Spitzentreffen Poker um Fiskalpakt geht weiter

Die Koalition braucht die Stimmen von SPD und Grünen - die Positionen aber sind unverändert. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld. Die SPD erhofft sich Rückenwind von den Gesprächen, die sie mit Hollande führt.

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Frank Walter Steinmeier (v.l.n.r.), Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel: Ihre Parteien, SPD und Grüne, fordern einen gewissen Preis für ihre Zustimmung. Quelle: dpa

Berlin Einen Tag vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt geht das Pokern um den europäischen Fiskalpakt zwischen Koalition und Opposition weiter. Der Hauptstreitpunkt bleibt unverändert die verbindliche Einführung einer Steuer auf alle Finanzgeschäfte.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hält eine Entscheidung vor der Sommerpause des Bundestags aber immer noch für möglich. „Ich sehe jetzt keinen Selbstzweck darin, die Abstimmung darüber in den Herbst zu verschieben“, betonte er am Dienstag im ZDF. Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle warf der SPD im Deutschlandfunk vor, mit unrealistischen Forderungen die Entscheidung hinauszuzögern.

Ein weiteres Treffen beider Seiten war am Montagabend ohne Ergebnis geblieben. An diesem Mittwoch wollen die Partei- und Fraktionschefs gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen beraten.

Anschließend fliegen Steinmeier, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück zu Gesprächen mit dem neuen französischen Präsidenten François Hollande und mit Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault nach Paris. Frankreich führt bereits zum 1. August eine noch von der alten Regierung beschlossene Finanztransaktionssteuer ein. Die neue sozialistische Führung in Paris will diese Regelung deutlich verschärfen.

Die Koalition braucht wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit Stimmen von SPD und Grünen. In einer Arbeitsgruppe soll an diesem Dienstagabend versucht werden, bei den geplanten Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum und gegen Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu einer gemeinsamen Linie zu kommen.

Völlig ungewiss ist auch noch, ob der Bundesrat dem Projekt zustimmen wird. Eine Reihe von SPD-geführten Ländern, aber auch CDU-Ministerpräsidenten verlangen einen finanziellen Ausgleich für die zusätzlichen Sparanstrengungen, die Länder und Kommunen durch den Fiskalpakt schultern müssen.

Verärgert zeigte sich Steinmeier, dass nach einer ersten Annäherung von Seiten der Koalition betont worden war, die Steuer werde es in dieser Wahlperiode nicht mehr geben. Wenn getroffene Vereinbarungen infrage gestellt würden, „dann befürchte ich, werden wir so leicht nicht vorwärtskommen“, sagte Steinmeier.

Barthle hält dies für unbegründet. Es gebe keine Zweifel, dass sich die Regierung für die Finanztransaktionssteuer einsetzen werde. „Ein solches Projekt ist auf europäischer Ebene aber nicht von heute auf morgen realisierbar“, sagte er. Selbst wenn es einen Kabinettsbeschluss mit einem klaren Zeitplan gebe, wie von der Opposition gefordert, könne die Bundesregierung nicht darüber entscheiden, wie der Europäische Rat dieses Thema weiter voranbringe. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), forderte SPD und Grüne auf, dem EU-Fiskalpakt schnell zuzustimmen. „Europa schaut, wie sich Deutschland verhalten wird“, sagte er.

FDP-Chef Philipp Rösler versicherte, die Liberalen seien vertragstreu. „Wir stehen zu unseren Kompromissen, wir stehen als FDP zu der Verantwortung, die wir in dieser Bundesregierung tragen,“ erklärte der Wirtschaftsminister in Berlin.

Vertreter beider Seiten hatten sich nach einem rund zweistündigen Gespräch mit Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) am Montagabend ohne erkennbare Annäherung getrennt. Der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann, der an der Runde teilnahm, forderte danach: „Die Koalition muss den unumkehrbaren Weg zur Einführung der Finanztransaktionssteuer einschlagen. Wir fordern einen eindeutigen Beschluss, der auch einen konkreten Zeitplan umfassen sollte.“

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