Für diesen Schnitt gibt es gute Argumente. Mehr Konkurrenz führte dazu, dass das Netz effizient genutzt würde und Kunden die besten Angebote erhielten. „Momentan kann die Deutsche Bahn aber andere Wettbewerber benachteiligen“, heißt es im Programm der FDP. „Denn sie betreibt fast das gesamte deutsche Schienennetz.“ Die Liberalen gehen noch weiter: Im Anschluss an eine Trennung „sollen die Betreibergesellschaften an die Börse gebracht werden“.
In der Konzernzentrale der Bahn setzt man angesichts der gelb-grünen Einhelligkeit auf den erneuten Widerstand der Union. Oder wenigstens auf deren Milde – und Personalpolitik. Es werde stark darauf ankommen, wer das Verkehrsministerium übernehmen wird, ist im Bahntower zu hören.
Die meisten hoffen auf Andreas Scheuer. Der CSU-Generalsekretär war von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium unter CSU-Minister Peter Ramsauer, der zwar die Fernbusse auf die Bahn losließ, aber strukturell nichts änderte. Von Scheuer ginge weniger Veränderungsgefahr aus als etwa von Anton Hofreiter, dem unbequemen Fraktionsvorsitzenden der Grünen. Den Mann, den alle Toni nennen, fürchtet die Bahn am meisten. Hofreiter war von 2011 bis 2013 Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag und galt als notorischer Kritiker des Konzerns. Er gehört der 14-köpfigen Verhandlungsrunde der Grünen für eine mögliche Jamaika-Koalition an. Seit Jahren fordert er die Trennung von Netz und Betrieb.
Grüne wie Liberale sind überzeugt, dass ein staatlich betriebenes Schienennetz, das unabhängig und neutral agiert, deutlich mehr Verkehr auf die Schiene holen kann, als es beim heutigen Konzern der Fall ist. Damit schlagen sich die Parteien nicht nur auf die Seite der Europäischen Kommission. Auch die Monopolkommission in Bonn wirbt seit Jahren für eine Entflechtung. „Mit einer Jamaika-Koalition bietet sich die Chance, schon seit Langem gestellte Forderungen der Monopolkommission umzusetzen“, sagt der Vorsitzende Achim Wambach. Es bestehe „immer noch ein erhebliches Diskriminierungspotenzial durch die Deutsche Bahn“. Eine Aufspaltung von Netz und Betrieb würde „neue wettbewerbliche Impulse setzen in einem Sektor, der immer noch stark von einem Unternehmen dominiert wird.“
Wettbewerb statt Geklungel
Dank Jamaika bekommt die ewige Debatte über die Rolle der Staatsbeteiligungen auch in anderen Bereichen eine neue Dynamik. Beispiel Deutsche Telekom. Zwar ist der Bund mit dem Konzern längst nicht mehr so stark verbandelt wie im Falle der Bahn. Doch die Macht der Bonner Lobbyarmee dürfte in Berlin künftig nicht mehr ganz so weit reichen wie bisher. Den scheidenden Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) konnte der Staatskonzern noch als Fürsprecher einbuchen: Dobrindt sorgte dafür, dass der Konzern seine vorhandenen Kupferleitungen aufpeppen und exklusiv vermarkten durfte. Das hat den Ausbau des Glasfasernetzes ausgebremst.