Steuerhinterziehung Wie Schäuble weltweit Steuersünder jagt

Mit einem Netz aus Informations- und Steuerabkommen macht die Bundesregierung weltweit Jagd auf Steuersünder. Zentrales Element ist der Vertrag mit der Schweiz. Doch ausgerechnet den wollen SPD und Grüne torpedieren.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Quelle: dpa

Seefahrer meiden Montserrat, die Karibikinsel südwestlich von Antigua. Es gibt keine aktuellen Seekarten, der Küstenfunk informiert täglich über vulkanische Aktivitäten. Der jüngste große Ausbruch des Soufrière Hills hat 1995 das nur 5200 Einwohner zählende Eiland zu zwei Dritteln unbewohnbar gemacht.

Als Steueroase aber besitzt Montserrat hohe Anziehungskraft, und deshalb hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Antilleninsel jüngst zum Abschluss eines Abkommens mit der Bundesrepublik gedrängt. Darin verpflichtet sich Montserrat, Daten über Kapitalerträge von Bundesbürgern nach Deutschland zu übermitteln. Und Schäuble kann wieder ein Häkchen auf seiner Weltkarte machen.

Es gibt immer weniger Schlupflöcher

Systematisch geht der Minister gegen Abschleicher vor, wie Steuerflüchtlinge seit Neuestem genannt werden. "Kein Land auf der Erde soll mehr ein Fluchtpunkt für deutsche Steuerhinterzieher sein können", erläutert sein Parlamentarischer Staatssekretär Hartmut Koschyk (CSU) die Strategie. Tatsächlich werden es immer weniger Schlupflöcher, durch die Hinterzieher noch verschwinden können.

Alte und neue Steueroasen
Ein Strand auf den Tobago Keys Quelle: dpa
Ein Schild mit dem Zeichen von Liechtenstein Quelle: REUTERS
Eine Stadt in Zypern Quelle: dapd
Festungsmuseum in Luxemburg Quelle: dpa
Wiener Opernball Quelle: dpa
Bauern in der Schweiz Quelle: dapd
Dubai Quelle: dapd

Um ein ganz großes, Singapur, kümmerte sich Schäuble Mitte Oktober persönlich. Um den südostasiatischen Stadtstaat ranken sich hierzulande Gerüchte, er übernehme die Rolle der Schweiz als neues Steuerparadies der Deutschen. Um diesen Eindruck zu zerstören, reiste nun der Bundesfinanzminister nach Fernost.

Zuvor schon hatte sein Ministerialbeamter Martin Kreienbaum in aller Stille mit Singapur ein neues Doppelbesteuerungsabkommen verhandelt und auch schon paraphiert. Mit dessen Hilfe wird Berlin bei Verdacht auf Steuerhinterziehung Namen, Konten und Vermögenswerte von Bundesbürgern abfragen können. Allerdings müssen die Parlamente in Singapur und Berlin dem Abkommen noch zustimmen.

Länder fordern Steuerehrlichkeit

Die OECD hat schon vor 14 Jahren den Kampf für mehr Steuerehrlichkeit aufgenommen, als Steuerhinterziehung noch vielfach als Kavaliersdelikt gegenüber einem räuberischen Leviathan galt. Bei Spitzensätzen von 53 Prozent Einkommensteuer (plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) in Deutschland konnten solche Gefühle durchaus aufkommen. Doch inzwischen haben viele einstige Hochsteuerländer ihre Sätze verringert, Deutschland um nahezu zehn Prozentpunkte. Dafür aber fordern die Länder auch verstärkt Steuerehrlichkeit ein.

Urteile für angebliche Steuerhinterzieher

Mitten in der schweren Finanzkrise erklärten die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Länder (G20) in London: "Das Zeitalter der Steuerhinterziehung ist vorbei" und setzten alle möglichen Steuerfluchtländer massiv unter Druck. Selbst Costa Rica, Malaysia, die Philippinen und Uruguay, die damals auf der schwarzen OECD-Liste unkooperativer Länder standen, willigten kurz darauf ein, internationale Steuerstandards umzusetzen. Seither überprüft die OECD Dutzende Länder auf ihre Fortschritte und berichtet darüber halbjährlich an die G20.

Auf einer Stufe mit Menschenhandel

Die fiesesten Steuertricks des Staates
Wie der Staat Steuerzahler abzockt Steuererklärung Wenn Steuerzahler beim Ausfüllen der Steuererklärung am Computer ein Feld vergessen und auf diese Weise Steuervorteile verschenken, stellt sich das Finanzamt immer wieder quer. Wer den Fehler erst bemerkt, wenn die einmonatige Einspruchsfrist gegen den Steuerbescheid abgelaufen ist, hat deshalb meist keine Chance auf eine nachträgliche Korrektur. Beim Bundesfinanzhof laufen derzeit mehrere Verfahren zu dieser Frage. Quelle: APN
Studienkosten Positive Gerichtsurteile hebelt die Bundesregierung immer wieder durch neue Gesetze aus. Nachdem der Bundesfinanzhof 2003 entschieden hatte, dass Studienkosten - also etwa Uni-Gebühren oder Ausgaben für Fachliteratur - voll absetzbar sind, erließ die damalige rot-grüne Koalition kurzerhand ein neues Gesetz. Doch 2011 entschied der BFH erneut, dass Studienkosten voll absetzbar sein müssen. Noch ist unklar, wie es nun weitergeht. Quelle: dpa
Die fiesesten Steuertricks des StaatesNicht-AnwendungserlasseEine Option des Bundesfinanzministeriums ist, dass Studienkosten-Urteil des Bundesfinanzhofs "über den entschiedenen Einzelfall hinaus" für nicht anwendbar zu erklären. Die schwarz-gelbe Koalition hatte zwar versprochen, die rechtsstaatlich fragwürdige Praxis der "Nicht-Anwendungserlasse" einzudämmen. Im Fall der Studienkosten hat das Bundesfinanzministerium einen solchen Erlass aber bisher nicht ausgeschlossen. Quelle: dpa
VerfassungswidrigkeitManche neue Steuervorschrift erweist sich wenig später als verfassungswidrig. In den vergangenen Jahren kassierte das Karlsruher Bundesverfassungsgericht zum Beispiel die Senkung der Pendlerpauschale sowie die beschränkte Absetzbarkeit eines häusliches Arbeitszimmers wieder ein. Quelle: Fotolia
Prostituiertensteuer Besonders einfallsreich zeigt sich der Fiskus, wenn es ums Erfinden neuer Abgaben geht. Die Behörden in Bonn zum Beispiel haben 2011 eine Abgabe von sechs Euro pro Tag für Prostituierte eingeführt. Zahlbar direkt ist die Flat-Tax an einem umgerüsteten Park-Automaten (Foto) in der Nähe des Straßenstrichs ("Steuerticket-Automat"). Die neue Abgabe soll der Stadt 300 000 Euro pro Jahr bringen. Quelle: dpa
PferdesteuerUngemach droht auch Pferdebesitzern. So fordern Finanzpolitiker in mehreren Kommunen, analog zur Hundesteuer eine Pferdesteuer einzuführen. Im Schleswig-holsteinischen Norderstedt zum Beispiel, wo es 3000 Pferde gibt, laufen die Diskussionen auf Hochtouren. Auch im hessischen Taunusstein und in Dortmund gibt es entsprechende Initiativen. Quelle: dapd
Branntweinsteuer Wenn solche Steuern nur vorübergehend erhoben würden, um schwache Phasen zu überbrücken, wäre das ja erträglich. Aber die Erfahrung zeigt: Hat der Staat eine Abgabe erstmal eingeführt, bleibt sie uns auch erhalten. Die Branntweinsteuer etwa wurde vor über hundert Jahren eingeführt, um den Aufbau der kaiserlichen Flotte zu finanzieren - und existiert noch heute. Quelle: dpa

In diesem Frühjahr drehte die Staatengemeinschaft die Daumenschrauben noch enger. Steuerhinterziehung gilt nun ab 50 000 Euro als Vortatbestand zur Geldwäsche und wird damit ähnlich wie Schmuggel, Drogen- und Menschenhandel bestraft. Vor allem die Amerikaner verstehen da keinen Spaß. Bei hohen Beträgen ab 50 Millionen Euro dürfen Hinterzieher damit rechnen, dass sich auch die US-Geheimdienste für sie interessieren. Auf deutscher Seite schaltet sich bei Geldwäscheverdacht das Bundeskriminalamt ein.

Banken wolle Herkunftsnachweise

Die Geldwäschekeule beeindruckt die Banken am meisten. Kaum ein Institut nimmt heute noch einen Koffer voller Banknoten an, ohne einen Nachweis über deren Herkunft zu verlangen.

Für Intensivtäter bleiben nur noch rechtsstaatlich entwicklungsfähige Länder des früheren Ostblocks oder Afrikas übrig. Wer dorthin flüchtet, sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass er sein Schwarzgeld möglicherweise überhaupt nicht mehr wiedersieht.

Für gutbürgerliche Flüchtlinge schrumpft die Zahl der Steuerparadiese drastisch. Fast alle karibischen Traumziele haben sich inzwischen zum automatischen Informationsaustausch nach den OECD-Standards verpflichtet. Singapur, früher ein regelrechtes Piratennest an der Straße von Malakka, führt heute strenge Geldwäschekontrollen durch und will mit Schwarzgeld von Deutschen nichts zu tun haben.

Welche Strafen Steuertricksern drohen

Neben den USA ist Deutschland eine der treibenden Kräfte im Kampf für mehr Steuerehrlichkeit. Der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner musste sich sogar von Schäuble die Klage anhören, dass US-Großkonzerne wie Google Hunderte Milliarden Dollar in der Karibik steuerfrei deponieren. Dabei handelt es sich um globale Gewinne mit Ausnahme derjenigen, die in den USA erwirtschaftet und dort brav versteuert werden. Zu Schäubles Ärger ist die Bermuda-Konstruktion nach internationalem Recht jedoch nicht zu beanstanden. Die USA verfügen eben über die Macht, sich über internationales Recht hinwegzusetzen, um sich die Steuern seiner Bürger und Unternehmen überall auf der Welt zu sichern.

Schäuble strickt an seinem Netz

So weit kann und will die Bundesregierung nicht gehen. Stattdessen strickt der Finanzminister emsig an seinem internationalen Informations- und Kontrollnetz, um sich so deutsches Steuersubstrat überall auf der Welt zu sichern:

  • Sein Ministerium durchforstet sämtliche Doppelbesteuerungsabkommen nach Schwachstellen. Aufstrebende Länder wie die Türkei oder Brasilien verlieren ihren Sonderstatus. Bei Ländern mit niedrigen Steuersätzen vereinbaren die Unterhändler neuerdings, dass die dort begünstigten deutschen Bürger und Unternehmen hierzulande die Differenz zum heimischen Steuersatz nachversteuern müssen.
  • Informationsabkommen sind mit möglichst allen Ländern der einst grauen OECD-Liste geplant, um Daten von deutschen Steuerpflichtigen zu sammeln.
  • Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wird personell aufgestockt, um die Daten besser auswerten zu können. "Schäubles Geheimdienst", wie Kritiker das BZSt auch nennen, baut überdies enge Kontakte zu ausländischen Finanzbehörden auf.

Schweiz ist bisher das beliebteste Ziel der Steuerflüchtigen

Steuerhinterziehung: Vom Kavaliersdelikt zum Verbrechen
Die schweizer Flagge vor einer Bank Quelle: dpa
Ein Bild vom 11. September 2001 Quelle: REUTERS
Hans Eichel Quelle: REUTERS
Schweizer Käse Quelle: AP
Klaus Zumwinkel Quelle: dpa
Das Logo der UBS Quelle: dapd
Schweizer Fahne auf einer CD Quelle: dpa

Das Kernstück im Kampf gegen Steuerflüchtlinge ist indes das Abkommen mit der Schweiz. Von den rund 500 Milliarden Euro, die Deutsche nach inoffiziellen und vagen Schätzungen am Fiskus vorbei ins Ausland verschoben haben sollen, wird weit mehr als die Hälfte allein in der Schweiz vermutet – gefolgt von Luxemburg und Österreich. Spätestens seit der SPD-Politiker Peer Steinbrück im März 2009 – damals Bundesfinanzminister, heute Kanzlerkandidat seiner Partei – den verschlossenen Eidgenossen mit der "Kavallerie" drohte, genießen die dortigen Bankkonten deutscher Steuerbürger allerhöchste Aufmerksamkeit.

Das deutsch-schweizerische Abkommen sieht eine pauschale Abgeltung aller Steueransprüche für die vergangenen zehn Jahre vor, außerdem für künftige Erträge eine Abgeltungsteuer von 26,4 Prozent wie in Deutschland (einschließlich Soli). Diese Woche will sich der Finanzausschuss im Bundestag mit dem Abkommen befassen, für den 26. Oktober ist die Abstimmung im Parlament angesetzt. Dank der Mehrheit von CDU, CSU und FDP dürfte diese Hürde kein Problem sein.

Das weltweite Netz der Steuerhinterziehung
Two women walk past a beggar sitting on the steps of an underground pedestrian crossing in downtown Moscow, Quelle: AP
Fishermen navigate their boats past an area of old buildings, which are under demolition work in front of hotel buildings that are under construction on the man-made Fenghuang (Phoenix) island Quelle: REUTERS
Two Russian women, who did not want to be identified, try on mink coats in Moscow Quelle: AP
Symbolische Schuldscheine Quelle: dpa
A girl hawks local snacks in the Dal neighbourhood before the break of fast on the second day of the holy month of Ramadan in Nigeria Quelle: REUTERS
Currency traders talk in front of the screens showing the Korea Composite Stock Price Index Quelle: dapd
Ein Mitarbeiter nimmt einen 1000 Gramm schweren Goldbarren Quelle: dpa

Opposition will Verträge scheitern lassen

Ungewiss ist hingegen der Ausgang im Bundesrat, der dem Abkommen ebenfalls zustimmen muss. In der Länderkammer verfügen Union und Liberale über keine Mehrheit. SPD und die Grünen haben auch mehrfach angekündigt, den Vertrag scheitern zu lassen. Schlecht ausgehandelt und nicht zustimmungsfähig sei das Abkommen, kritisiert Steinbrück. Vor allem der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hat sich auf den Vertrag eingeschossen. Der Genosse vom Rhein beklagt, die vorgesehene Nachversteuerung sei zu niedrig, und es blieben noch zu viele Schlupflöcher. Reiche Steuerhinterzieher will der SPD-Minister lieber mit Steuer-CDs jagen, die ihm Datendiebe anbieten, was ihm beim politischen Gegner den Titel "Hehler von Düsseldorf" einbrachte.

Konkret stört Walter-Borjans am deutsch-schweizerischen Abkommen, dass die meisten anonymen Altvermögen von Deutschen nur mit 21 bis 25 Prozent nachversteuert werden sollen. Zwar steigt der Satz bis maximal 41 Prozent, doch das gilt nur für wenige Fälle. Ehrliche Bundesbürger müssten dagegen bis zu 42 Prozent Einkommensteuer plus Soli zahlen.

Selbstanzeige ist billiger als Steuern

Mit diesem Vorwurf aber vergleicht Walter-Borjans Äpfel mit Birnen. Denn der Steuersatz im Schweizer Abkommen wird auf das Gesamtvermögen fällig – und nicht auf die laufenden Einkünfte wie Zinsen.

Sichert der Steuersatz "von 21 bis 41 Prozent eine gleichmäßige Besteuerung?", wollte daher der CDU-Finanzpolitiker Klaus-Peter Flosbach bei einer Anhörung im Bundestag wissen. Mehr als das, bekam der Abgeordnete als Antwort. Eine groß angelegte Stichprobe bei Schweizer Banken habe ergeben, dass 90 Prozent der deutschen Kunden schon bei 21 Prozent mehr zahlen müssten als im Fall einer Selbstanzeige und individueller Nachversteuerung, erklärt der Schweizer Finanzstaatssekretär Michael Ambühl, der von Berner Seite aus das Abkommen ausgehandelt hat.

Dicke Fische mit niedrigem Steuersatz

Wie Deutschland Abschleicher von der Schweiz nach Singapur aufspüren will

Auch deutsche Experten halten das für realistisch. Ausgerechnet die dicksten Fische könnten im deutschen Steuerrecht ganz legal durch die Maschen schlüpfen, erklärt Jochen Lüdicke, Steuerprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Partner der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer: "Hochvermögende haben ihre Vermögen mittels Nullkupon-Anleihen oder Versicherungen so strukturiert, dass bei ihnen nur ein niedriger einstelliger Steuersatz anfällt." Die 21 Prozent Pauschalsteuer aus dem Abkommen dagegen würden in solchen Fällen die individuelle Steuerschuld verzehnfachen, sagt Lüdicke.

Dass Fluchtgeld generell hohe Renditen abwirft, bezweifelt der Steuerexperte Sven Oberle von der Wirtschaftsprüfgesellschaft Deloitte. "Viele Schweizer Banken haben sehr gut an den deutschen Kunden verdient." Diese hätten ihre Institute oft mit der Verwaltung ihrer Vermögen beauftragen müssen, die wiederum bei jeder Umschichtung Provisionen kassierten.

Kampf mit allen Mitteln

Das wiederum hängt mit einem Problem zusammen, vor dem fast alle Steuerflüchtlinge gemeinsam stehen: Ihre Kommunikationsmöglichkeiten sind beschränkt. Telefonate können abgehört und E-Mails abgefangen werden. Vor allem die USA greifen in ihrem Kampf gegen Drogen- und Terrorgelder, inzwischen aber auch gegen Steuerhinterziehung, zu allen verfügbaren Mitteln.

Welche Promis schon verurteilt wurden
900.000 Euro hinterzogene Steuern: Der Sänger Freddy Quinn hatte seinen Hauptwohnsitz jahrelang in der Schweiz, lebte aber überwiegend bei seiner Hamburger Lebensgefährtin Lilly Blessmann. Die deshalb in Deutschland fälligen Steuern, zwischen 1998 und 2002 immerhin rund 900.000 Euro, hat der Österreicher nach eigenem Eingeständnis aber nie bezahlt. Er habe sich nie mit finanziellen Dingen beschäftigt, rechtfertigte sich der Musiker vor Gericht. Außerdem beglich er sofort seine Steuerschuld, so dass im Prozess 2004 die verhängte Haftstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hinzu kam ein Bußgeld über 150.000 Euro. Quelle: ap
970.000 Euro hinterzogene Steuern: Klaus Zumwinkel verlor wegen einer Steueraffäre seinen Job als Vorstandschef der Deutschen Post. Ermittler der Bochumer Staatsanwaltschaft durchsuchten vor laufenden Fernsehkameras im Februar 2008 das Privathaus des Topmanagers. Die Staatsanwaltschaft warf Zumwinkel vor, über die LGT Bank Geld in eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht geschleust und so den deutschen Fiskus um fast eine Million Euro betrogen zu haben. Mitte Februar 2008 trat der Post-Chef zurück und wurde knapp ein Jahr später zu zwei Jahren Haft auf Bewährung plus Zahlung einer Geldstrafe von einer Millionen Euro verurteilt. Quelle: dpa
1,96 Millionen DM hinterzogene Steuern: Der frühere Verfassungsschutzchef und Ex-Verteidigungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls war eine Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre. Er räumte ein, vom Geschäftsmann Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen Mark erhalten zu haben. Schreiber habe das Geld für ihn in der Schweiz verwaltet. Ausgehändigt worden seien ihm 873.000 Mark. Das Landgericht Augsburg erklärte ihn 2005 der Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung für schuldig und verurteilte ihn zu zwei Jahren und drei Monaten Haft. Pfahls kam nach gut 13 Monaten frei, musste aber Ende 2011 erneut wegen Bankrotts und Betrugs in Haft. Quelle: dapd
1,7 Millionen Euro hinterzogene Steuern: Um weniger Steuern zu zahlen, verlegte Tennis-Star Boris Becker Anfang der 90er-Jahre seinen Wohnsitz von München nach Monaco. Tatsächlich aber lebte er weiter überwiegend in Bayerns Metropole und nicht im Fürstentum. Das Landgericht München verurteilte ihn deshalb 2002 wegen Steuerhinterziehung von 1,7 Millionen Euro zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 500.000 Euro Geldstrafe. Becker räumte eigene Fehler ein – was das Gericht ebenso strafmildernd berücksichtigte wie die Tatsache, dass Becker vor Prozessbeginn rund 3,1 Millionen Euro Steuern nachgezahlt hatte. Quelle: dapd
22,6 Millionen DM hinterzogene Steuern: Der frühere Springreiter Paul Schockemöhle hatte große Summen über Stiftungen in Liechtenstein am deutschen Fiskus vorbeigeschleust. 1996 wurde er deshalb zu elf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt und musste 22,6 Millionen Mark Steuern nachzahlen. Schockemöhle wurde zum Verhängnis, dass dem Liechtensteiner Treuhänder Herbert Batliner Teile seiner Kundendatei gestohlen und den deutschen Steuerbehörden zugespielt wurden. Der Ex-Sportler, dem für eine erfolgreiche Selbstanzeige keine Zeit mehr blieb, verklagte Batliner später wegen der Datenpanne – ohne Erfolg. Quelle: dpa
203 Millionen Euro hinterzogene Steuern: Das Landgericht München verurteilte den Geschäftsführer des VIP Medienfonds 3, Andreas Schmid, 2007 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Schmid hatte versucht, den Fiskus um 203 Millionen Euro zu prellen, indem er beim Finanzamt zu Unrecht „gewinnmindernde Aufwendungen“ geltend machte. Der Angeklagte wusste, dass nur 20 Prozent der Aufwendungen für die Filmproduktion verwendet, aber 80 Prozent zugunsten des Fonds angelegt wurden. Kurioserweise war nicht Schmid selbst Nutznießer der Steuerersparnis. Profitiert haben vielmehr zum größten Teil die Anleger des Medienfonds. Quelle: obs

Ende 2008, Anfang 2009 spitzte sich für Inhaber schwarzer Aktiendepots die Lage ganz besonders zu. Wer seine Order vorsorglich nur per Briefpost erteilen wollte, den erwischte die Finanzkrise eiskalt. Aktien konnten gar nicht so schnell verkauft werden, wie deren Kurse in die Tiefe rauschten. "Da blieb oft keine Rendite übrig", resümiert Oberle.

Schleichwillige kommen nicht aus der Schweiz heraus

Ein weiterer Vorwurf von SPD und Grünen lautet, das deutsch-schweizerische Abkommen ermögliche Flüchtlingen "freies Geleit in andere Steueroasen" (Walter-Borjans). Tatsächlich trifft genau das Gegenteil zu. Nur wenn das Abkommen in Kraft tritt, werden die Schweizer eine Liste der zehn Länder an Deutschland übermitteln, in die das meiste Vermögen deutscher Kunden verlagert wird. Mit dieser Schweizer Liste können die hiesigen Behörden anschließend "die Abschleicher in die Zange nehmen", erläutert Koschyk. Zum einen könnten die Fahnder daraufhin eine gezielte Gruppenanfrage an die Eidgenossen richten und um konkrete Namen und Vermögenswerte bitten. Zum anderen könnten sie ähnliche Anfragen an die Zielländer der Abschleicher richten.

Im Übrigen müssen laut Abkommen auch diejenigen Bundesbürger Steuern nachzahlen, die ihre Konten inzwischen geplündert haben. Denn maßgeblich für die Besteuerung ist im Abkommen der Kontostand am 31. Dezember 2010. Allerdings kommen abschleichwillige Deutsche inzwischen ohnehin kaum noch aus der Schweiz heraus, weil sich viele Institute weigern, Konten von Deutschen aufzulösen.

Nur wenige Abschleicher

Die Verstecke der Schwarzgeld-Schmuggler
"Haben Sie Bargeld dabei?"Zöllner kontrollieren stichprobenartig, ob Reisende hohe Bargeldsummen im Gepäck haben. Die Kontrollen können direkt am Grenzübergang stattfinden, aber auch durch mobile Einsatztrupps, die einige Kilometer im Landesinneren lauern. Wer mehr als 10.000 Euro dabei hat, muss dies den Zöllnern mitteilen. Wenn Reisende schweigen und die Ermittler trotzdem hohe Summen finden, informieren sie per Kontrollmitteilung das Finanzamt des Betroffenen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Schmuggelroute Bregenz - Lindau: Besonders häufig sind die Zöllner an den Grenzen zu Luxemburg und der Schweiz unterwegs. Zahlreiche Bargeldfunde melden traditionell die Beamten aus der Region Lindau am Bodensee. Dort - im Dreiländereck Schweiz-Österreich-Deutschland - kommen zahlreiche Steuerflüchtige vorbei, die ihr Schwarzgeld zurück in die Heimat schmuggeln wollen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Daten-CD's schrecken Hinterzieher auf: 2010 war für Deutschlands Bargeld-Fahnder ein Rekordjahr. Die Tatsache, dass der deutsche Fiskus eine CD mit Kundendaten der Schweizer Großbank Credit Suisse gekauft hatte, schreckte zahlreiche Hinterzieher auf. Viele entschieden sich für eine strafbefreiende Selbstanzeige beim Finanzamt, andere versuchten, ihr Geld heimlich zurückzuholen. Aber längst nicht allen Steuersündern gelang es, durch die Zollkontrollen zu schlüpfen. Quelle: Reuters
Angst vor dem Abkommen:Auch 2011 blieb die Angst vor Entdeckung groß - vor allem wegen des Steuerabkommens, über das Deutschland und die Schweiz verhandeln. Es sieht eine engere Kooperation der eidgenössischen Banken mit deutschen Steuerfahndern sowie eine pauschale Strafsteuer für Schwarzgeld vor. Ob das Abkommen in Kraft tritt, steht aber noch nicht fest, da die SPD Nachbesserungen fordert. Quelle: dapd
Scheine ohne Ende: Allein die Fahnder im Großraum Lindau (Bodensee) stellten 2011 rund drei Millionen Euro Bargeld sicher und fanden in den Unterlagen von Reisenden Konto- und Depotauszüge, die auf ein Auslandsvermögen von satten 500 Millionen Euro hindeuten. Schätzungen zufolge dürften sich daraus Steuernachzahlungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich für den deutschen Fiskus ergeben - allein durch Funde in Lindau und Umgebung, wohlgemerkt. Quelle: dpa
Schlechtes Versteck im Koffer:Nur selten liegt das Bargeld ganz offen im Koffer wie im Fall dieses Krimi-Fans, den die Lindauer Zöllner kürzlich schnappten. Die meisten Schmuggler lassen sich bessere Verstecke einfallen. Quelle: Hauptzollamt Ulm
Cash am Körper: Großer Beliebtheit erfreuen sich Taschen, die unter der Kleidung ganz eng am Körper getragen werden. Anfang März erwischten Zöllner am Grenzübergang Bietingen einen 59-jährigen Metzgermeister aus Bayern, der 147.000 Euro in zwei Bauchtaschen schmuggelte. Wegen Nichtanmeldens des Bargeldes muss er nun ein Bußgeld zahlen, zudem wird sein Heimatfinanzamt informiert - dem er dann erklären muss, woher das Geld stammt. Quelle: Hauptzollamt Ulm

Den Schweizer Banken sitzt die Angst im Nacken – nicht nur vor einem weiteren Reputationsverlust. Im Abkommen haben sie sich verpflichtet, vorab eine Garantiesumme von zwei Milliarden Franken (1,7 Milliarden Euro) an Deutschland zu überweisen. Dieses Geld bekommen sie erst dann komplett zurück, wenn vier Milliarden Franken aus der Nachversteuerung zusammengekommen sind. "Damit machen wir die Schweizer Banken zu unseren besten Verbündeten", freut sich Finanzstaatssekretär Koschyk.

Viele Abschleicher gibt es offenkundig nicht. Nur ein Prozent der deutschen Vermögen sei bisher aus der Schweiz abgeflossen, ermittelten zwei Großbanken bei einer Depotanalyse. Bei der UBS gingen davon zwischen Mitte 2010 und 2012 rund 55 Prozent nach Deutschland, weitere 30 Prozent in andere europäische Staaten mit Informationsaustausch, in die USA oder zu anderen Schweizer Banken. In die übrigen außereuropäischen Länder floss "jeweils deutlich weniger als ein Prozent", teilte die UBS mit; bezogen auf die deutschen Kontovermögen insgesamt sind dies weniger als 0,1 Promille.

Das senkt die Steuerlast
Außergewöhnliche BelastungenIm Mantelbogen für die Einkommensteuererklärung können sogenannte außergewöhnliche Belastungen eingetragen werden, die die Steuerlast senken. Was genau als solche Belastung gilt, ist im Steuergesetz nicht klar abgegrenzt. „Wie der Name schon sagt, müssen es aber finanzielle Belastungen sein, die besonders sind und nicht jeden Steuerzahler betreffen“, sagt Wolfgang Wawro, Steuerberater und Vorstandsmitglied des Deutschen Steuerberaterverbandes. Einige Beispiele werden in dem Formular des Finanzamts genannt. Quelle: dpa
Behinderte Menschen und HinterbliebeneWer behindert ist, kann sich einen Behindertenpauschbetrag anrechnen lassen. Dieser richtet sich nach dem Umfang und der Art der Behinderung und liegt zwischen 310 Euro und 3.700 Euro jährlich. Hinterbliebenen wird unter besonderen Umständen ein Hinterbliebenenpauschbetrag von jährlich 370 Euro gewährt. Quelle: ZB
Pflege-PauschbetragPersonen, die einen hilflosen Angehörigen persönlich und unentgeltlich in der eigenen oder in der Wohnung des hilflosen Menschen pflegen, können dafür einen Pflege-Pauschbetrag bekommen. Dieser liegt bei 924 Euro. Auch dies gilt als außergewöhnliche Belastung. Quelle: dpa
Unterhaltszahlungen an bedürftige PersonenSteuerzahler, die eine bedürftige Person – beispielsweise die Großmutter oder ein Kind, für das kein Kindergeld gewährt wird – finanziell unterstützen, können auch dies als außergewöhnliche Belastung geltend machen. „Die Bedürftigkeit muss jedoch nachgewiesen werden“, sagt der Berliner Steuerberater Wolfgang Wawro. „Wenn Eltern ihren Sohn unterstützen, weil dieser zu faul zum Arbeiten ist, gilt er nicht als bedürftig und die Ausgaben wirken nicht steuermindernd.“ Wenn der Sohn aber wegen seines Studiums kein eigenes Einkommen hat, wird die Unterhaltszahlung vom Finanzamt anerkannt. Quelle: dpa
Andere außergewöhnliche BelastungenIm Mantelbogen der Steuererklärung findet sich zudem die Rubrik „andere außergewöhnliche Belastungen“. Als Beispiele werden Ehescheidungskosten, Fahrtkosten behinderter Menschen, Krankheitskosten, Kurkosten und Pflegekosten genannt. „Ehescheidungskosten sind außergewöhnliche Belastungen, weil ohne Gericht und Anwalt eine Ehe nicht geschieden werden kann“, erklärt Steuerberater Wawro. Quelle: dpa
SonderausgabenDie zweite große Kategorie von Ausgaben, die sich steuermindernd auswirken, sind Sonderausgaben. Was dazu zählt, ist in Paragraph zehn des Einkommensteuergesetzes geregelt. „Die Grenzen sind hier relativ starr“, sagt Steuerberater Wawro. „Wie der Name schon sagt, sind das besondere Ausgaben, die – anders als Betriebsausgaben oder Werbungskosten – nicht im Zusammenhang zu den Einkünften oder dem Betrieb stehen.“ Hinter der Begünstigung stecke häufig ein konkretes Interesse des Staates. So lassen sich etwa Versicherungen als Sonderausgaben geltend machen, denn es ist staatlich gewünscht, dass die Bürger für gegen bestimmte Risiken absichern. Zu diesen Versicherungen zählen beispielsweise: Sozialversicherungsbeiträge in die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung, Berufsunfähigkeits-/ Erwerbsminderungsversicherung, Unfallversicherung. Sachversicherungen wie Hausrat-, Feuer-, Diebstahl- und Voll- oder Teilkaskoversicherungen beim Auto sowie Rechtschutzversicherungen gehören nicht dazu. Quelle: dpa
AltersvorsorgeFür das Alter vorsorgen lohnt sich doppelt. Denn Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, für berufliche Versorgungswerke und Rürup-Verträge mindern die Steuerlast. Sie können unter der Rubrik Sonderausgaben angegeben werden. Für Alleinstehende werden pro Jahr maximal 20.000 Euro anerkannt (40.000 Euro für Eheleute). Tatsächlich von der Steuerlast abgezogen werden 72 Prozent (für 2011) dieser Ausgaben, also maximal 14.400 Euro. Jedes Jahr erhöht sich der Abzugsprozentsatz um zwei Prozent, bis im Jahr 2025 100 Prozent erreicht sind. Quelle: dpa

Sozialdemokraten wollen Steuer-CDs

Die meisten Steuersünder wollen offenbar ihren Frieden schließen, zumindest aber nicht weiterflüchten. Viele der betroffenen Bundesbürger deponierten ihr Geld vor Jahrzehnten in Zürich, nicht allein um Steuern zu sparen. Nicht minder starke Motive waren die Angst vor einer weiteren Währungsreform und Russland. Der Kalte Krieg aber ist längst vorbei, und wer heute 70 oder 80 Jahre alt ist, möchte seinen Erben nicht unbedingt ein heißes Schweizer Konto hinterlassen.

Das Kontrastprogramm zum Abkommen heißt für die Sozialdemokraten Steuer-CDs. Sie seien "das wirksamste Instrument gegen Steuerhinterzieher", bekräftigt der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans. Damit aber fällt er Bundesfinanzminister Schäuble in den Rücken. Denn im ausgehandelten Abkommen mit der Schweiz verzichtet die Bundesregierung ausdrücklich auf den weiteren Ankauf gestohlener Datenträger.

Immer weniger Selbstanzeigen

Der Erfolg der CDs ist umstritten. Verurteilt wurden deswegen allein in NRW erst elf Beschuldigte, räumte Walter-Borjans unlängst auf eine Anfrage der Piraten ein. Allerdings haben sich seit 2010 ungefähr 6700 Steuerflüchtlinge in NRW, bundesweit rund 30 000, selbst angezeigt. Aus Selbstanzeigen, Geldbußen und Strafen nahm NRW seit Frühjahr 2010 insgesamt 570 Millionen Euro ein. Doch nach der ersten Flutwelle ist die Zahl der Selbstanzeigen zu einem Rinnsal geschrumpft.

Derweil gestaltet sich die Auswertung der Daten äußerst schwierig. So müssen die meist ungeordneten Datenfragmente aufwendig zusammengefügt werden, was mehrere Jahre dauern kann. Zum anderen können die Daten auch gefälscht sein. Vor Gericht haben sie jedenfalls keine Beweiskraft. Sie bilden lediglich Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen – oder für eine Hausdurchsuchung, wie im Fall des früheren Top-Managers Klaus Zumwinkel. In dessen Haus erst haben die Fahnder beweiskräftige Unterlagen sicherstellen können.

Kaltblütige bleiben in Deckung

"Die Steuer-CDs haben ihren Zweck erfüllt", sagt Koschyk auch mit Blick auf die vielen Selbstanzeigen. "Die CDs waren sicher ein Anlass, dass die Schweiz das Abkommen mit uns verhandelt hat, eine Zukunftslösung sind sie nicht", sagt Schäubles Staatssekretär. Und mit dem Abkommen könne man künftig "auch die ganz Coolen nachversteuern, die sich selbst von den Steuer-CDs nicht haben erschrecken lassen".

Die Kaltblütigen warten derweil ab, ob der Bundesrat dem Steuerabkommen mit der Schweiz überhaupt zustimmt. Falls ja, können sie sich immer noch selbst anzeigen für den Fall, dass sie sich dann besserstellen als bei der Pauschalsteuer von mindestens 21 Prozent auf alles. Falls nein, bleiben sie einfach weiterhin in Deckung.

SPD und Grüne wollen jeden Steuerflüchtling zur Kasse bitten

"Was wollen wir eigentlich?", fragt Koschyk angesichts dieser Hängepartie. "Wollen wir mit CDs einige Steuerhinterzieher von zwei oder drei Banken bestrafen? Oder wollen wir per Abkommen alle Deutschen bei 370 Schweizer Banken Steuern zahlen lassen?"

Doch SPD und Grüne sind fixiert darauf, jeden einzelnen Bundesbürger mit Schweizer Schwarzgeldkonten zur Rechenschaft zu ziehen, so hypothetisch dies auch sein mag. Im Feuereifer gegenüber den Eidgenossen übersehen sie, dass die EU-Mitgliedstaaten Österreich und Luxemburg in Sachen Transparenz weit weniger kooperativ sind als die Eidgenossen. Beide Länder sperren sich gegen einen automatischen Informationsaustausch, weil sie ihre Kunden nicht ans Messer der deutschen Finanzbehörden liefern wollen. In Österreich gibt es immer noch anonyme Sparbücher bis zu einer Höhe von je 15 000 Euro. Österreich und Luxemburg stehen genauso wie die Schweiz auf der OECD-Beobachtungsliste mit steuerrechtlichen Defiziten.

Die Verträge mit der Schweiz, Singapur und auch Montserrat fügen sich in Schäubles Strategie, die auf Peitsche und Zuckerbrot, Kommunikation und Kooperation aufbaut. Der steht die Schrotschuss-Politik von Walter-Borjans und Steinbrück diametral gegenüber. Setzt NRW weiter auf den Ankauf von Steuer-CDs und verweigert die Zustimmung zum deutsch-schweizerischen Abkommen, dann "führen wir den Status quo weiter", sagt der Schweizer Finanzstaatssekretär Ambühl. Dann gebe es keine Vergangenheitsregulierung, keine flächendeckende Nachversteuerung und nur Amtshilfe nach dem OECD-Mindeststandard.

Keine Frage: Ohne ein Abkommen mit der Schweiz bliebe Schäubles Strategie nur Stückwerk – doch mit dem Abkommen käme die Vertreibung der Steuersünder auch aus den letzten Paradiesen in Gang.

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