Steinbrücks Eierlikörgate „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“

Nichts läuft gut für Steinbrück: die Wirtschaft zerreißt seine Pläne, die SPD stürzt in einer neuen Umfrage in die Tiefe und er selbst hangelt sich zum nächsten Patzer. Sein erster „Hausbesuch“ ging mächtig schief.

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Quelle: dpa

Berlin Peer Steinbrück lässt wirklich kein Fettnäpfchen aus. Nun gerät auch noch eine als Schmankerl für die Wählerschaft gedachte Aktion zum Debakel für den SPD-Kanzlerkandidaten. Es ist zum verrückt werden, dürften viele Genossen gedacht haben, als sie von dem neuen Unheil erfuhren. Oder vielleicht sind sie auch mittlerweile gar nicht mehr so sehr überrascht über das, was ihr Frontmann sich so leistet, weil sie eine Weisheit teilen, die einst Ex-Fußballprofi Andy Brehme in die Welt gesetzt hat: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“ Soll heißen: Es ist eben so, wie es ist. Und es wird wohl auch nicht besser werden.

Der neue Patzer des Merkel-Herausforderers ist jedenfalls kein Beispiel dafür, dass Steinbrück aus Fehlern gelernt hat. Er zeigt vielmehr, dass er entweder schlecht beraten wird oder dass er nicht verstanden hat, dass er in einer Zeit, in der sich jedes Ereignis-Fitzcheln in Windeseile über das Internet in den diversen sozialen Medien verbreitet, niemanden hinters Licht führen kann.

Worum geht es? Es geht um Steinbrücks groß angekündigte „Wohnzimmergespräche“, um mit normalen Bürgern ins direkte Gespräch zu kommen. Am Montag besuchte der Ex-Finanzminister zum Auftakt in Braunschweig ausgerechnet die Eltern einer ehemaligen Mitarbeiterin von SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Seit 2008 arbeitete die Frau in Heils Wahlkreisbüro in Gifhorn, zudem war sie Stadtbezirksverordnete im Braunschweiger Stadtteil Nordstadt.

Heil will davon nichts geahnt haben. Er schrieb am Dienstag bei Twitter:

Dem SPD-Kanzlerkandidaten nutzt das allerdings wenig. Denn als der Fauxpas auffiel, hatte Steinbrücks Team bereits für ihn bei Twitter gepostet:

Dass nun infolge des Shitstorms und des darin losbrechenden Spotts der Eindruck entsteht, hier sei etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen, hält Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer für Blödsinn. Beworben hätten sich schließlich die Eltern Bebnowski: „Wir können nicht jeden auf seine Verwandtschaft hin abklopfen“, zitiert die „Frankfurter Rundschau“ Donnermeyer.


"Zufälle gibt's"

Heil spricht von Zufall. Was er nicht sagt, ist, dass dieselbe Familie von ihm selbst schon 2009 für eine ähnliche Aktion besucht worden war.

„Zufälle gibt's“, spöttelt denn auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Jan Mücke, der wie viele andere nur noch von „Eierlikörgate“ spricht in Anspielung auf eine Aussage Steinbrücks in der „Bild am Sonntag“. Dort hatte er angekündigt, zu seinen Wohnzimmergesprächen Kuchen mitzubringen und Eierlikör zu trinken, sofern ihm einer angeboten werde.

Hat der Eierlikör das verdient, dass er jetzt in Verbindung mit dem aus dem „Watergate“-Skandal entlehnten „-gate“  zum Suchwort schlechthin avanciert, wenn es um Steinbrück-Patzer geht? Die Twittergemeinde juckt das wenig. Sie mehrt sich regelrecht aus unter „Eierlikörgate“ und drischt auf Steinbrück ein, was das Zeug hält.

Die Opposition nimmt die Steilvorlage gerne auf und schüttet ebenfalls Hohn und Spott über den Merkel-Herausforderer aus: „Mr. Klartext ist wohl doch eher ein Mr. Fettnapf“, schreibt FDP-Fraktionsvize Volker Wissing.

Die Junge Union fühlt sich durch Steinbrücks Kampagne immer stärker an eine alte Titanic-Aktion erinnert: „Wir geben auf. SPD.“

Selbst FDP-Chef Philipp Rösler kann nicht an sich halten. Bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts sagt er auf eine Reporterfrage, wie er den Umfrageeinbruch für den SPD-Kanzlerkandidaten bewerte: „Ich möchte nicht, dass ein sehr positiver Jahreswirtschaftsbericht in Zusammenhang mit Peer Steinbrück gebracht wird. Das ist ein wunderbarer Tag für die deutsche Wirtschaft und die Menschen in unserem Lande. Und das wollen wir nicht mit Problemen anderer Menschen belasten.“

Neue Probleme will die SPD nach eigenem Bekunden nunmehr vermeiden. Zumindest was den Wohnzimmer-Wahlkampf betrifft.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, kündigte an, dass er selbst den nächsten Einlader Steinbrück vorgeschlagen habe. Der Mann habe ihn am Rande einer Wahlkampfveranstaltung angesprochen.

"Das ist natürlich kein Sozialdemokrat, sondern ein Mann aus dem Leben", unterstreicht Oppermann. Das Lachen der Anwesenden richtig deutend, korrigierte er umgehend den zweiten Teil des Satzes: "sondern wie ein Sozialdemokrat ein Mann mitten aus dem Leben".

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