Start-ups „Der Wagniskapitalmarkt ist in Deutschland zu klein“

Beim Handelsblatt-Wirtschaftsclub in Dortmund diskutierten Leser mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Beckmeyer und den Chefs des Handelsblatt Research Institutes über die Ursachen der Gründungsflaute.

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Diskussion um niedrige Gründungszahlen.

Dortmund Es ist keine positive Bestandsaufnahme für den Innovationsstandort Deutschland, die Uwe Beckmeyer beim Werkstattgespräch des Handelsblatt Wirtschaftsclubs zieht. „Das Gründungsgeschehen stagniert momentan“, sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium im historischen Sudhaus in Dortmund. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes, drückt es noch deutlicher aus. Die Zahl der neuen Gründungen sei auf einem „Rekordtief“, warnt er. Laut dem aktuellen Gründungsmonitor der KfW ist die Zahl der Existenzgründer im Jahr 2015 um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Zudem ist der Anteil der Gründer mit Marktneuheiten zurückgegangen.

Gemeinsam mit Dirk Heilmann, Geschäftsführer des Handelsblatt Research Institutes diskutierten Handelsblatt-Leser am Mittwoch über die Ursachen des derzeitigen Gründungstiefs.

„Die Förderkulisse ist eigentlich ganz ordentlich“, stellte Rürup fest. Allerdings werde es schwierig, wenn die Unternehmen viel Geld für ihr Wachstum brauchen. „Der Wagniskapitalmarkt ist in Deutschland im internationalen Vergleich noch zu klein“, erläuterte Wirtschaftsstaatssekretär Beckmeyer und regte unter anderem an, das Geld, was derzeit noch auf Bankkonten schlummere und ohnehin wenig Zinsen abwerfe, doch in Start-ups zu stecken. 

Kein Zweifel bestand unter den Diskutanten darin, dass Deutschland mehr Start-ups braucht, vor allem im Hochtechnologiebereich. „Wir müssen gerade beim Thema Industrie 4.0 ganz genau aufpassen, was in der Welt passiert“, mahnte Beckmeyer. Deutschland habe da „eine Marke gesetzt“. Nun müsse diese aber auch mit Neuem gefüllt werden.


„Den Deutschen fehlt nicht das Gründergen“

Beckmeyer will Gründer und solche, die es noch werden wollen, „mehr an die Hand nehmen“. Unternehmensgründungen hätten in Deutschland Tradition, manchmal bräuchten die potenziellen Gründer aber noch einen „Schubs“.

„Den Deutschen fehlt nicht das Gründerge, sagte Roland Kirchhof, Co-Präsident des Business Angels Netzwerks Deutschland. Er sehe das Problem vielmehr bei den Hochschulen, die die jungen Gründer mit ihren Ideen nicht genügend unterstützen.

Unter die Diskutanten hatte sich auch die SPD-Mittelstandsbeauftragte Sabine Poschmann gemischt, die in Dortmund ihren Wahlkreis hat. Sie betonte, wie viele Netzwerke und Beratungseinrichtungen es etwa in der Ruhrstadt bereits gebe. Doch Berater und potenzielle Gründer kämen nicht zueinander, habe sie festgestellt. „Da hakt es absolut.“ 

Ulrich Binhold, der 1986 selbst ein Unternehmen gründete und  seit Jahrzehnten treuer Handelsblatt-Leser ist, forderte, dass bereits früh Unternehmertum gelehrt werden sollte. Man könne „in der Schule einfach mal das Fach „Wie gründe ich ein Unternehmen“ einführen", schlug er vor. Beckmeyer  räumte ein, dass es in dem Bereich bei der Bildung in Deutschland noch Defizite gebe. Die zuständigen Länder seien aber dabei, dass zu ändern. 

Die Diskussionsteilnehmer sahen jedoch nicht nur die Politik in der Pflicht, mehr für die Start-up-Szene in Deutschland zu tun. Auch die alteingesessenen Unternehmen müssten für frische Ideen und gegenüber Start-ups aufgeschlossener sein, forderte Hans-Peter Sollinger vom Mittelstandsfinanzierer Rantum Capital. Die Etablierten haben die Offenheit für Neues nicht“, kritisierte er. 

Im Anschluss an das Gespräch nutzten die Teilnehmer noch die Gelegenheit, um zwischen den alten Brauerei-Kesseln bei Getränken und Snacks die Diskussion fortzusetzen.

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