibt. Sie zeigen sich aber auch für eine andere Konstellation offen. Die umworbene FDP hält sich bedeckt. Möglich wäre auch eine große Koalition aus CDU und SPD, die aber bei beiden Parteien wenig beliebt ist. Für die in den vergangenen fünf Jahren regierende Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW - die Partei der dänischen Minderheit - reicht es nicht mehr.

Von der gestiegenen Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein hat nach Überzeugung des Politikwissenschaftlers Joachim Krause besonders die siegreiche CDU profitiert. Mit Daniel Günther habe die CDU diesmal einen Spitzenkandidaten aufgeboten, der aus der Landespolitik komme und im Wahlkampf unprätentiös und sachorientiert aufgetreten sei, sagte Krause der Deutschen Presse-Agentur. Günther verkörpere ein Bild, wie es sich viele CDU-Wähler wünschten.

Die um vier Punkte auf 64,2 Prozent gestiegene Wahlbeteiligung habe zudem der FDP und den Grünen genutzt, sagte Krause. Deren Abschneiden mit zweistelligen Ergebnissen sei bundespolitisch schon fast sensationell. Dies hänge mit den führenden Politikern Robert Habeck (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) zusammen, die bundesweit bekannt seien. „Kubicki ist ein Typ, den die Leute mögen, weil er unterhaltsam ist und ausspricht, was viele Leute denken.“ Auch die AfD habe von der höheren Wahlbeteiligung profitiert.

Dass diesmal wie zuvor schon in anderen Ländern mehr Wahlberechtigte ihre Stimme abgaben, führt Krause wesentlich auf die Brexit-Entscheidung und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zurück. Beides habe dazu geführt, dass viele traditionelle Wähler von CDU, SPD und FDP wieder an die Urnen gegangen seien.

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