Stephans Spitzen

Gegen staatlich finanzierte Schnüffelei im Netz

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Nicht jede Kritik ist Hetze

Man würde so gern darüber lachen, wenn es nicht einige bitter ernst mit der Schnüffelei meinten. Das sind die, die den verdächtigen Täterkreis Maas-mäßig erweitern möchten: ums Bürgertum, dem eine „Rechtsdrift“ attestiert wird oder um Menschen, die „betont katholisch“ sind und die auf Kritik nicht umgehend mit „Mäßigung“ reagieren. Die Denunziantinnen und Hilfssheriffs durchforsten Facebook und Twitter und untersuchen nicht nur die Tweets, sondern auch die Likes des Gegners auf verdächtige Nähe zu allem, was sie für rechts halten – und wenn sie was gefunden haben, machen sie quietschefröhlich Meldung.

Ein Like unter dem „falschen“ Post? Schon bist du ein Hetzer. Eine ironische Äußerung, ein Witz, Satire? Getarnter Rassismus. Ein deplaziertes Smiley? Kann den Job kosten. Ein kritischer Satz über die Flüchtlingspolitik der Regierung? Schon hast du „mitgestochen“ – bei Henriette Reker in Köln oder beim eritreischen Flüchtling in Dresden. (Das war dann zwar doch nicht Pegida, sondern ein Landsmann, aber die Tat wäre dem „Pöbel“ doch durchaus zuzutrauen gewesen, oder?)

Wer die DDR erlebt hat, fühlt sich an alte Zeiten erinnert. Bei kaum einem löst das Nostalgie aus.

Heiko Maas hatte kürzlich eine Patrone im Briefkasten seiner Wohnung. Eine von vielen Drohungen gegen den Bundesjustizminister. Rechte Hetze und Gewalt nehmen zu. Was was können Bürger dagegen tun? Ein Interview.

Was ist passiert? Seit wann ist Kritik „Hetze“, seit wann sind ausgerechnet die Linken regierungsfromm (es sei denn, sie treffen in Berlin auf „Schweine“), seit wann müssen Deutsche per Kampagne vor „Rechts“ gewarnt werden? Seit es die AfD gibt, die, sofern sie sich nicht selbst zerlegt, ein Problem für die Konsensdemokratie werden könnte? „Die AfD ist zu einer ernsthaften Gefahr geworden, für all jene, die nicht in ihr rechtes Weltbild passen“, heißt es beim Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“, das „Stammtischkämpferinnen“ für den aktiven Widerstand ausbilden will – gegen alle, nehmen wir mal an, die nicht ins dort gepflegte Weltbild passen.[v] Dass der Kampf gegen die AfD schon mal mit Staatsknete finanziert wird, ist ebenfalls pikant: möchten sich die regierungstragenden Parteien mithilfe von Steuergeldern einer Konkurrenz entledigen?

Womöglich ist der Kampf gegen rechts auch deshalb so beliebt, weil er Arbeitsplätze schafft und Geld generiert. Die Amadeu-Antonio-Stiftung etwa beschäftigt 30 hauptamtliche Mitarbeiter, wird unter anderem vom Familienministerium finanziert und verfügt über ein Stiftungskapital von 379.700 Euro und Rücklagen von 1.3 Millionen.

Drohungen gegen Politiker sind nichts Neues. Aber Morddrohungen gegen Justizminister Maas und Grünen-Chef Özdemir sprengen den Rahmen. Die Täter kommen aus verschiedenen Ecken. Was sie eint, ist der Hass.

Vielleicht möchte man ja auch die Bürger von der Einsicht ablenken, dass sie es in diesem Land nicht vor allem mit einer Gefahr von rechts, sondern mit massivem Staatsversagen zu tun haben?

In einer jüngst veröffentlichten Studie im Auftrag des Versicherungskonzerns R+V heißt es, dass beinahe drei Viertel der Befragten bezweifeln, dass der Staat seiner Aufgabe noch gerecht wird, ihre Sicherheit zu gewährleisten – bei Terrorismus, politischem Extremismus und bei der Bewältigung der „Flüchtlingskrise“. Der wissenschaftliche Begleiter der Studie, der Politologe Manfred Schmidt, kommentiert: „Als ich begann, diese Studie zu begleiten, ging ich zunächst davon aus, dass sich das Volk treiben lässt, von dem was Politik und Medien sagen. Aber die Bevölkerung bildet sich bei kritischen Themen offenbar selbst ein Urteil.“

<Ironie on> Das ist natürlich ein echtes Problem. Wehret den Anfängen! <Ironie off>

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