Wenn Sie am 8. Juli zur Feier des Tages eine Flasche Schampus köpfen, stoßen Ihr Bundesfinanzminister und 16 Landesfinanzminister mit an. Über die 1,60 Euro Umsatzsteuer (bei einem passablen Zehn-Euro-Sekt) freuen sich alle gemeinsam; die 1,02 Euro Schaumweinsteuer kassiert dagegen Wolfgang Schäuble allein. Aber das ist nur die Korkspitze des Steuerberges. Beim Einkauf haben Sie natürlich auch die Steuern und Sozialabgaben mitbezahlt, die der Winzer, die Sektkellerei und Glasfabrik, später der Spediteur und am Schluss Ihr freundlicher Einzelhändler vorgestreckt haben. Summa summarum dürften Sie beim Zuprosten rund die Hälfte der zehn Euro Vater Staat spendieren.
Selbstverständlich ist der 8. Juli 2013 kein offizieller Feiertag, und kein Politiker möchte eine Festrede halten. Dennoch hat er eine besondere Bedeutung für die soziale Marktwirtschaft und unser Verhältnis zum Staat – beziehungsweise umgekehrt. Bis zu diesem Tag müssen alle Deutschen in diesem Jahr nur dafür arbeiten, ihre Steuern und Abgaben abzubezahlen. Erst jetzt dürfen wir für den Rest des Jahres in die eigene Tasche wirtschaften. „Steuerzahlergedenktag“ nennt deshalb der Bund der Steuerzahler (BdSt) dieses Datum. Selbst Hartz-IV-Bezieher, die ihren Lebensunterhalt komplett per Regelsatz aus der Staatskasse erhalten, liefern über die diversen Verbrauchsteuern fast 30 Prozent davon wieder beim Fiskus ab.
So lange arbeiten wir nur für den Staat
Zählt man alle Abgaben, direkten und indirekten Steuern zusammen, lässt sich ausrechnen, bis zu welchem Tag im Jahr wir statistisch gesehen nur für Staat und Sozialkassen arbeiten. Im Schnitt aller Einkommensgruppen ist dieser „Steuerzahlergedenktag“, wie ihn der Steuerzahlerbund getauft hat, 2013 am 8. Juli.
1960: 27. Mai
1970: 9. Juni
1980: 3. Juli
1990: 24. Juni
2000: 19. Juli
2010: 29. Juni
2011: 5. Juli
2012: 8. Juli
2013: 8. Juli
Quelle: Bund der Steuerzahler
... zahlt ein Hartz-IVEmpfänger mit einem Regelsatz von 382 Euro, an den Staat
... arbeiten ein Ehepaar oder ein Alleinverdiener mit zwei Kindern mit einem Haushaltseinkommen von 4190 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Ehepaar als Doppelverdiener im Eigenheim mit zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen von 13.630 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Single mit einem Haushaltseinkommen von 5760 Euro, für den Staat
... arbeitet ein Unternehmer mit 100 Millionen Euro Umsatz und 5,4 Millionen Euro Gewinn vor Steuern, für den Staat
Bei der Bundestagswahl im September wird daher auch über den Kalender abgestimmt. SPD, Grüne und Linkspartei wollen die Steuerlast für Gut- und Spitzenverdiener sowie Vermögende deutlich nach oben schrauben und Geringverdiener im Gegenzug entlasten. Unterm Strich bliebe ein Plus für den Fiskus – mal wieder.
Schon vor vier Jahren gab es einen Steuerwahlkampf. Damals versprach vor allem die FDP eine radikale Umkehr im System. „Einfach, niedrig und gerecht“ sollte es zugehen. Doch durchgesetzt haben die Liberalen ihr Versprechen nicht. Erst scheiterten sie an CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, dann an der Euro- und Staatsschuldenkrise. Der Abbau der kalten Progression blieb an einer rot-grünen Abwehrfront im Bundesrat hängen. „Ziehen wir Bilanz, dann müssen wir feststellen, dass vieles versprochen, aber nur wenig realisiert wurde“, schimpft BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Gut sind die Entlastungen bei den Sozialabgaben, schlecht ist weiterhin die Höhe der steuerlichen Belastung.“
Was die Steuerpläne von SPD und Grüne für Singles und Ehepaare bedeuten | ||
Single | ||
Einkommen | Veränderung der Steuersumme... | |
...nach Plan der Grünen | ...nach Plan der SPD | |
36.000 Euro | -129 Euro | 0 Euro |
54.000 Euro | -159 Euro | 0 Euro |
72.000 Euro | +477 Euro | +65 Euro |
Ehepaar, ein Verdiener | ||
Einkommen | Veränderung der Steuersumme... | |
...nach Plan der Grünen | ...nach Plan der SPD | |
36.000 Euro | -230 Euro | 0 Euro |
54.000 Euro | -238 Euro | 0 Euro |
72.000 Euro | +1974 Euro | 0 Euro |
Dabei lassen die gute Konjunktur, ordentliche Gewinne der Unternehmen und kräftige Lohnerhöhungen in Verbindung mit mehr Beschäftigten die Steuern üppiger denn je sprudeln. Die Einnahmen von Bund und Ländern wuchsen zwischen Januar und Mai gegenüber dem Vorjahreszeitraum um drei Prozent auf 218 Milliarden Euro. Die Arbeitnehmer zahlten fast sieben Prozent mehr Lohnsteuer, die Kapitalgesellschaften führten zehn Prozent mehr Körperschaftsteuer ab. Die sogenannte „veranlagte Einkommensteuer“, die vor allem Personengesellschaften erbringen, kletterte sogar um 29 Prozent.
Wie Tiefstapelei wirkt da die Steuerschätzung, die Bund, Länder und Wissenschaftler im Mai abgaben. Derzufolge soll das Steueraufkommen 2013 „nur“ um 2,5 Prozent auf 615 Milliarden Euro zunehmen. 2017 werden 704 Milliarden Euro erwartet – gegenüber 2012 wäre dies ein Anstieg um mehr als 100 Milliarden Euro. So immens steigen die Einnahmen, dass der Bund und selbst das chronisch klamme Land Berlin ab 2015 ohne neue Schulden auszukommen gedenken. Dank der Beiträge von Beschäftigten und Unternehmen geht es auch den Sozialkassen so blendend wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie verzeichneten Ende 2012 einen Überschuss von fast 16 Milliarden Euro. Die Sozialabgaben zählt der BdSt bei der Berechnung des Steuerzahlergedenktages mit. Begründung: Sie sind Zwangsabgaben, denen sich die Beitragszahler nicht entziehen können.