Spitzentreffen Ökostrom-Reform wird zur Zitterpartie

Am Freitag soll der Bundestag eigentlich die Ökostrom-Reform beschließen. Doch Details sind bis zuletzt strittig, auch Brüssel hat neue Einwände. Jetzt müssen die Koalitionsspitzen es richten.

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Windräder drehen sich vor den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks: Schwarz-Rot muss um die Ökostrom-Reform ringen. Quelle: dpa

Berlin Die für Freitag geplante Verabschiedung der Ökostrom-Reform wird für Union und SPD zur Zitterpartie. Wegen strittiger Details legten die Partei- und Fraktionschefs am Montagabend bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt noch einmal Hand an den Entwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Bei der geplanten Umlage für Strom-Selbstversorger gibt es intern als auch mit der EU-Kommission Differenzen. Die Pflichtabgabe soll helfen, die Strompreisbelastungen der Bürger etwas zu dämpfen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer, SPD-Chef Sigmar Gabriel sowie Unions-Fraktionschef Volker Kauder und sein SPD-Pendant Thomas Oppermann berieten dem Vernehmen nach, wie hier eine EU-rechtskonforme Lösung gefunden werden kann. Am Dienstag kommen die Koalitionsfraktionen zu Sondersitzungen zusammen, um einen möglichen Kompromiss zu billigen.

Kauder und Oppermann betonten, sie erwarteten trotz der bis zuletzt strittigen Details weiterhin eine Verabschiedung im Bundestag am Freitag. Die Regelungen zum Eigenverbrauch hatten sich als ein Hauptknackpunkt herauskristallisiert. Gegen den Plan, alle neuen Strom-Selbstversorger - vom Kraftwerk bis zur kleinen Solaranlage - ab 2015 mit einer Mindestabgabe zu belegen, gibt es Widerstand, vor allem, weil auch neue Solaranlagen auf dem Dach mit unter 10 Kilowatt Leistung einbezogen werden sollen.

Sie alle sollten nach einem Vorschlag der Fraktionen künftig 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent. Damit soll einer Schieflage begegnet werden: Durch die steigende Selbstversorgerzahl werden die

Umlagen und Abgaben beim Strompreis auf weniger Schultern verteilt, die anderen zahlen automatisch mehr beim Strompreis.

Wegen des Widerstands gegen die 40 Prozent EEG-Umlage für alle Eigenstromversorger war man zuletzt wieder auf den Entwurf der Regierung zurückgegangen: Demnach müssten Industrieunternehmen 15 Prozent Umlage und etwa Supermärkte mit einer großen Solaranlage 50 Prozent Umlage zahlen. Kleine Solaranlagen fallen unter eine Bagatellgrenze und müssen nichts bezahlen. Doch diese Spreizung ist in Augen der EU-Kommission ein Problem, ebenso die Nicht-Belastung von bestehenden Anlagen zur Eigenstrom-Versorgung. Auch die Bundesländer hatten sich gegen dieses Modell ausgesprochen.

Ein Kompromiss müsste auch noch mit Brüssel abgestimmt werden. Die Zeit drängt, da das Gesetz eigentlich zum 1. August in Kraft treten muss: Denn sonst können Firmen mit hohem Verbrauch nicht mehr rechtzeitig Anträge für Rabatte bei den Ökostromförderkosten stellen.

Der Bundesrat soll am 11. Juli das Gesetz abschließend beraten. Es ist aber nicht zustimmungspflichtig, so dass die Länder es nur verzögern könnten. Aber wegen des Zeitdrucks bei den Industrierabatten will die Bundesregierung dies unbedingt vermeiden.

Die Grünen forderten rasche Klarheit. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann sagte, die große Koalition müsse den Fraktionen ein anständiges Beratungsverfahren zusichern. „Wer auf den letzten Drücker jetzt umfangreiche Änderungen einreichen will, muss dafür sorgen, dass diese auch ordentlich bearbeitet und von den Fraktionen beraten werden können. Alles andere ist eine Missachtung des Parlamentes.“ Zur Not werde man eine Verschiebung der Abstimmung beantragen.

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