Staatswirtschaft Die Koalition ist auf Geisterfahrt

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Beim künftigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wollen die Euro-Länder die privaten Gläubiger nicht an den Schäden beteiligen. Die Bundesregierung möchte stattdessen die deutschen Steuerzahler mit bis zu 190 Milliarden Euro bürgen und im Ernstfall auch bluten lassen. Eine "moderne Variante des staatsmonopolistischen Kapitalismus" (Habermann), in der Banken und Versicherungen ihre Risiken kollektivieren, gleichwohl aber hohe Renditen aus Griechenland- oder Portugal-Anleihen einstreichen.Die Pflegeversicherung soll auf Wunsch von Unions-Politikern auch bei geistigen und seelischen Störungen zahlen und einen Inflationsausgleich einführen. Philipp Rösler, Gesundheitsminister und designierter FDP-Chef, will ebenfalls die Leistungen aufpeppen, Angehörige entlasten und die Einstufung in Pflegeklassen überholen. Steigende Beiträge der Zwangsversicherung sind programmiert, eine Erhöhung um bis zu 0,6 Prozentpunkte findet die Koalition vertretbar.Die für Sommer geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes will die Union noch einmal aufdröseln und die Unternehmen zum schnellen Ausbau der Breitbandnetze verpflichten – finanziert per Zwangsumlage der Bürger. Ein "schwerer Eingriff in die marktwirtschaftliche Organisation der deutschen Wirtschaft", kritisiert der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer.

Vormarsch der Neo-Dirigisten

Es scheint, als befinde sich die Regierung von Angela Merkel in einem dirigistischen Rausch, den auch keine noch so katastrophalen Wahlergebnisse beenden können. Seit der Rettungsaktion für die deutschen Sparer, als sich Merkel und ihr damaliger Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 5. Oktober 2008 vor die Kameras stellten und sämtliche Bankeinlagen der Bürger garantierten – übrigens ohne jede rechtliche Verbindlichkeit –, greift die Merkel-Regierung ein ums andere Mal in die Marktwirtschaft ein. Sie nennt es gern Schutz- oder Rettungsschirme; wohlklingende Worte, die die faktische Entmündigung der Marktteilnehmer verschleiern.

Auch die Klimakatastrophe muss für die dirigistische Politik herhalten. Die in internationalen Abkommen vereinbarten Emissionsziele nutzt die Bundesregierung, um daheim Bürger und Betriebe in einzigartiger Weise zu bevormunden.

Der Neodirigismus führt dabei zu teilweise grotesken Fehlentwicklungen. Wegen des Biokraftstoffs E10 und des Verstromens von Mais schießen die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe, müssen Hunderte Millionen Menschen hungern. Die staatlich verordneten Energiesparlampen können Mensch und Umwelt mit Quecksilberausdünstungen gefährden. Bei den subventionierten Solardächern schafft die eines Tages anstehende Entsorgung von Altanlagen ebenfalls ökologische Probleme.

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