SPD-Wahltrend im Sinkflug "Eierlikörgate" bringt Steinbrück Hohn und Spott

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Das Netz lacht über Steinbrück

Die politischen Gewinner und Verlierer 2012
Die GewinnerPeter Altmaier, 54, CDU: Er ist nicht nur körperlich das neue Schwergewicht im Kabinett von Angela Merkel. Der 54-Jährige („Ich esse gern“) ist nach der Entlassung von Norbert Röttgen im Mai zum „Mister Energiewende“ aufgestiegen. Wie zuvor als Fraktionsgeschäftsführer der Union setzt er auf Dialog und Moderation. Kritiker werfen ihm vor, das Entscheiden komme zu kurz. Aber mit seiner geselligen Art kommt er beim Bundesverband der Deutschen Industrie wie beim Naturschutzbund an. Ob sein Stern weiter leuchten wird, hängt davon ab, ob ihm bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und bei der Atommüll-Endlagersuche ein Durchbruch gelingt. Quelle: dpa
Hannelore Kraft, 51, SPD: Spätestens seit dem fulminanten Sieg bei der NRW-Wahl im Mai kommt niemand in der SPD an Hannelore Kraft vorbei. Die Ministerpräsidentin des bevölkerungsreichsten Bundeslandes ist die mächtigste Frau, die die SPD in ihrer fast 150-jährigen Geschichte hatte. Die 51-Jährige Ökonomin hat das entscheidende Wort, wenn es um wichtige Weichenstellungen wie zuletzt bei der Rente geht. Regelmäßig bekommt die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende auf Parteitagen Traumergebnisse. Auch außerhalb der SPD ist die bodenständige Politikerin populär. Für viele Sozialdemokraten wäre Kraft die ideale Kanzlerkandidatin für 2013 gewesen. Doch sie will lieber erst einmal in Düsseldorf bleiben. Quelle: dpa
Katrin Göring-Eckardt, 46, Grüne: 2006 flog die 46-Jährige aus dem Parteirat der Grünen, nun befeuert ihre überraschende Kür zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl Spekulationen über eine schwarz-grüne Koalition. Bis zu ihrer Wahl als Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, repräsentiert die Frau aus Thüringen die „neue Bürgerlichkeit“ der Grünen. Die Christin war 1989 Gründungsmitglied der Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt“ und von „Bündnis 90“ - bisher steht sie noch im Schatten des anderen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin. Die Bundestagsvizepräsidentin könnte im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen im kommenden Jahr ein Bundesministeramt bekleiden. Quelle: dpa
Christian Lindner, 33, FDP: Zu Beginn des Jahres sah es für den FDP-Mann gar nicht gut aus: als Generalsekretär der Bundespartei zurückgetreten, im Bundestag nur noch Hinterbänkler, ohne große Perspektive. Jetzt ist er der „neue Held der Liberalen“. Möglich wurde dies durch die vorzeitige Wahl in Nordrhein-Westfalen im Mai, wo Lindner als Spitzenkandidat volles Risiko ging. Mit Erfolg: 8,6 Prozent bedeuteten für die vielfach schon totgesagte Partei einen Triumph. Kaum jemand zweifelt heute noch daran, dass der NRW-Landeschef an die Spitze der Bundes-FDP rücken wird. Entscheidende Frage: Wann? Quelle: dpa
Katja Kipping, 34, Linke: Eigentlich hatte die Dresdnerin gar keine Ambitionen, bis an die Spitze der Linken aufzusteigen. Statt um die Vermittlung zwischen den zerstrittenen Parteiflügeln wollte sie sich um ihre erst wenige Monate alte Tochter kümmern. Als sich die Fronten im Machtkampf um die Führungsposten immer weiter verhärteten, warf sie ihren Hut dann doch noch in den Ring - und wurde Anfang Juni auf dem Göttinger Parteitag schließlich zusammen mit dem baden-württembergischen Gewerkschafter Bernd Riexinger gewählt. Die beiden haben es geschafft, den Absturz der Linken in den Umfragen zu stoppen und wieder einen leichten Aufwärtstrend herbeizuführen. Und sie haben wieder Ruhe in die Partei gebracht. Quelle: dapd
Andreas Schockenhoff, 55, CDU: Ein Vorfall im Sommer 2011 hätte die politische Karriere des Russland-Koordinators im Auswärtigen Amt beenden können: Nach einem Volksfest fuhr er betrunken nach Hause, beschädigte ein parkendes Auto und beging Fahrerflucht. Nach anfänglichen Vertuschungsversuchen trat er die Flucht nach vorn an, bekannte sich zu seiner Alkoholsucht und begab sich erfolgreich in Therapie. Nach vier Wochen kam der Baden-Württemberger in den Bundestag zurück. Jüngst initiierte er eine Bundestagsresolution mit außergewöhnlich scharfer Kritik an der russischen Führung und beklagte die Straflagerhaft für die Punkband Pussy Riot. Moskau reagierte empört, Bürgerrechtlicher dankten es ihm und Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm die Resolution bei ihrem Besuch in Moskau im November auf. Quelle: dapd
Die VerliererChristian Wulff, 53, CDU: Es war ein steiler Absturz: Am 17. Februar musste Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurücktreten. Die Staatsanwaltschaft hatte die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Am Ende ging es um die Frage, wer einen Urlaub auf Sylt bezahlt hat. Doch der Rücktritt vom höchsten Staatsamt war noch nicht der Tiefpunkt: Es folgte ein demütigender Großer Zapfenstreich mit ohrenbetäubenden Protesten. Dann das Gerangel um den Ehrensold und die Buchveröffentlichung seiner Frau Bettina, von vielen als peinlich empfunden. Dann im November ein Lichtblick: Wulff hielt wieder eine öffentliche Rede in Deutschland. Das Echo war verhalten. Quelle: dapd

Heil will davon nichts geahnt haben. Er schrieb am Dienstag bei Twitter: "Ich wusste nicht, dass sich Eltern einer früheren Mitarbeiterin auf Zeitungsanzeige für Wohnzimmergespräch beworben haben und ausgewählt wurden." Auch Steinbrück habe nicht gewusst, dass er quasi zu Gast bei (Partei-) Freunden war, beteuerte Heil. Auch Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer betonte, beworben habe sich schließlich die Mutter der ehemaligen Mitarbeiterin, und man könne die Leute nicht bis in die zweite Generation checken. Es habe sich nicht um eine SPD-Veranstaltung gehandelt.

Die Steinbrück-Boys

Nichtsdestotrotz ergießen sich Kübel voll Hohn und Spott über Steinbrück und sein neuestes Fettnäpfchen. Im sozialen Netzwerk Facebook wurde bereits das Schlagwort "Eierlikörgate" geprägt, und bei Twitter fliegt Steinbrück unter dem Hashtag "#Eierlikörgate" einiges um die Ohren. Mit schnippischen Bemerkungen wie "(Das) war ein genialer Trick der Eierlikörindustrie! Was die Peer Steinbrück wohl zahlen mussten?", "Erst hatten sie kein Glück, und dann kam auch noch dazu" oder "Wenn man Vorwerk, die Zeugen Jehovas und den Bofrost-Mann endlich los ist, kommt er: Der ProblemPeer!" macht sich das Netz über den SPD-Mann lustig. Eine andere Nutzerin twittert schadenfroh: "Noch so 'n #Eierlikörgate und die SPD ist unter 20%".

Die SPD hatte vor Weihnachten in niedersächsischen Regionalzeitungen per Anzeige nach Interessenten gesucht. Mehr als 150 private Gastgeber hatten - laut SPD - den 66-jährigen Steinbrück eingeladen. Die "Wohnzimmergespräche" sollen in den nächsten Monaten in ganz Deutschland fortgeführt werden. "Wir schicken ihn auf die Ochsentour, das kommt sehr gut an", sagte der Berliner SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist davon überzeugt, dass Peer Steinbrück trotz der miserablen Umfragewerte Kanzlerkandidat bleiben wird. „Peer Steinbrück ist Kanzlerkandidat vor und nach der Niedersachsen-Wahl“, sagte Steinmeier zu „Spiegel online“ mit Blick auf die Landtagswahl am Sonntag. Falls es dort für Rot-Grün nicht reichen sollte, dürfte die Debatte über Steinbrück in der Partei in Fahrt kommen - allerdings hat die SPD kaum Alternativen.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte am Mittwoch in Berlin: "Peer Steinbrück ist unser Kanzlerkandidat und er bleibt unser Kanzlerkandidat." Der frühere Finanzminister sei "ein Zugpferd". "Der wird nicht versteckt, der wird vorgezeigt." Den erneut gesunkenen Umfragewerten begegnete Oppermann mit demonstrativer Gelassenheit. "Das beeindruckt uns überhaupt nicht", sagte er. Manfred Güllner arbeite im Übrigen gerade vor Wahlen "mit extremen Zahlen".

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