Stephans Spitzen

2017, das Jahr, in dem wir alles schaffen

Cora Stephan Politikwissenschaftlerin

Es könnte alles anders, ja, vielleicht sogar besser werden. Dass nichts so bleiben muss, wie es ist, hat die Bundesregierung schließlich selbst bewiesen. Wenn nur der Wille da ist.

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Angela-Merkel Quelle: REUTERS

Der Mensch braucht Rituale. Zäsuren. Den Glauben an einen Neuanfang. Die Feier des neuen Jahres, in dem alles anders wird. Besser. Man kann es sich ja wenigstens vornehmen, oder? Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Natürlich weiß der Mensch, der schon seit ein paar Jahrzehnten das jeweils neue Jahr begrüßt hat, dass sich mit großer Wahrscheinlichkeit gar nichts ändern wird, außer dem üblichen: der Winter macht, was er will. Gute Aussichten bietet das Frühjahr. Es wird auch in diesem Jahr Sommer! Und wenn der Herbst kommt, könnte es ein gutes Weinjahr geben.

Menschen verlieben sich, Kinder werden geboren, die Alten sterben nach einem erfüllten Leben, die Zahl der Verkehrstoten sinkt auch weiterhin, ebenso die Kriminalitätsraten derjenigen, die schon länger hier leben.

Mir persönlich würde das eigentlich schon reichen, man sollte seine Ansprüche nicht zu hoch schrauben. Auch nicht die an die Politik. Doch warum so kleinlich? Warum sollte nicht auch da alles anders, ja womöglich sogar besser werden?

Die guten Nachrichten zuerst: an den Grenzen des Schengenraums, aber auch innerhalb, wird überprüft, wer kommen will und wer bleiben darf. Asyl in Deutschland erhält, wer persönlich verfolgt wird. Frauen mit Kindern aus Bürgerkriegsgebieten wird Schutz gewährt, ebenso verfolgten Homosexuellen und Christen. Polizeilich bekannte „Intensivtäter“, die illegal eingewandert sind, werden in Abschiebehaft genommen. Den Ländern, aus denen sie kommen und die sie nicht wiederaufnehmen wollen, wird jede wie auch immer geartete Unterstützung entzogen.

Unsere Bundesregierung ist mutig. Endlich nimmt sie den Kampf gegen Fake News auf. Schließlich wissen Politiker am besten, was wahr und was schlichtweg Lüge ist. Am besten wäre wohl ein eigenes Wahrheitsministerium.
von Cora Stephan

Das Problem mit den „Nafris“, den nordafrikanischen Intensivtätern, kennen wir schon länger. Zur Entlastung unserer Regierung: es hat mal nichts mit den folgenschweren Entscheidungen vom September 2015 zu tun. Höchstens mit einem Asylgesetz, das jeden, der das Wort aussprechen kann, unter eine schützende Glocke stellt. Doch auch das kann geändert werden, so ein Parlament das will.

Das seien einfache Lösungen für komplizierte Probleme? Ach was. Es braucht dazu nur eines: den politischen Willen. Den hat die Kanzlerin in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt. Wir wissen seit der Euro“rettung“, der Energie“wende“ und der Politik der offenen Arme im September 2015, dass man alle rechtlichen und anderen Komplikationen umstandslos umschiffen kann, wenn man nur will.

Insofern: wir schaffen das.

Kosten und Mühen sparen - Wahlen abschaffen?

Und wenn wir das geschafft haben, wird 2017 von Heiterkeit und Menschenliebe geprägt sein. Das Land kann sich endlich wieder anderen Problemen zuwenden, zum Beispiel dem, wie man die weitgehend nutzlosen Windkraftanlagen wieder aus der Landschaft entfernt.

Klar, Zyniker, Rechthaber, Realisten und andere negative Kräfte werden jetzt kommen und miesepetrig ihre Einwände vorbringen. Die üblichen Schwarzmaler werden vorausschauend 2017 für ein Jahr größten Missfallens erklären, denn, richtig: es ist ein Wahljahr. Am 26. März geht es los mit den Landtagswahlen im Saarland, es folgt Schleswig-Holstein am 7. Mai, eine Woche später ist Nordrhein-Westfalen dran und am 17. September wird zur Bundestagswahl geblasen.

Wenn Wahlkampf ist, hat kein Politiker mehr Zeit für Politik, es muss ja dem Volke erklärt (eigentlich: beigebogen) werden, wie es richtig wählt. Außerdem müssen die lässlichen Wahlkampfversprechen von den schlimmen falschen Meldungen (und Meinungen) unterschieden werden, was nicht ganz einfach sein dürfte. Kurz: man erwarte von 2017 nichts, nur das übliche Geholze und Gebolze, vielleicht noch ein wenig verschärft angesichts der Inthronisation von Donald Trump als Präsident der USA und eines möglichen Wahlerfolgs von Marine Le Pen im April in Frankreich.

Unnütze Gedanken über Angela Merkel und die Zukunft der CDU nach ihrem Auftritt in der Sendung „Anne Will“.
von Cora Stephan

Ganz schlimme Zyniker schlagen als wirkungsvolles Mittel gegen all das eine kostensparende Lösung vor: das Wählen einfach abzuschaffen. Dann gäbe es auch keinen Wahlkampf mehr und keine „Destabilisierung“ durch falsche Meinungen (oder Politik-Versprechen), denn wenn niemand mehr einen Vorteil davon hat, kann gelogen werden, dass sich die Balken biegen, das wäre ebenso egal wie die Wahrheit. Vor allem aber könnte die Regierung ohne Wahlen einfach weiter regieren mit ruhiger Hand, weiter und weiter und weiter, völlig ungestört von Störern, Pack, Pöbel und Volk.

Sollen sich die Zyniker durchsetzen? Oder gewinnen die Beharrungskräfte, die den negativen Kräften auch im neuen Jahr Zuversicht entgegenhalten? Die trotzig daran glauben: Ja, man kann alles ändern! Wenn man nur will. Manchmal hilft dabei sogar der Wahlzettel.

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