Den Schweizer Banken sitzt die Angst im Nacken – nicht nur vor einem weiteren Reputationsverlust. Im Abkommen haben sie sich verpflichtet, vorab eine Garantiesumme von zwei Milliarden Franken (1,7 Milliarden Euro) an Deutschland zu überweisen. Dieses Geld bekommen sie erst dann komplett zurück, wenn vier Milliarden Franken aus der Nachversteuerung zusammengekommen sind. "Damit machen wir die Schweizer Banken zu unseren besten Verbündeten", freut sich Finanzstaatssekretär Koschyk.
Viele Abschleicher gibt es offenkundig nicht. Nur ein Prozent der deutschen Vermögen sei bisher aus der Schweiz abgeflossen, ermittelten zwei Großbanken bei einer Depotanalyse. Bei der UBS gingen davon zwischen Mitte 2010 und 2012 rund 55 Prozent nach Deutschland, weitere 30 Prozent in andere europäische Staaten mit Informationsaustausch, in die USA oder zu anderen Schweizer Banken. In die übrigen außereuropäischen Länder floss "jeweils deutlich weniger als ein Prozent", teilte die UBS mit; bezogen auf die deutschen Kontovermögen insgesamt sind dies weniger als 0,1 Promille.
Sozialdemokraten wollen Steuer-CDs
Die meisten Steuersünder wollen offenbar ihren Frieden schließen, zumindest aber nicht weiterflüchten. Viele der betroffenen Bundesbürger deponierten ihr Geld vor Jahrzehnten in Zürich, nicht allein um Steuern zu sparen. Nicht minder starke Motive waren die Angst vor einer weiteren Währungsreform und Russland. Der Kalte Krieg aber ist längst vorbei, und wer heute 70 oder 80 Jahre alt ist, möchte seinen Erben nicht unbedingt ein heißes Schweizer Konto hinterlassen.
Das Kontrastprogramm zum Abkommen heißt für die Sozialdemokraten Steuer-CDs. Sie seien "das wirksamste Instrument gegen Steuerhinterzieher", bekräftigt der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans. Damit aber fällt er Bundesfinanzminister Schäuble in den Rücken. Denn im ausgehandelten Abkommen mit der Schweiz verzichtet die Bundesregierung ausdrücklich auf den weiteren Ankauf gestohlener Datenträger.
Immer weniger Selbstanzeigen
Der Erfolg der CDs ist umstritten. Verurteilt wurden deswegen allein in NRW erst elf Beschuldigte, räumte Walter-Borjans unlängst auf eine Anfrage der Piraten ein. Allerdings haben sich seit 2010 ungefähr 6700 Steuerflüchtlinge in NRW, bundesweit rund 30 000, selbst angezeigt. Aus Selbstanzeigen, Geldbußen und Strafen nahm NRW seit Frühjahr 2010 insgesamt 570 Millionen Euro ein. Doch nach der ersten Flutwelle ist die Zahl der Selbstanzeigen zu einem Rinnsal geschrumpft.
Derweil gestaltet sich die Auswertung der Daten äußerst schwierig. So müssen die meist ungeordneten Datenfragmente aufwendig zusammengefügt werden, was mehrere Jahre dauern kann. Zum anderen können die Daten auch gefälscht sein. Vor Gericht haben sie jedenfalls keine Beweiskraft. Sie bilden lediglich Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen – oder für eine Hausdurchsuchung, wie im Fall des früheren Top-Managers Klaus Zumwinkel. In dessen Haus erst haben die Fahnder beweiskräftige Unterlagen sicherstellen können.